Die Situation ergibt sich häufig bei Verteidigungen gegen ein Fahrverbot: Im Bußgeldbescheid ist wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit – in der Regel eine Geschwindigkeitsüberschreitung – eine Geldbuße und ein Fahrverbot festgesetzt worden. In der Verhandlung über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vor dem Amtsgericht weist das Gericht darauf hin, dass – z.B. wegen der Erheblichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung – auch eine Verurteilung wegen Vorsatzes in Betracht kommt. Dies würde im Regelfall zu einer Verdoppelung der Geldbuße, also zu einer nachteiligeren Rechtsfolge führen als im Bußgeldbescheid festgesetzt. Damit soll dem Betroffenen meist nahegelegt werden, seinen Einspruch zurückzunehmen, um eine nachteiligere Entscheidung zu vermeiden.
In dieser Situation kann es ratsam sein, den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid auf den Rechtsfolgenausspruch zu beschränken. Die Folge hiervon ist, dass der Bußgeldbescheid hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen und der Schuldform rechtskräftig wird und somit nicht mehr vom Gericht geändert werden kann. An den Rechtsfolgen, also dem Bußgeld und dem Fahrverbot, sind aber weiterhin Änderungen – und somit auch ein Absehen vom Fahrverbot – möglich. Ist das Gericht dazu nicht bereit, kann Rechtsbeschwerde gegen sein Urteil eingelegt werden, ohne eine Vorsatzverurteilung befürchten zu müssen.
Nach dem Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 23.03.2016 – 2 Ss OWi 52/16 – war es eine Zeitlang unklar, ob eine solche Beschränkung möglich ist (das OLG hielt sie für unwirksam). Inzwischen ist die obergerichtliche Rechtsprechung jedoch wieder dazu übergegangen, sie als wirksam anzusehen. Diese Linie wurde jetzt auch durch die neueste Entscheidung zu diesem Thema durch das Thüringer OLG vom 02.09.2024 bestätigt.