Wenn eine Frist im Ordnungswidrigkeitenverfahren oder im Strafrecht versäumt wurde, ist dies oft mit erheblichen Nachteilen für den Betroffenen verbunden. Doch nicht jede Fristversäumnis führt zum endgültigen Rechtsverlust. Ein aktueller Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG, Beschluss vom 12.09.2024 – 201 ObOWi 837/24) zeigt, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist, wenn eine Fristversäumung auf ein Justizverschulden zurückzuführen ist.
Der Fall: Fristablauf durch vorzeitige Schließung der Geschäftsstelle
Im konkreten Fall hatte ein Betroffener fristgerecht Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil des Amtsgerichts gestellt. Die Begründungsfrist lief bis zum 12.02.2024. Der Betroffene erschien an diesem Tag um 11:49 Uhr bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, um seine Begründung zu Protokoll zu geben. Obwohl die Sprechzeiten offiziell bis 12:00 Uhr angegeben waren, war die Geschäftsstelle bereits um 11:30 Uhr geschlossen worden. Eine Aufnahme der Begründung wurde verweigert.
Entscheidung des Gerichts: Justizverschulden führt zur Wiedereinsetzung
Das BayObLG stellte klar: Die unangekündigte frühere Schließung der Geschäftsstelle begründete ein Justizverschulden. Da der Betroffene ohne eigenes Verschulden daran gehindert war, fristgerecht seine Begründung abzugeben, wurde ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Zudem stellte das Gericht fest, dass die Verwerfung seines Antrags durch das Amtsgericht rechtsfehlerhaft war, da die Frist noch lief. Trotz der Wiedereinsetzung wurde die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, da keine grundsätzlichen Rechtsfragen betroffen waren.
Rechtsschutz und Bedeutung für Betroffene
Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Bürger auf veröffentlichte Sprechzeiten der Gerichte vertrauen dürfen. Eine unangekündigte Verkürzung dieser Zeiten darf nicht dazu führen, dass jemand den Zugang zum Recht verliert. In solchen Fällen ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein wichtiges Instrument, um eine faire Rechtsdurchsetzung zu gewährleisten.