Leitsatz des Gerichts
1. Die horizontale Beschränkung eines Einspruchs auf die Rechtsfolgen ist zulässig, soweit
– der Bußgeldbescheid die in § 66 OWiG niedergelegten Voraussetzungen erfüllt,
– die Erklärung des Betroffenen zweifelsfrei und unbedingt erfolgt
– im Fall der Vertretung eine wirksame Ermächtigung zur Abgabe der Einspruchsbeschränkung vorlag und
– die Erklärung dem erkennenden Richter vor Erlass einer erstinstanzlichen Entscheidung vorliegt.
2. Ein etwaig erteilter richterlicher Hinweise betreffend die Schuldform (hier: mögliche Verurteilung wegen einer Vorsatz-Tat) steht dem nicht entgegen, selbst wenn der Bußgeldbescheid keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Schuldform enthält, die vorgesehene Rechtsfolge sich aber innerhalb des Regelrahmens der Bußgeldkatalogverordnung bewegte und die vorgeworfene Schuldform (hier: Fahrlässigkeit) hieraus abgeleitet werden kann.
Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss vom 02.09.2024
Tenor
1. Das Urteil des Amtsgerichts Stadtroda vom 26.04.2024 wird im Schuldspruch aufgehoben und im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass gegen den Betroffenen wegen der im Bußgeldbescheid der Thüringer Polizei vom 06.07.2023 rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts eine Geldbuße von 320 Euro verhängt und ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet wird, welches erst dann wirksam wird, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen darin entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Der Betroffene wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen seine Verurteilung durch das Amtsgericht Stadtroda wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung.
Mit Bußgeldbescheid der Thüringer Polizei vom 06.07.2023 wurde dem Betroffenen vorgeworfen, auf der Bundesautobahn …. bei B. am 13.02.2023 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 46 km/h überschritten zu haben. Gegen ihn wurde deshalb eine Geldbuße von 320 Euro festgesetzt und – verbunden mit der Wirksamkeitsregel des § 25 Abs. 2a StVG – ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Der Bußgeldbescheid wurde am 12.07.2023 zugestellt. Hiergegen richtete sich der am selben Tage zunächst vollumfänglich erhobene Einspruch des Betroffenen. Mit Verfügung vom 02.11.2023 wies das Amtsgericht Stadtroda den Betroffenen nach Eingang der Akten bei Gericht darauf hin, dass wegen der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise unter Erhöhung der Geldbuße und unter Ausdehnung des Fahrverbots in Betracht komme. Auf die Terminsanberaumung vom 29.11.2023 hin beantragte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 24.02.2024 „namens und in Vollmacht des Betroffenen“, diesen vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Zudem werde der gegen den Bußgeldbescheid eingelegte Einspruch auf die Rechtsfolge beschränkt.
Mit Beschluss vom 26.02.2024 wies das Amtsgericht Stadtroda den Betroffenen darauf hin, dass die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen nach dortiger Auffassung unwirksam sein dürfte. Die Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) sei so untrennbar mit der Rechtsfolge, namentlich dem Fahrverbot, verbunden, dass sie nicht unabhängig voneinander betrachtet werden könnten. Eine Rechtsmittelbeschränkung sei regelmäßig unwirksam, wenn anstelle der im Bußgeldbescheid angenommenen Fahrlässigkeit tatsächlich eine vorsätzliche Begehungsweise in Betracht komme. Wolle der Betroffene dem entgehen, müsse er den Einspruch in Gänze zurücknehmen.
Mit Schriftsatz vom 19.03.2024 trat die Verteidigung dieser Rechtsauffassung entgegen und erklärte vorsorglich, dass die Richtigkeit des Messergebnisses nicht weiter überprüft werden solle. Im Hauptverhandlungstermin vom 26.04.2024 erklärte der Verteidiger nochmals, der Einspruch werde auf die Rechtsfolge beschränkt und beantragte die Verhängung einer Geldbuße ohne Ausspruch eines Fahrverbots wegen fahrlässiger Begehungsweise.
Das Amtsgericht Stadtroda verurteilte den Betroffenen dennoch mit Urteil vom 26.04.2024 wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung um 46 km/h außerorts bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zu einer Geldbuße von 640 Euro. Daneben verhängte es ein Fahrverbot für die Dauer von 2 Monaten, das spätestens vier Monate nach der Rechtskraft der Entscheidung wirksam werden sollte.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der am 01.05.2024 erhobenen Rechtsbeschwerde. Die schriftlichen Urteilsgründe wurden am 03.06.2024 zugestellt. Mit der Rechtsbeschwerdebegründung vom 28.06.2024, eingegangen am selben Tage, beantragt der Verteidiger auf die Sachrüge hin die Verhängung einer Geldbuße von 320 Euro nebst eines einmonatigen Fahrverbots wegen fahrlässiger Begehungsweise gegen den Betroffenen.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsauffassung des Amtsgerichts Stadtroda betreffend die Unwirksamkeit der Einspruchsbeschränkung beigetreten und hat daher in ihrer Stellungnahme vom 22.07.2024 beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Dem ist die Verteidigung mit Schriftsatz vom 05.08.2024 nochmals entgegen getreten.
II.
Die zulässige, insbesondere gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 OWiG statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde, die bei ihrer Begründung – wie aus dem unter I. dieses Beschlusses mitgeteilten Antrag ersichtlich – beschränkt worden ist, ist im Umfang der so beschränkten Anfechtung begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung im Schuldspruch und zur Abänderung in der Rechtsfolge gem. § 349 Abs. 4 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG.
1. Der auf eine vorsätzliche Tatbegehung lautende Schuldspruch durch das Amtsgericht Stadtroda kann vorliegend keinen Bestand haben, weil dieser bereits aufgrund einer horizontalen Beschränkung des Einspruchs gegen den nur einen Fahrlässigkeitsvorwurf ausweisenden Bußgeldbescheid in Rechtskraft erwachsen war. Denn diese Beschränkung war entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 67 Abs. 2 OWiG wirksam, was das Rechtsbeschwerdegericht aufgrund der hier erhobenen Sachrüge von Amts wegen zu prüfen hat.
a) Zunächst lagen die formellen Voraussetzungen für eine Einspruchsbeschränkung vor.
Ebenso wie für einen Teil-Verzicht auf den Einspruch bedarf der erklärende Verteidiger auch für die Teilrücknahme des Einspruchs vor oder in der Hauptverhandlung nach §§ 67 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO einer bereits bei Abgabe der Rechtsmittelerklärung vorliegenden besonderen ausdrücklichen Ermächtigung des Betroffenen, die sich inhaltlich auf ein bestimmtes Rechtsmittel beziehen muss (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 08.02.2019, Az.: 2 Ss OWi 123/19, bei juris, m.w.N.). Eine derartige ausdrückliche Ermächtigung dürfte hier zwar nicht in der schriftlichen Vollmacht vom 21.04.2023 vorgelegen haben, welche der Verteidiger zugleich mit der Einspruchsbeschränkung vom 24.02.2024 zur Akte gereicht hatte. Denn diese Vollmacht sieht zwar in ihrem fünften Absatz vor, dass sie auch die Befugnis beinhalte, Rechtsmittel zurückzunehmen. Indes muss sich diese Befugnis strafprozessual aus den dargestellten Gründen auf ein bestimmtes Rechtsmittel beziehen und ausdrücklich von dem entsprechend konkretisierten Willen des Betroffenen getragen sein. Da diese Vollmacht jedoch zeitlich noch vor dem Erlass des Bußgeldbescheids abgegeben wurde, zeichnete sich das im weiteren Verlauf durchgeführte Rechtsbehelfsverfahren allenfalls ab. Eine hinreichend konkrete Vorstellung von Inhalt und Ausgestaltung der möglichen Rechtsschutzerfordernisse einschließlich ihrer jeweiligen Reichweite dürfte zum damaligen Zeitpunkt nicht hinreichend erkennbar gewesen sein. Allerdings erfolgte die Einspruchsbeschränkung jedoch jedenfalls im Zusammenhang mit dem Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen und mithin in Vorbereitung auf die Hauptverhandlung. Dabei erklärte der Verteidiger im Schriftsatz vom 24.02.2024 ausdrücklich namens und in Vollmacht des Betroffenen zu handeln. Zugleich räumte er für diesen auch die Fahrereigenschaft ein und erklärte mit weiterem Schriftsatz vom 19.03.2024, dass die Richtigkeit des Messergebnisses nicht (weiter) in Zweifel gezogen werde und damit auch nicht (weiter) überprüft werden solle. Damit ist bei verständiger Würdigung – erst Recht unter Berücksichtigung der vorangegangenen richterlichen Hinweise durch das Amtsgericht Stadtroda – davon auszugehen, dass der Verteidiger den vorstehenden Sachverhalt in Abstimmung mit dem Betroffenen nicht mehr angefochten wissen wollte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2022, Az.: 1 Ss OWi 1149/22, bei beck-online). Der Betroffene wollte sich zu dem Hergang selbst nicht mehr äußern, sondern ausweislich des Antrags der Verteidigung in dem Hauptverhandlungstermin sodann nur noch die Verhängung eines Fahrverbots abwenden. Auch im Zuge der namens des Betroffenen erhobenen und begründeten Rechtsbeschwerde nimmt die Verteidigung wiederum Bezug auf diese Erklärung. Zwar muss die Ermächtigung des Verteidigers zur Rücknahme bzw. Beschränkung eines Rechtsmittels im Zeitpunkt der Erklärung bereits vorliegen. Sie ist jedoch an keine Form gebunden und kann auch der Rücknahmeerklärung selbst zu entnehmen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 13.09.2018, Az.: 5 StR 484/18, bei juris, Rdnr. 2). Der entsprechende Nachweis kann zudem auch erst im Nachgang erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.2009, Az.: 4 StR 120/09, bei juris, Rdnr. 5) und ist vorliegend jedenfalls in der ausdrücklich auf die Einspruchsbeschränkung rekurrierende Rechtsbeschwerdebegründung zu sehen. Im Übrigen genügt für die Annahme einer entsprechenden Ermächtigung auch die anwaltliche Erklärung bzw. Versicherung, dass eine solche Befugnis vorliegt. Dabei spricht bereits die Vornahme einer Prozesshandlung durch einen beauftragten Rechtsanwalt als Verteidiger regelmäßig für eine entsprechende Bevollmächtigung (vgl. BGH, Beschluss vom 07.07.1997, Az.: 5 StR 307/97 = NStZ-RR 1998, 18). Mit der vorliegenden Erklärung der Einspruchsbeschränkung durch Rechtsanwalt K. als Fachanwalt für Straf- und Verkehrsrecht ist daher jedenfalls davon auszugehen, dass dieser die Teilrücknahme nur nach erfolgter besonderer Ermächtigung durch den Betroffenen vornahm.
b) Die Beschränkung des Einspruchs war auch materiell-rechtlich wirksam. Eine Beschränkung des Einspruchs ist nach §§ 67 Abs. 2, 46 OWiG i.V.m. § 302 Abs. 1 StPO grundsätzlich möglich, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 14.04.2022, Az.: 21 Ss OWi 24/22, bei beck-online = NStZ- RR 2022, 257). Damit ist auch eine horizontale Beschränkung auf die Rechtsfolge in ihrer Gesamtheit zulässig, sofern der Bußgeldbescheid den vorgeworfenen Sachverhalt hinreichend konkretisiert umschreibt.
Den Beschränkungsvorschriften sowohl im Ordnungswidrigkeitenrecht als auch in der Strafprozessordnung ist nach ständiger Rechtsprechung gemeinsam, dass der Angriff nur auf die Beschwerdepunkte beschränkt werden kann, die eigenständig für sich alleine geprüft und bewertet werden können. Dies ist jedoch auch dann der Fall, wenn bei einem Geschwindigkeitsverstoß, der – wie hier – nach der ständigen Rechtsprechung des Thüringer Oberlandesgerichts so hoch ist, dass der sogenannte doppelte Vorsatz, d.h. der Vorsatz bezogen auf die Geschwindigkeitsbeschränkung und die danach folgende vorsätzliche Entscheidung, diese zu missachten, im Regelfall vom Tatgericht rechtsfehlerfrei angenommen werden kann. Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind nach § 17 Abs. 3 OWiG die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Hierzu gehört insbesondere auch die Frage, ob sich der Schuldvorwurf auf eine vorsätzliche, leichtfertige oder nur einfach fahrlässige Verhaltensweise bezieht. Die Schuldform ist daher schon von Gesetzes wegen bei der Frage der Bemessung der Rechtsfolge zu berücksichtigen, soweit die vorgeworfene Ordnungswidrigkeit – wie hier – auf vielgestaltig vorwerfbare Weise begangen werden kann. Das Gesetz knüpft damit in Verbindung mit § 3 Abs. 4a BKAtV an die Frage der vorsätzlichen Begehungsweise andere Rechtsfolgen als bei fahrlässiger Begehungsweise. Dieser Umstand ist jedoch der gesamten Rechtsordnung immanent. Soweit sich der zugrundeliegende Sachverhalt ändert, werden entsprechende Auswirkungen auf die rechtlichen Folgerungen zu prüfen und ggf. zu knüpfen sein. Dies führt im Umkehrschluss jedoch nicht dazu, dass die Verbindung zwischen dem den Betroffenen treffenden Schuldvorwurf und der insoweit denkbaren Rechtsfolgen so eng wäre, dass es ausgeschlossen erscheint, ohne die vollinhaltliche Überprüfung von Art, Inhalt und Intensität des Vorwurfs eine Rechtsfolge festzusetzen. Vielmehr ist es dem Gericht schon aufgrund der Regelwirkung der Tatbestände der Bußgeldkatalogverordnung ohne Weiteres möglich, die Rechtsfolge auch auf Grundlage der bereits im Bußgeldbescheid angenommenen Fahrlässigkeit zu bestimmen. Vor dem Hintergrund der massenhaft vorkommenden Verstöße gegen Straßenverkehrsregeln hat der Gesetzgeber in § 26a StVG die Möglichkeit eröffnet, Bußgeldsätze für die erfahrungsgemäß regelhaft vorkommenden Fallgestaltungen im Verordnungswege zu erlassen. Der Bußgeldkatalog hat die Qualität eines auch für die Gerichte verbindlichen Rechtssatzes (vgl. BGH, Beschluss vom 28.11.1991, Az.: 4 StR 366/91 = BGHSt 38, 125). Er dient der gleichmäßigen Behandlung sehr häufig vorkommender, wesentlich gleichgelagerter Sachverhalte und soll hierdurch auch dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit dienen. Der Katalog führt damit zwangsläufig eine Schematisierung herbei. Diese beinhaltet auch, dass regelmäßig die Umstände des Einzelfalls zurücktreten müssen. Hierzu gehören auch der Grad der Vorwerfbarkeit im Einzelnen. Zwar liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine vorsätzliche Begehungsweise bei hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen von jedenfalls 40 % der zulässigen Geschwindigkeit nahe. Die Feststellung des vorgeworfenen Sachverhalts bleibt jedoch dennoch die originäre Aufgabe des Tatgerichts. Dem Tatgericht ist es nach dieser Rechtsprechung lediglich möglich, rechtsfehlerfrei auch bei Fehlen weiterer Umstände regelmäßig von einer Vorsatztat auszugehen. Dies entbindet das Tatgericht jeweils jedoch nicht von der in § 77 Abs. 1 OWiG niedergelegten Pflicht, von Amts wegen den seiner Entscheidung zu Grunde zu legenden Sachverhalt zu erforschen. In diesem Rahmen steht es dem Tatrichter nach entsprechend ordnungsgemäßer Feststellung der Geschwindigkeitsmessung frei, von den objektiven Tatumständen, namentlich der Höhe der Überschreitung, auf die subjektive Tatseite im Sinne einer vorsätzlichen Tatbegehung zu schließen. Dies ist Ausdruck freier richterlichen Beweiswürdigung, die bei der dargestellten besonders hohen Überschreitung von Rechts wegen nicht zur Beanstandung durch den Senat wegen lückenhafter Sachverhaltsaufklärung oder Beweiswürdigung führt. Eine wirksame Beschränkung eines Rechtsmittels auf die Rechtsfolgenseite setzt jedoch schon keine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung voraus (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 15.11.2002, Az.: Ss 458/02 B = NZV 2003, 100 (101)). Unabhängig hiervon erlaubt die freie richterliche Beweiswürdigung jedenfalls auch eine gegenteilige Schlussfolgerung, wenn der Tatrichter dies unter Berücksichtigung etwaiger Besonderheiten des Einzelfalls für überzeugend erachtet. Die Betrachtung solcher Besonderheiten ist im Anwendungsbereich der Bußgeldkatalogverordnung dem Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht jedoch aufgrund der Regelwirkung der darin niedergelegten Tatbestände regelmäßig fremd. Mit den in dem Bußgeldbescheid üblicherweise lediglich in einer Kurzform aus Tatort, Tatzeit und Tathandlung niedergelegten tatsächlichen Feststellungen geht eine Schematisierung einher, die eine intensive Beweiswürdigung und Auseinandersetzung mit den verschiedenen Graden möglicher Vorwerfbarkeit nicht zulässt. Die Rahmenumstände, in denen die Tathandlung begangen worden ist, sind anders als z. B. beim wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen in einer Anklage in einem Bußgeldbescheid aufgrund der schematischen Herangehensweise bei Vorliegen eines Regelfalls gerade nicht genannt. Deswegen geht zu Gunsten des Betroffenen in Bußgeldbescheiden in Verkehrssachen die Bußgeldbehörde häufig vom Regelfall der Fahrlässigkeit aus und bemisst daran die Rechtsfolgen. Diese Herangehensweise ist als Akt der Wertung des Normgebers durch die Gerichte grundsätzlich hinzunehmen. Nur dann, wenn der Betroffene durch seinen Einspruch die vollständige Überprüfung der Tathandlung durch das Gericht eröffnet, wird daher der Zusammenhang zwischen Schuldform und Rechtsfolgenbemessung im Einzelnen wieder ermöglicht. Demgegenüber steht es dem Betroffenen frei, die Bewertung des Tatgeschehens im Ganzen durch das Gericht zu verhindern, indem er nur die Rechtsfolgen zur Überprüfung stellt. Eine derart intensive Verbindung zwischen Vorsatztat und Rechtsfolge liegt aus den dargestellten Gründen jedenfalls nicht vor (Anschluss an OLG Rostock, Beschluss vom 14.4.2022, a.a.O.).
aa) Dass dies dem Betroffenen auch nach einem richterlichen Hinweis auf eine mögliche vorsätzliche Begehungsweise möglich sein muss, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 2 OWiG. Der Einspruch kann danach auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Diesbezügliche Ausnahmen für die horizontale Beschränkung sind dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Begrifflich handelt es sich auch dann um eine Einspruchsbeschränkung i.S.d. § 67 Abs. 2 OWiG, wenn der zunächst unbeschränkt erhobene Einspruch erst nachträglich im Wege eines Verteidigerschriftsatzes im Vorfeld der Hauptverhandlung – wie hier – oder gar erst innerhalb der Hauptverhandlung teilweise zurückgenommen und damit zeitlich nachfolgend zu seiner Einlegung auf bestimmte Punkte beschränkt wird (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 08.07.2021, Az.: 1 OLG 131 SsBs 34/21, m.w.N.).
bb) Auch nach dem vom Gesetzgeber angestrebten Sinn und Zweck der Norm ist eine horizontale Beschränkung mit dem Ziel der Verhinderung einer Verschlechterung der Schuldform vereinbar. Die Möglichkeit der Beschränkung des Einspruchs in § 67 Abs. 2 OWiG wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und anderer Gesetze vom 26.01.1998 (BGBl. I 1998 Nr. 6, S. 156) eingeführt. Der Gesetzentwurf diente ausweislich seiner Begründung der „dringend geboten(en)“ Entlastung der Justiz wegen „über Gebühr“ erfolgten Anfechtungen bei Entscheidungen über „verhältnismäßig geringfügige“ Ordnungswidrigkeiten (BT-Drs. 13/5418, S. 1). Die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestehende Beschränkungsmöglichkeit auf einzelne Taten sollte daher auch auf bestimmte Beschwerdepunkte erweitert werden. Die Regelung sollte nach der Vorstellung des Gesetzgebers in der Folge ausdrücklich auch die Beschränkung auf die Rechtsfolgen der Ordnungswidrigkeit ermöglichen (BT-Drs. 13/5418, S. 8). Das Bußgeld- und Einspruchsverfahren kann mit der Zulässigkeit der horizontalen Beschränkung diesem gesetzgeberischen Anliegen entsprechend deutlich gestrafft und vereinfacht werden. Denn wenn die Feststellungen des Bußgeldbescheids rechtskräftig feststehen, muss vor Gericht nur noch zum Rechtsfolgenausspruch verhandelt und entschieden werden.
cc) Auch die systematische Auslegung spricht für die Möglichkeit der horizontalen Einspruchsbeschränkung unabhängig von der Frage der Schuldform. Mit der o.g. Änderungsgesetzgebung sollte § 67 Abs. 2 OWiG an § 410 Abs. 2 StPO angepasst werden, der für den Einspruch gegen einen Strafbefehl ebenfalls die Möglichkeit der Beschränkung auf bestimmte Beschwerdepunkte vorsieht (BT-Drs. 13/5418, S. 8). Für das Strafbefehlsverfahren ist jedoch anerkannt, dass sich die Beschränkung infolge Abtrennbarkeit der Rechtsfolge auf diese oder sogar auch auf selbständige Teile des Rechtsfolgenausspruchs beziehen kann z.B. die Zahl oder Höhe der Tagessätze einer Geldstrafe (Eckstein, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Auflage 2019, § 410 Rdnr. 23 m.w.N.). Über den Einspruch nur gegen die Tagessatzhöhe kann mit Zustimmung des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft ohne Hauptverhandlung sogar durch Beschluss entschieden werden, § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO.
Entsprechendes gilt für das vergleichbare Berufungs- bzw. sogar für das Revisionsverfahren (§ 318 StPO, § 344 Abs. 1 StPO). Die ständige Rechtsprechung hält eine Beschränkung von Berufung und Revision auf den Rechtsfolgenausspruch grundsätzlich für zulässig. Schuld- und Strafausspruch sind nämlich in der Regel trennbar. Eine Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist nur dann zu verneinen, wenn die Tatsachenfeststellungen unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind, dass sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen und keine taugliche Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfolgenentscheidung bieten (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2015, Az.: 2 StR 258/15 = StV 2017, S. 314 (315)) oder unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 6.8.2014, Az.: 2 StR 60/14 = NStZ 2014, 635 (635)). Daran gemessen kann selbst bei einer Straf-Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis – § 21 Abs. 1, Abs 2 StVG sehen ebenfalls die vorsätzliche und die fahrlässige Begehungsweise vor – einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung die Wirksamkeit nicht abgesprochen werden. Dies gilt auch dann, wenn das angegriffene Urteil lediglich Feststellungen zu Tatzeit und Tatort, zu dem verwendeten Kraftfahrzeug sowie zum Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis enthält und sich die subjektiven Feststellungen auf ein wissentliches Vorgehen des Angeklagten beschränken, ohne zugleich nähere Feststellungen zum konkreten Schuldumfang (etwa Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung, konkrete Gefährdungen, etc.) zu treffen (vgl. BGH, Beschluss vom 27.4.2017, Az.: 4 StR 547/16 = NJW 2017, 2482 (2483)). Diese Situation entspricht jedoch letztlich derjenigen, wie sie im Einspruchsverfahren gegen einen Bußgeldbescheid regelmäßig vorkommt. Über Tatort, Tatzeit und Tatmittel hinaus ist dort jeweils regelmäßig nur pauschal der Fahrlässigkeitsvorwurf bei der Tatbegehung unterstellt bzw. indiziert. Wenn jedoch selbst an eine Beschränkung bei einer strafrechtlichen Verurteilung keine höheren Anforderungen zu stellen sind, muss dies erst recht in dem auf Standardisierung ausgerichteten Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren gelten. Der Betroffene eines Bußgeldverfahrens muss es deshalb wie auch sonst jeder potentielle Rechtsmittelführer selbst in der Hand haben, ob und in welchem Umfang er den ergangenen Bußgeldbescheid rechtskräftig werden lässt, auch wenn er ihn zunächst oder ggf. sogar weiterhin inhaltlich für falsch hält (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 24.11.2022, Az.: 1 Ss OWi 1149/22 = NStZ-RR 2023, 188 (189) unter Abkehr von der dortigen bisherigen Einzelrichter- Rechtsprechung). Denn die Situation der von Beginn an nur beschränkt dem Gericht zur Prüfung vorgelegten Sache unterscheidet sich nicht wesentlich von der erst im Nachgang erklärten (Teil-)Rücknahme des ursprünglich unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels. Beide Formen der Beschränkung sind in gleicher Weise zulässig auf eine ergebnisorientierte Fokussierung der Anfechtung gerichtet.
dd) Hieran ändert sich auch durch einen etwaig zuvor erteilten Hinweis betreffend eine mögliche vorsätzliche Begehungsweise nichts. Die Hinweispflicht auf eine möglicherweise veränderte Bewertung gem. § 265 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG dient der Sicherung der umfassenden Verteidigung des Betroffenen und damit der Gewährleistung seines Anspruchs auf ein faires Verfahren. Er soll seine Verteidigung auf den veränderten Gesichtspunkt einrichten können. Die gegenteilige Rechtsauffassung würde hingegen bedeuten, dass der Betroffene auf Grund eines solchen richterlichen Hinweises ihm sonst zustehende prozessuale Rechte verliert und damit den Sinn und Zweck der Hinweispflicht in das Gegenteil verkehren (vgl. OLG Frankfurt a. M., a.a.O.).
ee) Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beschränkung damit zwangsläufig dazu führt, dass sich der Betroffene einer Verböserung des Schuldspruchs und damit regelmäßig auch der Rechtsfolgen entzieht.
Soweit das Amtsgericht dies in der angefochtenen Entscheidung als „Rosinenpickerei“ einstufte, d.h. als eine Vorgehensweise die für den Betroffenen möglicherweise günstigen Aspekte herauszusuchen und alle diejenigen weg zu beschränken, die für ihn nachteilig sind, kann dem nicht einschränkungslos gefolgt werden. Zwar mag es zutreffen, dass der Betroffene bei vollständiger Anfechtung des Bußgeldbescheids eine nachteiligere Rechtsfolge zu erwarten gehabt hätte, als dies bei beschränkter Einlegung der Fall ist. Angesichts dessen, dass der Betroffene mit der Beschränkung seines Einspruchs den Schuldvorwurf aus dem Bußgeldbescheid jedoch grundhaft gegen sich gelten lässt, kann indes keine Rede davon sein, dass er das Verfahren mit Blick auf das im Fall eines unbeschränkten Einspruchs regelmäßig gegebene Ziel, vom Vorwurf freigesprochen zu werden, mit seiner Einspruchsbeschränkung ausschließlich auf ihn günstige Punkte des Tatgeschehens reduziert (vgl. OLG Rostock, a.a.O.). Im Übrigen ist auch im Strafverfahren nicht in Frage gestellt, dass die Zulässigkeit einer Rechtsmittelbeschränkung nicht davon abhängig ist, ob hierdurch für den Betroffenen ausschließlich eine Verbesserung seiner Situation zu erwarten steht.
ff) Der Senat erachtet die horizontale Beschränkung eines Einspruchs auf die Rechtsfolgen mithin aus den dargestellten Gründen grundsätzlich für zulässig, soweit
1. der Bußgeldbescheid die in § 66 OWiG niedergelegten Voraussetzungen erfüllt,
2. die Erklärung des Betroffenen zweifelsfrei und unbedingt erfolgt
3. im Fall der Vertretung eine wirksame Ermächtigung zur Abgabe der Einspruchsbeschränkung vorlag und
4. die Erklärung dem erkennenden Richter vor Erlass einer erstinstanzlichen Entscheidung vorliegt.
Dies gilt auch nach der Erteilung richterlicher Hinweise die Schuldfrage betreffend, soweit kein Fall des § 81 Abs. 1 Satz 2 OWiG wegen eines etwaig erforderlichen Übergangs in das Strafverfahren vorliegt.
Im Fall von Verkehrsordnungswidrigkeiten ist eine Einspruchsbeschränkung im Hinblick auf die in § 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG genannten Angaben auch dann wirksam, wenn der Bußgeldbescheid keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Schuldform enthält, die vorgesehene Rechtsfolge sich aber innerhalb des Regelrahmens der Bußgeldkatalogverordnung bewegte und die vorgeworfene Schuldform hieraus abgeleitet werden kann (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 07.03.2016, Az.: 2 Ss (OWi) 55/16, BeckRS 2016, 6788) Soweit der Senat in bisher unveröffentlichten Einzelrichterentscheidungen in der Vergangenheit (bspw., allerdings nicht tragend: Senatsbeschluss vom 08.07.2021, 1 OLG 131 SsBs 34/21 unter Hinweis auf: OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.03.2016, Az.: 2 Ss OWi 52/16) eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.
Soweit der 2. Senat für Bußgeldsachen in der unveröffentlichten Einzelrichterentscheidung vom 20.03.2024 in dem Verfahren mit dem Az.: 3 ORbs 171 SsBs 8/24 ebenfalls eine gegenteilige Ansicht vertreten hat, ist dieser aufgrund einer zwischenzeitlich eingetretenen Änderung der Geschäftsverteilung seit dem 01.04.2024 nicht mehr für Bußgeldsachen zuständig; dies ist nunmehr ausschließlich der erkennende Senat.
Der Senat schließt sich mit dieser Entscheidung der Rechtsprechung der übrigen Oberlandesgerichte an. Eine etwaige Divergenz zu anderen Obergerichten liegt damit – jedenfalls soweit erkennbar – nicht (mehr) vor. Insoweit wird auf die in den vorstehenden Erwägungen und auf die in dem Übertragungsbeschluss der Einzelrichterin vom 27.08.2024 zitierten Entscheidungen Bezug genommen. Lediglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 08.07.1999 in dem Verfahren mit dem dortigen Az.: 233 Ss 35/99 weist in Randziffer 8 (nach juris) noch die Anmerkung einer möglichen Überprüfbarkeit bei einem Verdacht auf vorsätzliches Zuwiderhandeln auf. Insoweit hatte der Senat jedoch ebenfalls keine Divergenzvorlage nach § 121 Abs. 2 GVG vorzunehmen. Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichtes abweichen, so hat es danach die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn auch die dortige Rechtsbeschwerde des Betroffenen wurde durch das Oberlandesgericht Celle verworfen, weil von einer wirksamen Einspruchsbeschränkung auszugehen war und es sich bei den dortigen Ausführungen zur Überprüfbarkeit wegen „Grund zu dem Verdacht vorsätzlichen Zuwiderhandelns“ (Oberlandesgericht Celle, a.a.O. – bei juris, Rn. 8) um einen nicht tragenden Nebensatz handelt. Befasst sich ein anderes Oberlandesgericht – wie im dortigen Verfahren – mit einer Rechtsfrage nur im Rahmen eines obiter dictum, so liegt jedenfalls kein Fall der Vorlagepflicht vor (vgl. BGH, Beschluss vom 15. 10. 1952, Az.: 5 StR 763/52 = BGHSt 3, 234; Kotz/Oğlakcıoğlu, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Auflage 2018 Rdnr. 37 m.w.N.).
c) Aufgrund der mithin wirksamen Einspruchsbeschränkung sind die in dem Bußgeldbescheid der Thüringer Polizei vom 06.07.2023 getroffenen tatsächlichen Feststellungen in Rechtskraft erwachsen. Dies schließt die tatsächlichen Annahmen, welche die jeweilige Schuldform begründen, mit ein. Der vorliegende Bußgeldbescheid enthält zwar keine ausdrücklichen Angaben zur Schuldform. Dies steht der Wirksamkeit der Beschränkung aber nicht entgegen, sofern die Verfolgungsbehörde ihrer Tatahndung – wie hier – offensichtlich die Regelsätze der Bußgeldkatalog-Verordnung zugrunde gelegt hat (vgl. BayObLG, Beschluss v. 22.02.2023, Az.: 201 ObOWi 66/23, bei juris, Rdnr. 3). Denn die Beträge des Bußgeldkatalogs, an den die Behörde grundsätzlich gebunden ist, gehen bei Geschwindigkeitsübertretungen regelhaft von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus, § 1 Abs. 2 BKatV . Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, die nach Maßgabe der Bußgeldkatalogverordnung behandelt wurden, ist daher in der Regel vom Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen, soweit keine näheren Angaben zur Schuldform aufgenommen sind (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16.01.2012, Az.: III-2 RBs 141/11, bei juris, Rdnr. 10). Das Tatgericht muss in dieser Konstellation von der im Bußgeldbescheid – zumindest konkludent – zum Ausdruck kommenden Tatvariante ausgehen (vgl. OLG Rostock, a.a.O.) und darf diese nicht mehr abändern (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 17.03.2016, Az.: 3 Ss OWi 360/16, bei juris, Rdnr. 13). In der Folge richtete sich der Schuldspruch in dem Bußgeldbescheid der Thüringer Polizei vom 06.07.2023 vorliegend ebenfalls nur auf eine fahrlässige Begehungsweise. In dieser Form ist der Schuldspruch vor dem Hintergrund der wirksamen Einspruchsbeschränkung in Rechtskraft erwachsen. Der Schuldspruch war daher der Überprüfbarkeit durch das Tatgericht entzogen. Die dennoch diesbezüglich getroffene Entscheidung unterliegt in der Folge der Aufhebung durch den Senat.
2. Da der Schuldspruch infolge insoweit bereits eingetreten gewesener Rechtskraft des Bußgeldbescheids keinen Bestand haben konnte, unterlag die Rechtsfolgenentscheidung des Amtsgerichts ebenfalls der Aufhebung.
a) Der Senat hat in der Folge zunächst gem. §§ 354 Abs. 1a Satz 2 StPO, 79 Abs. 6 OWiG die Geldbuße auf den in Nr. 11.3.7 des Anhangs zur BKatV niedergelegten Regelbetrag für eine fahrlässige Begehungsweise abgeändert. Ausgangspunkt der Bemessung einer festzusetzenden Geldbuße sind nach § 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG zunächst die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit sowie der dem Betroffenen zu machenden Vorwurf. Die wirtschaftlichen Verhältnisse spielen dabei lediglich eine untergeordnete Rolle. Im Bereich von Verkehrsordnungswidrigkeiten hat der Verordnungsgeber durch die Festlegung von Regelgeldbußen für eine Vielzahl von Sachverhalten bereits im Vorfeld Bestimmungen zur Bedeutung der jeweiligen Ordnungswidrigkeit und dem dem Betroffenen regelmäßig zu machenden Vorwurf getroffen hat, die auch die Leistungsfähigkeit der durchschnittlichen Betroffenen im Blick haben. Der Verordnungsgeber hat mit dem Regelsatz zu erkennen gegeben, was er unter den diesen ausfüllenden Bedingungen im Regelfall für angemessen erachtet. Dabei sind die festgelegten Regelsätze gem. § 1 Abs. 2 S. 1 BKatV ebenso wie Regelfahrverbote Zumessungsrichtlinien im Rahmen von § 17 Abs. 3 OWiG; sie haben Rechtssatzqualität und binden bei Vorliegen eines Regelfalls auch die Gerichte (vgl. Senatsbeschluss vom 14.06.2024, 1 ORbs 121 SsBs 40/24 m.w.N., bei juris). Vorliegend hat das Amtsgericht auf der Basis der insoweit unangefochtenen Urteilsgründe keine Besonderheiten des Einzelfalls festgestellt, welche das Vorliegen eines Ausnahmefalls begründen könnten. Daher ist vom Vorliegen des Regelfalls nach Nr. 11.3.7 des Anhangs zur BKatV auszugehen mit der Folge der Verhängung einer Regelgeldbuße von 320 Euro für den vorgeworfenen Verstoß. Dies entspricht auch dem Antrag des Betroffenen in dem vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren.
b) Daneben hat der Senat gem. §§ 354 Abs. 1a S. 2 StPO, 79 Abs. 6 OWiG ein Fahrverbot für die Dauer von (nur) einem Monat gegen den Betroffenen ausgesprochen. Soweit das Amtsgericht ein längerfristiges Fahrverbot in der angefochtenen Entscheidung vorgesehen hatte, ist dieser Ausspruch ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Nach Nr. 11.3.7 des Anhangs zur BKatV ist für die Tat jedenfalls bei der hier zutreffend anzunehmenden fahrlässigen Begehungsweise ein Regelfahrverbot für die Dauer von einem Monat vorgesehen. Ausnahmegründe, welche für ein Absehen von dem Regelfahrverbot gem. § 4 Abs. 4 BKatV sprechen könnten, sind vorliegend nicht festgestellt und mit der Rechtsbeschwerdebegründung auch nicht vorgetragen worden. Der Betroffene wendet sich vielmehr allein gegen die erhöhte Dauer des Fahrverbots in der angefochtenen Entscheidung. Auch insoweit hat die Rechtsbeschwerde Erfolg. Denn Gründe für eine Erhöhung der in Nr. 11.3.7 vorgesehenen Fahrverbotsdauer von einem Monat sind ebenfalls nicht festgestellt, sodass es bei dem Regelfahrverbot von einem Monat zu verbleiben hatte. Der Betroffene ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts bisher verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Das Amtsgericht hat die Verdoppelung der Fahrverbotsfrist vorliegend vielmehr allein auf eine vorsätzliche Begehungsweise gestützt. Schon aufgrund dieses unzutreffenden Ausgangspunkts betreffend die Schuldform konnte die Fahrverbotsdauer daher keinen Bestand haben. Unabhängig hiervon führt jedoch auch eine vorsätzliche Begehungsweise nach § 3 Abs. 4a BKatV regelmäßig nur zu einer Verdoppelung des Regelsatzes der Geldbuße. Auswirkungen im Hinblick auf die Dauer des Fahrverbots sind demgegenüber nicht niedergelegt. Bei Ordnungswidrigkeiten gem. § 24 StVG kommt die Anordnung eines Fahrverbots wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV in der Regel in Betracht, wenn ein Tatbestand der Nummern 11.1 bis 11.3 in der jeweiligen Höhe entsprechend der im Anhang niedergelegten Tabelle erfüllt ist. Wird in diesen Fällen ein Fahrverbot angeordnet, so ist nach Satz 2 der Vorschrift in der Regel die dort bestimmte Dauer festzusetzen. Danach ist in Nr. 11.3.7 für die vorliegende Geschwindigkeitsüberschreitung zwischen 41 und 50 km/h ein Fahrverbot von einem Monat vorgesehen. Eine Differenzierung nach der Schuldform erfolgt insoweit nicht. Während gem. § 3 Abs. 4a BKatV für Geldbußen bei vorsätzlicher Begehung eine Verdopplung vorgesehen ist, fehlt eine entsprechende Regelung für die Fahrverbotsdauer. Das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 StVG hat eine Erziehungs- und Warnfunktion. Es ist als rein spezial- präventive Denkzettel-und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt. Wie der enge gesetzliche Rahmen für die Dauer eines Fahrverbots von einem bis drei Monaten zeigt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die beabsichtigte Wirkung grundsätzlich schon mit einem kurzfristigen Fahrverbot zu erreichen ist (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.04.2021, Az.: 2 Ss (OWi) 88/21, bei juris, Rdnr. 20). Es ist daher auch bei Anordnung eines Fahrverbotes nicht zulässig, dessen Regeldauer nach dem Bußgeldkatalog allein wegen vorsätzlichen Handelns zu verdoppeln (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 10.03.2010, Az.: 2 SsBs 20/10, bei juris, Rdnr. 9). Nachdem der Betroffene vorliegend keine einschlägigen Vorahndungen aufwies, sondern es sich um die erste verkehrsrechtliche Verurteilung überhaupt handelte, ist daher nur die einmonatige Regeldauer in Ansatz zu bringen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gegen den Betroffenen bisher noch kein Fahrverbot verhängt werden musste, sodass i.d.R. bei Einhaltung des Regelrahmens nach dem Bußgeldkatalog im Übrigen davon ausgegangen werden kann, dass die erforderliche Besinnungsfunktion allein durch die Verhängung des Fahrverbots als solchem zu erreichen ist und es daher keiner Verlängerung seiner Dauer bedurfte. Gegenteiliges hat das Amtsgericht jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt. Es steht auch nicht zu erwarten, dass das Tatgericht insoweit weitergehende Feststellungen wird treffen können, nachdem der Verstoß wegen fahrlässiger Begehungsweise dem Grunde nach in Rechtskraft erwachsen ist und der nicht vorgeahndete Betroffene sich weitergehend zur Tat nicht einließ.
3. Im Hinblick auf die Kostenentscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass der Einspruch des Betroffenen insgesamt erfolglos blieb; in dem vorliegenden Rechtsbeschwerde jedoch dem hier allein verfahrensgegenständlichen Rechtsbeschwerdeantrag des Betroffenen in vollem Umfang stattgegeben werden konnte. In der Folge waren diese Kosten und Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen.
a) Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 473 Abs. 3 stopp i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. Hat der Betroffene sein Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen danach der Staatskasse aufzuerlegen. Dies gilt gleichermaßen für die Verfahrenskosten, was das Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, aber voraussetzt (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 28.04.2021, Az.: 5 Ws 196/21, bei juris). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Mit der Rechtsbeschwerdebegründung brachte die Verteidigung im Rahmen ihrer Antragstellung zum Ausdruck, die verfahrensgegenständliche Entscheidung des Amtsgerichts nur insoweit anfechten zu wollen, als dass eine Verschlechterung im Verhältnis zum Bußgeldbescheid wegen der – unrichtig angenommenen – vorsätzlichen Begehungsweise ausgesprochen wurde. Vor diesem Hintergrund beantragte der Verteidiger die Verhängung der Regelgeldbuße von 320 Euro nebst des Regelfahrverbots von einem Monat wegen fahrlässiger Begehungsweise. Diese Rechtsfolge hat der Senat auf der Basis der Regelwirkung der Bußgeldkatalogverordnung vorliegend antragsgemäß ausgesprochen. Das konzentriert auf die Frage der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung eingelegte Rechtsmittel des Betroffenen, das sich nach der Rechtsbeschwerdebegründung ausdrücklich auf die ausgesprochene Schuldform und die sich hieran anknüpfenden erhöhten Rechtsfolgen fokussierte, erreichte daher im Ergebnis vollumfänglich sein Ziel.
b) Demgegenüber war im Ergebnis der gerichtlichen Überprüfung im Verhältnis zu dem Bußgeldbescheid der Thüringer Polizei vom 06.07.2023 keine Änderung der Rechtsfolge vorzunehmen, sodass der ursprünglich vollumfänglich eingelegte Einspruch letztlich erfolglos geblieben ist. Die zum Nachteil des Betroffenen ergangene Kostenentscheidung für das Einspruchsverfahren im Übrigen hat daher Bestand.