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Haftung für Unfällen beim Rückwärtsfahren: Wer trägt die Verantwortung?

Unfälle beim Rückwärtsfahren gehören zu den häufigsten Verkehrsunfällen und führen oft zu Fragen der Haftung. Grundsätzlich trifft den Rückwärtsfahrenden eine erhöhte Sorgfaltspflicht gemäß § 9 Abs. 5 StVO.

Gesetzliche Grundlage: Die Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren

Laut § 9 Abs. 5 StVO gilt beim Rückwärtsfahren eine besondere Sorgfaltspflicht:

Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.

Daraus folgt, dass der Rückwärtsfahrende stets sicherstellen muss, dass er den gesamten Bereich hinter seinem Fahrzeug einsehen kann. Ist dies nicht der Fall, muss er eine Hilfsperson zur Einweisung hinzuziehen.

Anscheinsbeweis: Alleinhaftung des Rückwärtsfahrenden

Bei einem typischen Geschehensablauf spricht ein  Anscheinsbeweis dafür, dass der Rückwärtsfahrende den Unfall allein verschuldet hat. Dies ist insbesondere der Fall, wenn:

  • ein Fahrzeug beim Rückwärtsfahren mit einem Verkehrsteilnehmer aus dem fließenden Verkehr kollidiert.
  • der Rückwärtsfahrende den Unfallbereich nicht vollständig überblicken konnte.

In solchen Fällen haftet der Rückwärtsfahrende in der Regel allein.

Sonderfall: Kollision beim gleichzeitigen Rückwärtsfahren

Ein Sonderfall liegt vor, wenn zwei Fahrzeuge gleichzeitig rückwärts ausparken und es zur Kollision kommt. Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 15.12.2015, VI ZR 6/15) entschied, dass in einer solchen Situation kein typischer Geschehensablauf vorliegt. Falls ein Fahrzeug dabei bereits steht und das andere rückwärts auffährt, haftet der auffahrende Fahrer allein.

Beispiele für Haftungsszenarien

  1. Rückwärtsfahren in den fließenden Verkehr
    • Ein Autofahrer setzt rückwärts aus einer Parklücke in eine befahrene Straße zurück und kollidiert mit einem vorbeifahrenden Fahrzeug.
    • Haftung: Der Rückwärtsfahrende haftet in der Regel allein, da er die besondere Sorgfaltspflicht missachtet hat.
  2. Zwei Fahrzeuge parken gleichzeitig rückwärts aus
    • Beide Fahrzeuge setzen gleichzeitig zur Rückwärtsfahrt an und es kommt zur Kollision.
    • Haftung: Eine quotale Haftung ist möglich, da beide Fahrer für den Unfall mitverantwortlich sein könnten.
  3. Eines der Fahrzeuge steht bereits
    • Ein Fahrzeug parkt rückwärts aus, das andere Fahrzeug steht bereits. Das sich bewegende Fahrzeug fährt in das stehende Fahrzeug.
    • Haftung: Der Auffahrende trägt die alleinige Schuld.

Rechtsprechung