Ein unabwendbares Ereignis im Sinne des Verkehrsrechts spielt insbesondere im Rahmen des Haftungsrechts nach § 17 Abs. 3 StVG eine entscheidende Rolle. Es beschreibt eine Situation, in der ein Unfall trotz der Einhaltung aller gebotenen Sorgfalt nicht verhindert werden konnte.
Gemäß § 17 Abs. 3 StVG ist ein Ereignis unabwendbar, wenn es auch durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht verhindert werden konnte. Dazu gehört insbesondere die Einhaltung der geltenden Verkehrsvorschriften. Maßstab ist dabei das Verhalten eines sogenannten Idealfahrers. Das bedeutet, dass ein Fahrer, der sich in jeder Hinsicht korrekt verhält, unter den gegebenen Umständen dennoch den Unfall nicht vermeiden konnte (OLG Hamm, Urt. v. 3.6.2016 – 7 U 14/16 m.w.N.).
Der Wortlaut von § 17 Abs. 3 StVG lautet:
Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
Voraussetzungen für ein unabwendbares Ereignis
Damit ein Unfall als unabwendbar eingestuft wird, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
- Einhaltung aller Verkehrsregeln durch den Fahrer.
- Keine realistische Vermeidbarkeit auch für einen Idealfahrer.
- Kein technischer Defekt oder Versagen des Fahrzeugs.
- Beweislast liegt beimjenigen, der sich darauf beruft (OLG Schleswig, Urt. v. 04.01.2018 – 7 U 146/15).
Rechtsprechung und Fallbeispiele
Verschiedene Gerichte haben sich mit der Frage beschäftigt, wann ein Ereignis als unabwendbar gilt. Die folgende Übersicht zeigt einige wichtige Urteile:
1. Kollision auf unübersichtlichem Parkplatz (OLG Saarbrücken, Urt. v. 06.06.2019 – 4 U 89/18)
In diesem Fall kollidierten zwei Fahrzeuge, die rückwärts ausparkten. Ein Fahrzeug war zwar kurz vor dem Zusammenstoß zum Stehen gekommen, dennoch wurde dies nicht als unabwendbares Ereignis gewertet, da die allgemeine Betriebsgefahr des Fahrzeugs nicht entfiel.
2. Aufwirbelnder Stein durch Lkw (LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.03.2017 – 2 S 2191/16)
Ein auf der Straße liegender Stein wurde durch die Räder eines Lkw aufgewirbelt und beschädigte ein nachfolgendes Fahrzeug. In diesem Fall wurde ein unabwendbares Ereignis angenommen, da der betroffene Fahrer keine realistische Chance hatte, den Schaden zu vermeiden.
3. Fahrverhalten in einer Gefahrenlage (OLG Schleswig, Urt. v. 04.01.2018 – 7 U 146/15)
Hier wurde klargestellt, dass ein Unfall nicht nur dann als unabwendbar gilt, wenn der Fahrer in der Gefahrensituation korrekt reagiert, sondern auch, wenn er gar nicht erst in die Gefahrensituation geraten wäre. Ein reflexhaftes Ausweichen auf die Bankette kann demnach nicht automatisch als unabwendbar gelten.
LInks: