Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Urteil vom 08. Januar 2025 (Az.: 1 ORs 70/24) eine wichtige Entscheidung zur Einordnung von Elektrokleinstfahrzeugen und deren Fahruntüchtigkeit unter Alkoholeinfluss getroffen.
Hintergrund des Verfahrens
Ein Angeklagter war vom Amtsgericht Hamm wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt worden. Zudem wurde ihm für vier Monate untersagt, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Die Staatsanwaltschaft legte gegen diese Entscheidung Revision ein und forderte die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie eine Sperrfrist für deren Neuerteilung.
Der Angeklagte hatte in der Tatnacht mit einem gemieteten E-Scooter unter erheblichem Alkoholeinfluss (1,51 ‰ BAK) den Straßenverkehr genutzt. Die Revision der Staatsanwaltschaft war insbesondere darauf gestützt, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft nur ein Fahrverbot verhängt und die Entziehung der Fahrerlaubnis unterlassen habe.
Kernaussagen des Urteils
Das OLG Hamm stellte klar:
- E-Scooter sind Kraftfahrzeuge: Elektrokleinstfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit zwischen 6 km/h und 20 km/h sind als Kraftfahrzeuge einzustufen (§ 1 eKFV). Damit unterliegen sie denselben Vorschriften wie andere Kraftfahrzeuge, insbesondere im Hinblick auf Trunkenheitsfahrten.
- Grenzwert für absolute Fahruntüchtigkeit: Für Fahrer von E-Scootern gilt die gleiche Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit wie für Autofahrer, nämlich eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰. Eine höhere Alkoholgrenze oder eine abweichende Bewertung aufgrund der Fahrzeugart sei nicht gerechtfertigt.
- Entziehung der Fahrerlaubnis als Regelfall: Wer im Straßenverkehr eine Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug begeht, gilt nach § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Von dieser Regelvermutung darf nur bei Vorliegen besonderer Umstände abgewichen werden. Das bloße Argument, dass ein E-Scooter weniger gefährlich sei als ein Auto, sei für sich genommen nicht ausreichend.
Folgen der Entscheidung
Das OLG Hamm hat das Urteil des Amtsgerichts Hamm aufgehoben, soweit es die Entziehung der Fahrerlaubnis abgelehnt und stattdessen nur ein Fahrverbot verhängt hatte. Die Sache wurde zur neuen Verhandlung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hamm zurückverwiesen.
Diese Entscheidung unterstreicht, dass auch E-Scooter-Fahrer im Straßenverkehr einer strengen Verantwortung unterliegen. Wer mit mehr als 1,1 ‰ unterwegs ist, riskiert nicht nur eine Strafverfolgung, sondern auch den Verlust seiner Fahrerlaubnis.