In einem bedeutenden Beschluss hat das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) am 14. Oktober 2024 eine Verurteilung wegen Beleidigung aufgehoben und den Angeklagten in diesem Punkt freigesprochen (Az.: 206 StRR 343/24). Der Entscheidung liegt ein Fall zugrunde, in dem ein Mann vor seinem Wohnanwesen gegenüber Polizeibeamten eine kritische Äußerung tätigte („seids ihr no ganz dicht?“) und dabei eine Gestik („Scheibenwischer“) verwendete, die von den Vorinstanzen als beleidigend gewertet wurde.
Das BayObLG stellte klar, dass bei der Beurteilung von vermeintlichen Beleidigungen der Kontext der Äußerung sowie alle sprachlichen und situativen Begleitumstände zu berücksichtigen sind. Eine Verurteilung dürfe nur erfolgen, wenn eine straflose Deutungsvariante mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden könne. Im konkreten Fall sah das Gericht keine hinreichende Grundlage für eine strafbare Beleidigung, da die geäußerten Worte und die Gestik auch als allgemeine Kritik an der polizeilichen Vorgehensweise verstanden werden könnten und daher durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) geschützt seien.
Neben dem Freispruch in Bezug auf die Beleidigung hob das BayObLG auch den Rechtsfolgenausspruch insgesamt auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Landshut zurück. Dies betrifft insbesondere die Strafzumessung für das festgestellte Fahren ohne Fahrerlaubnis, bei der die Vorinstanzen wesentliche strafmildernde Umstände nicht ausreichend berücksichtigt hatten.