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Entscheidungen zur Identifizierung des Betroffenen anhand von Lichtbildern

Identifizierung des Betroffenen anhand von Lichtbildern in Bußgeldverfahren

Die obergerichtliche Rechtsprechung legt strenge Maßstäbe an die ordnungsgemäße Identifizierung des Betroffenen anhand eines Lichtbilds an. Auf Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat das Gericht entweder ordnungsgemäß Bezug auf das verwertete Meßfoto zu nehmen oder im einzelnen auszuführen, warum es den Betroffenen auf dem Meßfoto erkannt hat.

 

  • OLG Bamberg – Beschluss v. 17.01.17: Nimmt das Amtsgericht in den Urteilsgründen keinen Bezug auf das in der Akte befindliche Lichtbild, so ist es gehalten, das Foto so genau und ausführlich zu beschreiben, dass das Rechtsmittelgericht die Eignung zur Identifizierung der Abbildung überprüfen kann. Dabei genügen weder die Mitteilung des Ergebnisses der Überzeugungsbildung noch die Aufzählung der zur Identifizierung herangezogenen Merkmale. Vielmehr müssen in einem derartigen Fall Ausführungen zur Bildqualität, insbesondere zur Bildschärfe, erfolgen und die abgebildete Person ist in ihren charakteristischen Eigenschaften präzise zu beschreiben
  • OLG Hamm – Beschluss vom 08.03.16: 1. Die Überprüfung, ob der/die Betroffene mit dem/der abgebildeten Fahrzeugführer/in identisch ist, steht dem Rechtsmittelgericht nicht zu. Vielmehr steht dem Rechtsmittelgericht ausschließlich die Überprüfung der generellen Ergiebigkeit der in Bezug genommenen Lichtbilder zu, welche es aufgrund der durch die Inbezugnahme ermöglichten eigenen Anschauung vornimmt. 2. Wenn in den Urteilsgründen ordnungsgemäß auf das Meßfoto Bezug genommen wird ist es unschädlich, wenn der Tatrichter die beim Betroffenen wiedererkannten Merkmale nicht näher beschreibt oder den Grad der Übereinstimmung mit den auf dem Messfoto erkennbaren Merkmalen nicht näher darlegt.
  • OLG Brandenburg – Beschluss vom 02.02.2016 – (2 B) 53 Ss-OWi 664/15 (6/16): Ein unscharfes Foto oder ein Foto, auf dem das Gesicht nur zu einem geringen Teil abgebildet ist, läßt eine Identifizierung durch bloßen Vergleich mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen nach den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens regelmäßig nicht zu. (…) Bestehen danach Zweifel an der Eignung eines qualitativ schlechten Bildes zur Identifikation des Betroffenen, so hat der Tatrichter zu erörtern, warum ihm die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint.
  • OLG Hamm – Beschluss vom 13.01.16: Wenn ein Gutachter den Bruder des Betroffenen nicht ohne dessen persönliche Inaugenscheinnahme als möglichen Fahrer des Tatfahrzeugs ausschließen kann, darf der Antrag des Betroffenen, den Bruder als Zeugen zu laden, nicht ohne nähere Begründung abgelehnt werden.
  • OLG Stuttgart – Beschl. v. 30.10.2015 – 2 Ss 644/15: Das Tatgericht hat selbst Merkmale in ausreichender Anzahl anzuführen, die für die Täterschaft des Betroffenen und gegen die Täterschaft seines Bruders sprechen. Je aussagekräftiger die Merkmale sind, desto weniger davon sind erforderlich. Bei schlechter Bildqualität muss der Tatrichter erörtern, warum ihm eine Identifizierung gleichwohl möglich erscheint
  • OLG Brandenburg – Beschluss vom 29.07.15: Wird der Betroffene mit Hilfe eines Meßfotos identifiziert und nimmt das Gericht dazu die Hilfe eines Sachverständigen in Anspruch, muss es die Ausführungen des Sachverständigen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil darlegen.
  • OLG Bamberg – Beschluss vom 02.04.15: Wenn das Amtsgericht bei einem Lichtbild von guter Qualität durch Vergleich mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen zu der Überzeugung gelangt, der Betroffene sei mit dem auf dem Lichtbild zum Kontrollzeitpunkt abgebildeten Fahrer identisch, dann ist dies im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Denn die Identifikation des Fahrers anhand eines uneingeschränkt geeigneten Lichtbildes ist alleinige Aufgabe des Tatrichters.
  • OLG Celle – Beschluss vom 06.11.12: Zu den Anforderungen die Urteilsgründe bei Identifikation des Betroffenen anhand eines Lichtbildes wenn das Urteil keine Bezugnahme auf das Lichtbild enthält.
  • OLG Hamm – Beschluss vom 05.04.06: Die Übergehung der Einlassung des Betroffenen, er sei nicht Fahrer des gemessenen Kraftfahrzeugs gewesen, aus nicht haltbaren prozessualen Erwägungen heraus, verletzt den Anspruch des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG.
  • OLG Köln – Beschluss vom 07.04.95 – Wird der Betroffene aufgrund eines Beweisfotos identifiziert, so muss das Gericht in seiner Urteilsbegründung nachvollziehbar angeben, aufgrund welcher charakteristischen Identifizierungsmerkmale es zu der Überzeugung gelangt ist, dass es sich bei der abgebildeten Person um den Betroffenen handelt.

 

 

Zulässigkeit des Bereithaltens von Meßfotos im Internet

  • OVG Berlin-Brandenburg – Beschluss vom 29.04.14: Das Bereithalten von Meßfotos (Beweisfotos in verkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren) im Internet und die Einräumung der Möglichkeit, diese nach Eingabe von Zugangsdaten im Internet anzuschauen, verstößt nicht gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Abgebildeten.