Zum Inhalt der Entscheidung: 1. Meßverfahren Poliscan Speed – Auswertung des Meßfotos
2. Die gültige Eichung des Meßgeräts kann nicht mit Ereignissen vor dem letzten Eichtermin in Zweifel gezogen werden.
Amtsgericht Zeitz
Urteil vom 02.09.2015
Aus den Gründen:
I.
Ausweislich der Auskunft aus dem Verkehrszentralregister vom 14.07.2015 liegt gegen den Betroffenen keine Eintragung vor.
II.
Mit dem Bußgeldbescheid wird der Betroffene beschuldigt, am 13.11.2014 um 17:53 Uhr auf der B 2 in Zeitz (…) als Führer des PKWs mit dem Kennzeichen (…) die außerorts für PKW zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 43 km/h überschritten zu haben.
Dieser Vorwurf trifft zu.
Am 3.11.2014 um 17:53 Uhr fuhr der Betroffene auf der B 2 in Zeitz (…) als Führer des PKWs mit dem Kennzeichen (…) Dabei überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Statt 100 km/h, die er hätte höchstens fahren dürfen, fuhr er mindestens 143 km/h schnell.
Die Feststellung des vorstehenden Sachverhalts beruht auf der teilweise geständigen Einlassung des Betroffenen, der die Fahrereigenschaft zugestanden hat und deshalb von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden war.
Weiter hat sich der Betroffene nur dahingehend eingelassen, 100 km/h gefahren zu sein. Wenn er kurzfristig schneller gefahren sein sollte, könnten es maximal 120 km/h gewesen sein.
Im Übrigen beruht die Feststellung auf der durchgeführten Beweisaufnahme. Der Verteidiger hat Kenntnis genommen vom Wortlaut der Schriftstücke und Datenfelder Bl.1-4, 24-25, 27, 33, der Auskunft aus dem Fahreignungsregister und der Bedienungsanleitung In Augenschein genommen wurden die Lichtbilder Bl.1, 12R, 24-27, auf die gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Der Zeuge PHM H wurde vernommen.
Die Geschwindigkeit des vom Betroffenen gefahrenen PKWs wurde mittels einer durch den als Messbeamten ausweislich der Bescheinigung Bl.33 bedienberechtigten PHM H ausweislich des Messprotokolls Bl.2 entsprechend der gültigen Gebrauchsanweisung des Herstellers aufgebauten und bedienten, ausweislich des Instandhaltungsnachweises Bl.4 ordnungsgemäß gewarteten und ausweislich des Eichscheins Bl.3/3R bis Ende 2014 geeichten Geschwindigkeitsüberwachungsgerät PoliScan speed M1 ermittelt. Dass die Messung an der Messstelle, an der die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h galt, entsprechend der Gebrauchsanweisung erfolgte, hat der Zeuge in seiner Vernehmung glaubhaft bekundet.
Ausweislich des Datenfeldes im Messbild (Bl.1, 24, 25, 27) wurden 148 km/h gemessen. Der Toleranzabzug betrug 3 % = 4,44, aufgerundet 5 km/h.
Bei dem Messverfahren handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 2015 – IV-3 RBs 15/15, 3 RBs 15/15, IV-3 RBs 15/15 – 2 Ss OWi 23/15, 3 RBs 15/15 – 2 Ss OWi 23/15 -, juris).
Durch die amtliche Zulassung eines Messgerätes bestätigt die Bundesanstalt, dass sie die Ermittlung des Messwertes auf der Grundlage der in der Gebrauchsanweisung festgelegten Vorgehensweise einer sachverständigen Prüfung unterzogen und die Messergebnisse als innerhalb einer zulässigen Toleranz liegend eingestuft hat. Damit steht die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Geräts fest und macht Informationen zu dessen genauer Funktionsweise entbehrlich. Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung bietet die Überprüfung und Zulassung des Messgeräts durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) grundsätzlich eine ausreichende Gewähr dafür, dass die Messung bei Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen für den Einsatz auch im Einzelfall ein fehlerfreies Ergebnis liefert (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Juli 2015 – 2 (7) SsBs 212/15, 2 (7) SsBs 212/15 – AK 108/15 -, juris).
Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung können nur – hier nicht gegebene – konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung begründen. Ohne derartige Anhaltspunkte würde der Tatrichter die an seine Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen überspannen, wenn er dennoch an der Zuverlässigkeit der Messung zweifelt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 29. Januar 2013 – III-1 RBs 2/13, 1 RBs 2/13 -, juris).
Anlass zur Einholung eines Sachverständigengutachtens bestand nicht. Bei der Einlassung des Betroffenen, 100 km/h gefahren zu sein, wenn er kurzfristig schneller gefahren sein sollte, könnten es maximal 120 km/h gewesen sein, handelt es sich lediglich um eine reine Schutzbehauptung, die Zweifel an der Richtigkeit der Messung nicht zu begründen vermag.
Soweit die Verteidigung versucht, solche Zweifel mit der Argumentation zu wecken, es habe irgendwelche Ereignisse vor der letzten Eichung gegeben, bleibt das ohne Erfolg, weil es unerheblich ist. Das Messgerät war gültig geeicht. Die Eichgültigkeit kann nicht mit vor der letzten Eichung stattgefundenen Ereignissen in Zweifel gezogen werden. Dass die Eichgültigkeit fortbestand, steht aufgrund der behördlich geführten Lebensakte (Bl.4) fest. Darin ist nach der Eichung kein eichrelevantes Ereignis aufgeführt. Ein konkretes eichrelevantes Ereignis nach der Eichung wird auch von der Verteidigung nicht vorgetragen
Soweit die Verteidigung versucht, solche Zweifel mit der Argumentation zu wecken, der vorliegenden Fotodokumentation sei zu entnehmen, dass der Abstand des verwendeten Messgerätes zu dem auf dem Frontfoto erfassten Fahrzeug deutlich unter einer Entfernung von 10 m gelegen haben müsse, während der Arbeitsbereich des verwendeten Messgerätes bei einer Entfernung zum gemessenen Fahrzeug zwischen 10 m und 75 m liege, bleibt das ohne Erfolg. Ausweislich Ziffer 5.2. der Bedienungsanleitung werden erst die Werte durch den LIDAR-Messkopf erfasst, sodann eine mittlere Geschwindigkeit von der Auswerteeinheit des Systems errechnet. Erst nachdem das System selbständig die Genauigkeit der Messwertbildung geprüft hat, wird, wenn die errechnete mittlere Geschwindigkeit den eingestellten Auslösewert überschreitet, die Fotodokumentation erstellt. Wird das Foto aber wie dargestellt erst nach der Messung erstellt, versteht es sich von selbst, dass das Fahrzeug, welches sich mittlerweile weiterbewegt hat, sich auch näher an der Kamera befindet, das Foto mithin nicht den Arbeitsbereich abbildet. So zeigt beispielsweise das als gerichtsverwertbar dargestellte Beispielsfoto Nr.94 auf Seite 100 der Bedienungsanleitung, auf das gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ein Fahrzeug, das sich mindestens so nahe an der Kamera befindet wie das Täterfahrzeug.
Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Aufmerksamkeit hätte der Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung erkennen und vermeiden können. Zwar könnte angesichts einer relativen Überschreitung von 43 % und einer absoluten Überschreitung von 43 km/h daran gedacht werden, Vorsatz zu erwägen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 25. März 2015 – 3 Ws (B) 19/15, 3 Ws (B) 19/15 – 162 Ss 4/15 -, juris). Das Täterfoto mit Vergrößerung des Gesichts (Bl.26), auf das gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG wegen der Einzelheiten verwiesen wird, legt indes nahe, dass der Betroffene unaufmerksam gewesen ist, was einen bewussten Geschwindigkeitsverstoß zweifelhaft erscheinen lässt und damit eine Vorsatzverurteilung ausschließt.
Damit hat der Betroffene fahrlässig gegen § 3 Abs.3 StVO verstoßen.
Die Geldbuße entspricht dem Regelsatz. Es bestand keine Veranlassung, im vorliegenden Falle vom BKat abzuweichen.
Ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat ist neben der Geldbuße zur Einwirkung auf den Betroffenen geboten. Nach § 25 Abs.1 S. 1 StVG kann einem Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG, die er unter grober Verletzung seiner Pflichten als Kraftfahrzeugführer begangen hat und wegen der eine Geldbuße festgesetzt worden ist, für die Dauer von einem bis zu drei Monaten verboten werden, Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art im Straßenverkehr zu führen. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 BKatV liegt eine grobe Pflichtverletzung vor, wenn ein Tatbestand der Nummer 11.3 des Bußgeldkatalogs i.V.m. Tabelle 1 des Anhangs verwirklicht wird.
Die – hier gegebene – Erfüllung dieses Tatbestandes (Nr.11.3.7 BKat) indiziert das Vorliegen eines groben Verstoßes im Sinne von § 25 Abs.1 S.1 StVG, für den gemäß § 4 Abs.1 S.2 in der Regel die im Bußgeldkatalog bestimmte Dauer – hier ein Monat – festzusetzen ist.
Von der Verhängung eines Fahrverbotes kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen oder die Anordnung eines Fahrverbotes unverhältnismäßig ist. Dieser Möglichkeit, von einem Fahrverbot, gegebenenfalls gegen Erhöhung der Geldbuße, abzusehen, ist sich das Gericht bewusst gewesen. Maßgebend dafür, von dieser Möglichkeit vorliegend keinen Gebrauch zu machen war, dass außergewöhnliche Umstände nicht ersichtlich sind und das Fahrverbot auch nicht unverhältnismäßig ist.
(…)