Zum Inhalt der Entscheidung: 1. Der Senat betrachtet nach wie vor das PoliScan-speed-Verfahren als standardisiertes Messverfahren, das grundsätzlich zur Geschwindigkeitsmessung geeignet ist und hierfür eingesetzt werden darf. Dabei ist es weder für das Gericht noch für den Betroffenen und seine Verteidigung erforderlich, Kenntnis der genauen Funktionsweise des Geschwindigkeitsmessgerätes zu haben, insbesondere ist kein Zugang zu patent- oder urheberrechtlich geschützten Bereichen der vom Gerätehersteller eingesetzten Software erforderlich.
2. Auch ES Eso 3.0 ist ein standardisiertes Meßverfahren.
Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss vom 31.10.2013
1 Ss OWi 141/13 (172/13)
Tenor:
1. Die Sache wird zur Entscheidung auf den Senat übertragen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
3. Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Aus den Gründen:
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h eine Geldbuße von 180,00 € verhängt und zugleich ein einmonatiges Fahrverbot ausgesprochen. Die Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung beruhte auf einer polizeilichen Geschwindigkeitsmessung mit einem Messgerät des Typs „PoliScan-speed“.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner mit der allgemeinen Sachrüge begründeten Rechtsbeschwerde. Dabei wiederum rügt er im Wesentlichen, das PoliScan-speed-Verfahren könne nicht als standardisiertes Messverfahren angesehen werden, weil der Hersteller des Messgerätes nicht sämtliche Messdaten des Geräts zur Überprüfung zur Verfügung stelle; daher seien die Messergebnisse mangels Überprüfbarkeit im gerichtlichen Bußgeldverfahren unverwertbar.
Damit folgt die Rechtsbeschwerdebegründung einer zurzeit verbreitet zu beobachtenden „Welle“, die sich im Wesentlichen auf vereinzelte Entscheidungen einiger Amtsgerichte anderer Bundesländer stützt. Der vorliegende Fall nötigt daher zu einer grundsätzlichen Klarstellung unter dem Gesichtspunkt sowohl der Rechtsfortbildung als auch der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die Entscheidung erfolgt daher nach Übertragung vom Einzelrichter durch den gesamten Senat (§ 80 a Abs. 3 OWiG). Sie ergeht in Übereinstimmung mit den Mitgliedern des (für den Bezirk des Landgerichts Kiel zuständigen) II. Senats für Bußgeldsachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts.
Nach Auffassung des Senats begründet mangelnde Kenntnis der genauen Funktionsweise eines Geschwindigkeitsmessgerätes, das eine Bauartzulassung von der physikalisch-technischen Bundesanstalt erhalten hat, keine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses.
Der Senat betrachtet nach wie vor das PoliScan-speed-Verfahren als standardisiertes Messverfahren, das grundsätzlich zur Geschwindigkeitsmessung geeignet ist und hierfür eingesetzt werden darf. Dabei ist es weder für das Gericht noch für den Betroffenen und seine Verteidigung erforderlich, Kenntnis der genauen Funktionsweise des Geschwindigkeitsmessgerätes zu haben, insbesondere ist kein Zugang zu patent- oder urheberrechtlich geschützten Bereichen der vom Gerätehersteller eingesetzten Software erforderlich (so ebenfalls für das PoliScan-speed-Verfahren auch OLG Frankfurt, DAR 2010, 216).
Im gleichen Sinne hat das OLG Köln (NZV 2013, 459) für das Geschwindigkeitsmessgerät des Typs „Eso 3.0“ – für das im Übrigen auch nach Auffassung des hiesigen Senats Gleiches gilt – entschieden und dabei unter anderem ausgeführt:
„Durch die amtliche Zulassung eines Messgerätes bestätigt die Bundesanstalt, dass sie die Ermittlung des Messwertes auf der Grundlage der in der Gebrauchsanweisung festgelegten Vorgehensweise einer sachverständigen Prüfung unterzogen und die Messergebnisse als innerhalb einer zulässigen Toleranz liegend eingestuft hat. Damit steht die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Geräts fest und macht Informationen zu dessen genauer Funktionsweise entbehrlich. Die genaue Funktionsweise von Messgeräten ist den Gerichten auch in den Bereichen der Kriminaltechnik und der Rechtsmedizin nicht bekannt, ohne dass insoweit jeweils Zweifel an der Verwertbarkeit der Gutachten aufgekommen wären, die auf den von diesen Geräten gelieferten Messergebnissen beruhen. Nach welchem Prinzip das Geschwindigkeitsmessgerät funktioniert, ist bekannt.“
Dem treten die Senate für Bußgeldsachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts für die von beiden genannten technischen Verfahren gewonnenen Messergebnisse bei.
Dies bedeutet, dass die Amtsgerichte in Schleswig-Holstein nicht gehindert sind, die Verfahren PoliScan-speed und Eso 3.0 weiterhin als standardisierte Messverfahren zu betrachten und von der grundsätzlichen Verwertbarkeit der so gewonnenen Ergebnisse ausgehen können. Darüber hinaus können Anträge, die auf Beiziehung und Offenlegung der geschützten Herstellerunterlagen zielen, oder Anträge auf Einholung entsprechender Sachverständigengutachten ohne Verstoß gegen den Amtsaufklärungsgrundsatz zurückgewiesen werden. Hierin läge auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens oder der Gewährung rechtlichen Gehörs. Einem Betroffenen ist nur insoweit Zugang zu Unterlagen zu gewähren, als das Gericht selbst sie für seine Entscheidung für bedeutsam hält und sie beizieht. Im Übrigen bleibt es selbstverständlich dabei, dass auch bei den genannten Geschwindigkeitsmessverfahren die Betroffenen uneingeschränkt konkrete Bedienungsfehler oder Missachtung von Herstellerangaben zum korrekten Einsatz der Geräte rügen können.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz StPO.