Zum Inhalt der Entscheidung: 1. Eine Fahrtenbuchauflage ist verhältnismäßig, wenn ein mit einer Punkteeintragung im FAER verbundener Verkehrsverstoß nicht aufgeklärt werden kann.
2. Der Einwand, dass die Befragung des Fahrzeughalters mehr als zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß erfolgte, ist unbeachtlich, wenn diese Verzögerung nicht kausal für die Unaufklärbarkeit des Verstoßes war.
3. Kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 33 km/h wegen fehlender Mitwirkung des Fahrzeughalters nicht aufgeklärt werden, ist eine Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten nicht unverhältnismäßig.
Verwaltungsgericht Augsburg
Beschluss vom 24.05.2016
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.400,- festgesetzt.
Aus den Gründen:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine Fahrtenbuchauflage.
1. Die 1963 geborene Antragstellerin ist Halterin des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ….
Mit dem genannten Fahrzeug wurde am 7. September 2015 um 12.10 Uhr eine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen. Hierbei wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerorts von 100 km/h um 33 km/h (abzüglich einer Messtoleranz von 3 km/h) überschritten. Die überhöhte Geschwindigkeit des fraglichen Fahrzeugs wurde durch Polizeibeamte auf der Bundesautobahn A7 auf Höhe der Gemeinde N. (Landkreis Hersfeld-Rotenburg, Hessen) mittels eines am 11. November 2014 geeichten Messgeräts des Typs PoliScan Speed gemessen. Hierbei wurde auch ein Lichtbild des Fahrzeugs gefertigt.
Mit Schreiben vom 5. Oktober 2015 teilte das Regierungspräsidium K. der Antragstellerin den Tatvorwurf der Verkehrsordnungswidrigkeit unter Abdruck des Tatlichtbilds mit und bat um Mitteilung des verantwortlichen Fahrzeugführers auf einem beigefügten Zeugenfragebogen. Eine Reaktion der Antragstellerin erfolgte nicht.
Daraufhin bat das Regierungspräsidium K. mit Schreiben vom 5. November 2015 die Polizeiinspektion …, den verantwortlichen Fahrzeugführer vom 7. September 2015 festzustellen.
Mit Schreiben vom 20. November 2015 teilte die Polizeiinspektion … dem Regierungspräsidium K. mit, dass mit der Antragstellerin am selben Tag in den Räumen der Polizeiinspektion der Vorgang erörtert worden sei; die Antragstellerin habe sich insoweit auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen und keine Angaben zum Fahrzeugführer gemacht. Ein entsprechender, von der Antragstellerin unterzeichneter Zeugenfragebogen vom 20. November 2015 war dem Schreiben beigefügt.
Am 1. Dezember 2015 wurde daraufhin seitens des Regierungspräsidiums K. entschieden, kein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung vom 7. September 2015 einzuleiten, da der Fahrzeugführer nicht zu ermitteln gewesen sei.
Der gesamte Sachverhalt wurde dem Landratsamt … mit Schreiben des Regierungspräsidiums K. vom 1. Dezember 2015 mitgeteilt. Es wurde um Prüfung gebeten, ob der Antragstellerin die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt werden kann.
Mit Schreiben des Landratsamts … vom 13. Januar 2016 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, aufgrund obigen Sachverhalts für die Dauer von zwölf Monaten eine Fahrtenbuchauflage anzuordnen und Gelegenheit zur Äußerung innerhalb von zehn Tagen nach Zugang des Schreibens gegeben.
Nach erfolgter Akteneinsicht wandte sich die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Februar 2016 gegen die angekündigte Fahrtenbuchauflage.
2. Mit kostenpflichtigem Bescheid des Landratsamts … vom 23. März 2016 – zugestellt am 30. März 2016 – wurde die Antragstellerin sodann verpflichtet, für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … und für ein eventuelles Ersatzfahrzeug für die Dauer von zwölf Monaten ein Fahrtenbuch zu führen; die Frist beginne einen Monat nach Zustellung des Bescheids bzw. bei Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch das Verwaltungsgericht einen Monat nach Bestandskraft des Bescheids (Nr. 1). Die Modalitäten des Führens eines Fahrtenbuchs wurden im Einzelnen angegeben (Nr. 2 – 4). Es wurde ferner die sofortige Vollziehung der Nr. 1 bis 4 angeordnet (Nr. 5). Für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs wurde ein Zwangsgeld i.H.v. EUR 250,00 angedroht (Nr. 6).
Zur Begründung wurde angegeben, dass der Fahrer, der die Ordnungswidrigkeit am 7. September 2015 mit dem auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeug … begangen habe, nicht zu ermitteln gewesen sei. Da es sich um einen erheblichen Verkehrsverstoß gehandelt habe, sei unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs gerechtfertigt. Dies gelte auch bei erstmaligen Verstößen. Ein zeitnaher Vollzug liege im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs, um auch schon in der Zeitspanne bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides bei etwaigen Verkehrszuwiderhandlungen die Person des verantwortlichen Fahrzeugführers sicher ermitteln zu können. Daher sei die sofortige Vollziehung angeordnet worden. Die Zwangsgeldandrohung sei geboten, um den Bescheid soweit erforderlich auch durchsetzen zu können.
3. Hiergegen hat die Antragstellerin am 29. April 2016 Klage erhoben (Az. Au 3 K 16.680), über die noch nicht entschieden ist. Mit Klageerhebung hat die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 23. März 2016 wiederherzustellen.
Der Bescheid sei rechtswidrig. Die Antragstellerin habe keine Voreintragungen im Verkehrszentralregister, es sei vorliegend erstmalig nicht möglich gewesen, einen verantwortlichen Führer eines auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeugs in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zu ermitteln. Hinzu komme, dass hinsichtlich des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes kein Fahrverbot zu verhängen gewesen wäre und insoweit auch keine besondere Gefährdungssituation gegeben gewesen sei. Die Antragstellerin habe zudem berechtigterweise von ihrem als Familienmitglied bestehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Das gerade zur Wahrung des Familienfriedens bestehende Zeugnisverweigerungsrecht dürfe im Nachhinein nicht durch die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage faktisch unterlaufen werden. Dies sei jedenfalls bei – wie hier – vergleichsweise geringfügigen Verkehrsverstößen nicht vertretbar. Vor diesem Hintergrund sei die Anordnung eines Fahrtenbuchs auch unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft. Unabhängig davon sei eine Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers ohne übermäßigen Aufwand durchaus möglich gewesen. Die Polizei habe die Antragstellerin jedoch nicht ein einziges Mal aufgesucht, um anhand des vorliegenden Tatlichtbilds den verantwortlichen Fahrer vom 7. September 2015 – der sich aufgrund des ausgeübten Zeugnisverweigerungsrechts ja im Familienkreis befinden müsse – zu ermitteln. Letztlich solle vorliegend die Antragstellerin durch die Fahrtenbuchauflage behördlich „bestraft“ werden, um zu verhindern, dass sie sich auch künftig auf das ihr zustehende Aussageverweigerungsrecht berufe; dies sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.
4. Das Landratsamt … beantragt für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Insoweit werde auf die Begründung des gegenständlichen Bescheids verwiesen.
5. Mit Beschluss des Gerichts vom 23. Mai 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
6. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Die Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid genügt den formellen Anforderungen. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Für bestimmte Arten behördlicher Anordnungen – hierzu zählen Fahrtenbuchauflagen – ist das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 36). Dadurch wird zwar im Einzelfall eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten nicht entbehrlich. Diese darf sich im Wesentlichen jedoch auf die Prüfung beschränken, ob nicht wegen der besonderen Umstände des Falls die sofortige Vollziehung ausnahmsweise weniger dringlich als im Normalfall ist. Da sich § 31a StVZO mit einer abstrakten Wiederholungsgefahr begnügt, die daran anknüpft, dass der verantwortliche Fahrer bei Begehung des Verkehrsverstoßes anonym geblieben ist, genügt es für die Annahme eines Ausnahmefalls nicht bereits, dass keine Hinweise auf eine konkrete Wiederholungsgefahr vorliegen. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt zudem keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigene Interessenabwägung durchgeführt (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 26.3.2015 – 11 CS 15.247 – juris Rn. 9; B.v. 23.2.2015 – 11 CS 15.6 – juris Rn. 10; B.v. 30.8.2011 – 11 CS 11.1548 – juris Rn. 37-39).
Hiervon ausgehend sind die Erwägungen des Antragsgegners zur Begründung des Sofortvollzugs rechtlich nicht zu beanstanden. Die erforderliche Abwägung zwischen dem Interesse der Antragstellerin, das von ihr verlangte Fahrtenbuch bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren nicht führen zu müssen, und den öffentlichen Belangen, die eine umgehende Durchsetzbarkeit dieser Verpflichtung geboten erscheinen lassen, findet sich unter Ziffer II.5 des streitgegenständlichen Bescheids (Blatt 37 der Verwaltungsakte). Der Antragsgegner hat insoweit ausgeführt, Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage seien Gründe der Verkehrssicherheit. So diene die Maßnahme zum einen der sicheren Aufklärung zukünftiger Verkehrsverstöße. Zum anderen solle positiv auf die Verkehrsdisziplin der Antragstellerin eingewirkt werden, da diese aufgrund des Fahrtenbuchs damit rechnen müsse, dass bei Verkehrsverstößen der verantwortliche Fahrer stets zur Verantwortung gezogen werden kann. Die zeitnahe Förderung der Verkehrssicherheit sei jedoch infrage gestellt, wenn durch die Einlegung von Rechtsmitteln über einen langen Zeitraum die Wirksamkeit der Maßnahme hinausgezögert werden könnte. Die Voraussetzungen eines Sonderfalls, bei dem im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung einzelfallbezogen hätte aufgezeigt werden müssen, warum der Eintritt der aufschiebenden Wirkung nicht hingenommen werden kann, hat die Antragstellerin nicht dargelegt.
2. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Falle des vorliegenden § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.
Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung auf Grundlage der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Es hat dabei die Interessen der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung beurteilt werden können (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 18.8.2014 – 20 CS 14.1675 – juris Rn. 2).
Die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung fällt vorliegend zugunsten des Antragsgegners aus. Nach derzeitigem Erkenntnisstand bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung der Antragstellerin zur Führung eines Fahrtenbuchs und der Androhung des Zwangsgeldes zu deren Durchsetzung. Die insoweit in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich erfolglos bleiben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen, § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO.
Die Voraussetzungen des § 31a StVZO sind im Fall der Antragstellerin bei summarischer Prüfung gegeben.
a) Die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers nach der Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften vom 7. September 2015 war vorliegend nicht möglich.
aa) Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist i.S.v. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Art und Ausmaß der Ermittlungen hängen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab. Die Behörde hat in sachgemäßem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu treffen, die in gleich gelagerten Fällen erfahrungsgemäß zum Erfolg führen (vgl. etwa BVerwG, U.v. 17.12.1982 – 7 C 3.80 – BayVBl 1983, 310; B.v. 21.10.1987 – 7 B 162.87 – Buchholz 442.16 § 31a StVZO Nr. 18; B.v. 23.12.1996 – 11 B 84.96 – juris; BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 11 CS 15.6 – juris; B.v. 25.1.2016 – 11 CS 15.2576 – juris Rn. 14). Verweigert der Fahrzeughalter seine Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers, sind weitere Ermittlungen in der Regel nicht zumutbar (BVerwG, U.v. 17.12.1982 – 7 C 3.80 – BayVBl 1983, 310). Vielmehr darf ein Fahrzeughalter, der unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nicht dartun kann oder will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Fahrzeug gefahren hat, grundsätzlich durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (BVerwG, B.v. 23.6.1989 – 7 B 90.89 – NJW 1989, 2704 Rn. 8; BayVGH, B.v. 6.5.2010 – 11 ZB 09.2947 – juris Rn. 8). Allerdings muss die Verfolgungsbehörde auch in solchen Fällen naheliegenden und mit wenig Aufwand durchführbaren Ansätzen zur Fahrerermittlung nachgehen und das Ergebnis ihrer Bemühungen dokumentieren (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 11 BV 15.1164 – juris Rn. 17; B.v. 8.3.2013 – 11 CS 13.187 – juris Rn. 22; VG Augsburg, U.v. 19.6.2012 – Au 3 K 12.287 – juris Rn. 19).
Grundsätzlich gehört es zu einem angemessenen Ermittlungsaufwand der Verfolgungsbehörde, den Fahrzeughalter unverzüglich, d.h. regelmäßig innerhalb von zwei Wochen von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung zu benachrichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 13.10.1978 – VII C 77.74 – Buchholz 442.16 § 31a StVZO Nr. 5). Die Zweiwochenfrist stellt jedoch kein formales Tatbestandskriterium des § 31a Abs. 1 StVZO sowie keine starre Grenze dar. Vielmehr beruht die Fristbestimmung auf dem Erfahrungssatz, dass eine Person Vorgänge des persönlichen Lebensbereichs aus den letzten 14 Tagen im Regelfall wird erinnern oder jedenfalls noch rekonstruieren können. Die Zweiwochenfrist gilt hingegen nicht für vom Regelfall abweichende Gestaltungen, in denen bei typisierender Betrachtung auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt. Gleiches gilt, wenn feststeht, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch dessen verzögerte Anhörung nicht beeinträchtigt worden ist, da diese nicht ursächlich für die unterbliebene Feststellung des Fahrers gewesen ist. An einem derartigen Kausalzusammenhang fehlt es, wenn die Ergebnislosigkeit der Ermittlungen nicht auf vor Einstellung des Bußgeldverfahrens bzw. Verfolgungsverjährung geltend gemachten Erinnerungslücken des Fahrzeughalters beruht, sondern z.B. auf seiner fehlenden Bereitschaft, zur Aufklärung des Sachverhalts – insbesondere durch Eingrenzung des möglichen Täterkreises und Förderung der Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreise der Nutzungsberechtigten – beizutragen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 14.5.1997 – 3 B 28/97 – juris; BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 11 BV 15.1164 – juris Rn. 18; B.v. 14.5.2013 – 11 CS 13.606 – juris Rn. 13; B.v. 8.3.2013 – 11 CS 13.187 – juris Rn. 18; B.v. 8.11.2010 – 11 ZB 10.950 – juris Rn. 9; B.v. 10.10.2006 – 11 CS 06.607 – juris Rn. 20; VG Augsburg, U.v. 19.6.2012 – Au 3 K 12.287 – juris Rn. 20).
bb) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze wurden vorliegend im Ordnungswidrigkeitenverfahren behördlich nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen, um den verantwortlichen Fahrer zu ermitteln.
Vorliegend hat die Antragstellerin im Zeugenfragebogen vom 20. November 2015 (Blatt 21 der Verwaltungsakte) erklärt, sie mache von ihrem „Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht“ Gebrauch und mache daher keine Angaben zum verantwortlichen Fahrzeugführer. Verweigert der Fahrzeughalter seine Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers, sind weitere behördliche Ermittlungen in der Regel nicht zumutbar. So liegt der Fall auch hier. Insbesondere war das unscharfe Tatlichtbild (Blatt 4 der Verwaltungsakte), bei dem überdies der obere Teil des Gesichts des Fahrers durch den Rückspiegel verdeckt ist, für sich genommen zum gerichtsverwertbaren Tatnachweis hinsichtlich dritter Personen nicht geeignet; in diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die Fahrerfeststellung auch dann i.S.v. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich ist, wenn die Ermittlungen zwar auf einen bestimmten Täter hindeuten, die Behörde jedoch keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Verdächtigen gewinnen konnte. Ausgehend vom unscharfen Tatlichtbild war die Ermittlungsbehörde auch nicht dazu verpflichtet, die Wohnung der Antragstellerin aufzusuchen, um nochmals einen Befragungsversuch zu unternehmen oder um dort nach dem Fahrzeugführer Ausschau zu halten. Ebenso wenig war sie zu Ermittlungen im Familienkreis der Antragstellerin verpflichtet, weil auf dem unscharfen Tatlichtbild (wohl) eine männliche Person zu erkennen war und die Antragstellerin sich im Rahmen des Zeugenfragebogens (auch) auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat. Denn liegen der Ermittlungsbehörde in einem solchen Fall – wie hier – keine weiteren greifbaren Ermittlungsansätze bezüglich der Täterschaft einer konkreten Person vor, ist sie nicht gehalten, durch weitergehende Ermittlungen (z.B. über das Einwohnermelde- oder Standesamt) den Familienkreis des Fahrzeughalters erst noch aufzuklären und in diesem Kreis einen möglichen Fahrzeugführer – etwa durch Befragungen in der Nachbarschaft – ausfindig zu machen. Auch ein persönlicher Vergleich der Familienmitglieder der Antragstellerin mit dem vorhandenen unscharfen und nur einen Teil des Gesichts des Fahrers zeigenden Tatlichtbild versprach keinen Erfolg. Letztlich musste die Polizei vorliegend nicht ins Blaue hinein nach Verwandten der Antragstellerin forschen, zumal nicht davon ausgegangen werden konnte, dass sich die befragten Familienmitglieder selbst oder gegenseitig belasten würden (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.6.2015 – 11 CS 15.950 – juris Rn. 19; B.v. 12.3.2014 – 11 CS 14.176 – juris Rn. 9; B.v. 12.6.2008 – 11 CS 08.857 – juris Rn. 4; B.v. 10.10.2006 – 11 CS 06.607 – juris Rn. 17; OVG NW, B.v. 14.11.2013 – 8 A 1668/13 – juris Rn. 21 f.).
cc) Ausgehend von den obigen Grundsätzen steht einer Fahrtenbuchauflage vorliegend auch nicht entgegen, dass die erstmalige polizeiliche Befragung der Antragstellerin zum Verkehrsverstoß vom 7. September 2015 erst mit Schreiben des Regierungspräsidiums K. vom 5. Oktober 2015 (Blatt 15 der Verwaltungsakte) – und damit mehr als zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß – erfolgt ist.
Ein fehlender Kausalzusammenhang zwischen verspäteter Anhörung und Nichtermittlung des verantwortlichen Fahrers ist insbesondere dann – wie hier – anzunehmen, wenn der Halter den Namen des Fahrers verschweigt, obwohl er ihn kennt, oder er sich überhaupt weigert, sich zur Sache zu äußern. Soweit die Antragstellerin im Zeugenfragebogen vom 20. November 2015 (Blatt 21 der Verwaltungsakte) angab, sie mache von ihrem „Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht“ Gebrauch, so kann dies nur so verstanden werden, dass sie wusste, dass eine der Personen, hinsichtlich derer ihr nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, das Fahrzeug im Tatzeitpunkt geführt haben muss. Bestätigt wird dieser Befund durch den Umstand, dass der Bevollmächtigte der Antragstellerin in der Antragsbegründung vom 29. April 2016 (Blatt 8 der Gerichtsakte) ausführt, als Fahrer käme nur ein Familienmitglied in Betracht. Nach alledem waren für die Nichtbenennung des verantwortlichen Fahrers nicht ein mangelndes Erinnerungsvermögen – hierauf hat sich die Antragstellerin auch zu keiner Zeit berufen –, sondern der Wille der Antragstellerin ursächlich, es zu verhindern, dass gegen einen ihrer Angehörigen ein Bußgeld verhängt wird (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 8.11.2010 – 11 ZB 10.950 – juris Rn. 9 f.).
b) Der gegenständliche Verkehrsverstoß vom 7. September 2015 ist auch geeignet, die Anordnung eines Fahrtenbuchs zu rechtfertigen.
Es handelte sich vorliegend bei der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit außerorts von 100 km/h um 33 km/h um einen Verkehrsverstoß i.S.v. § 24 StVG i.V.m. §§ 41 Abs. 1, 49 StVO und der Anlage 2 zur StVO. Dieser wird nach Nr. 11.3.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung (Bußgeldkatalog – BKat – inkl. Anhang zu Nr. 11 der Anlage) mit einer Regelgeldbuße von EUR 120,00 ohne Fahrverbot geahndet. Daneben ist hierfür gemäß Nr. 3.2.2 der Anlage 13 zu § 40 FeV i.d.F. seit 1. Mai 2014 die Eintragung von einem Punkt im neuen Fahreignungs-Bewertungssystem vorgesehen. Nach der bis zum 30. April 2014 gültigen Rechtslage wären gemäß Nr. 5.4 der Anlage 13 zu § 40 FeV a.F. drei Punkte im Verkehrszentralregister einzutragen gewesen (vgl. allg. VG Augsburg, B.v. 21.6.2007 – Au 3 S 07.608 – juris Rn. 31).
Bereits im Fall der erstmaligen Begehung eines Verkehrsverstoßes, der – wie hier – im Fall seiner Ahndung zur Eintragung von wenigstens einem Punkt im (ehemaligen) Verkehrszentralregister geführt hätte, ist die Auferlegung eines Fahrtenbuchs gerechtfertigt und verhältnismäßig, da es sich um einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht i.S.v. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO handelt. Nicht erforderlich ist, dass es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.5.1995 – 11 C 12/94 – BVerwGE 98, 227/229; B.v. 9.9.1999 – 3 B 94/99 – BayVBl 2000, 380). Ferner ist es nicht erforderlich, dass eine Wiederholungsgefahr besteht (BVerwG, B.v. 23.6.1989 – 7 B 90/89 – NJW 1989, 2704), so dass auch die bloße Androhung einer Fahrtenbuchauflage für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung, bei der der verantwortliche Fahrzeugführer nicht festgestellt werden kann, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kein milderes, ebenfalls in Betracht kommendes Mittel wäre (zuletzt BayVGH, B.v. 18.11.2013 – 11 CS 13.1950 – juris Rn. 11; siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 11 CS 14.176 – juris Rn. 10).
c) Auch die behördliche Ermessensentscheidung, die Dauer der Fahrtenbuchauflage auf zwölf Monate festzulegen, ist nicht zu beanstanden.
§ 31a StVZO enthält keine Aussage darüber, für welche Zeitspanne die Führung eines Fahrtenbuchs anzuordnen ist. Die Beantwortung dieser Frage bleibt vielmehr dem pflichtgemäßen Ermessen der Behörde überlassen, die hierbei lediglich die zwingenden Vorgaben der Rechtsordnung, insbesondere den Gleichbehandlungs- und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, zu beachten hat. Ein Fall intendierten Ermessens kann jedoch insoweit angenommen werden, als die Führung eines Fahrtenbuches den ihr zugedachten Zweck nur dann erfüllen kann, wenn sie für eine gewisse Dauer angeordnet wird, wobei sechs Monate im „unteren Bereich einer effektiven Kontrolle“ liegen (vgl. BVerwG, U.v. 17.5.1995 – 11 C 12-94 – juris; siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 11 CS 13.606 – juris Rn. 14).
Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, ist mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Als Kriterium für ihre zeitliche Bemessung ist vor allem das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung heranzuziehen. Bei der Festlegung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage wird daneben das Verhalten zu würdigen sein, das der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären. Denn je mehr sich ein Fahrzeughalter darum bemüht, zu der Tataufklärung beizutragen, desto weniger wird unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr Anlass bestehen, ihn hierzu für künftige Fälle durch eine Fahrtenbuchauflage anzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2011 – 11 CS 11.1548, Rn. 31; VGH BW, B.v. 28.5.2002 – 10 S 1408/01 – VRS Bd. 103 [2002], S. 140/141). Die Mitwirkung des Halters besteht in diesen Fällen darin, den Fahrer des Tatfahrzeugs zu nennen, das Bestreiten des Verkehrsverstoßes ist keine Mitwirkung in diesem Sinne (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 24.6.2013 – 11 CS 13.1079 – juris Rn. 14).
Ausgehend von den obigen Anforderungen ist die gegenständliche Dauer der Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten ermessensfehlerfrei und auch verhältnismäßig. Hinsichtlich der Dauer hat das Landratsamt in seinen Ermessenserwägungen maßgeblich auf die Schwere des ungeahndet gebliebenen Verstoßes vom 7. September 2015 abgestellt (Ziffer II.3 des Bescheids, Blatt 37 der Verwaltungsakte). Unter diesem auch nach der Rechtsprechung für die Dauer zentralen Gesichtspunkt ist die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs für die Dauer von zwölf Monaten bei einer Ordnungswidrigkeit, die mit einer Bewertung von einem Punkt im Fahreignungsregister sowie einem Bußgeld von EUR 120,00 belegt ist, nicht zu beanstanden. Dies folgt bereits daraus, dass es sich vorliegend um eine deutliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts von 100 km/h um 33 km/h (abzüglich Messtoleranz) gehandelt hat, die ein nicht unerhebliches Gefährdungspotential aufgewiesen hat. Ermessensfehler i.S.v. § 114 VwGO sind insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Dauer ist überdies zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin – wie ausgeführt – an der Identifizierung des verantwortlichen Fahrzeugführers nicht mitgewirkt hat.
d) Letztlich entspricht es auch ständiger Rechtsprechung, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs nicht verlangen kann, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er von einem Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Ein doppeltes „Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen (vgl. BVerfG, B.v. 7.12.1981 – 2 BvR 1172/81 – NJW 1982, 568; BVerwG, B.v. 22.6.1995 – 11 B 7/95 – BayVBl 1996, 156; B.v. 11.8.1999 – 3 B 96/99 – BayVBl 2000, 380; BayVGH, B.v. 10.4.2006 – 11 CS 05.1980; B.v. 2.8.2007 – 11 ZB 06.1759; B.v. 20.3.2008 – 11 ZB 08.432; B.v. 22.4.2008 – 11 ZB 07.3419; B.v. 28.3.2011 – 11 CS 11.360; B.v. 1.2.2012 – 11 CS 11.2640). Ein Verstoß gegen den Grundsatz, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst zu belasten („nemo tenetur se ipsum accusare“), liegt darin nicht. Die Auferlegung einer Fahrtenbuchführung dient der Sicherheit des Straßenverkehrs, sie hat keinen Sanktionscharakter. Sie soll sicherstellen, dass in Zukunft der verantwortliche Fahrer eines Kraftfahrzeugs bei Zuwiderhandlungen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften ermittelt werden kann. Hierin ist auch kein Verstoß gegen den in Art. 6 GG gewährleisteten Schutz der Familie zu erblicken (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 11 CS 13.606 – juris Rn. 12; vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 28.1.2015 – 11 ZB 14.1129 – juris Rn. 24).
e) Auch die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung unter Nr. 6 des Tenors des streitgegenständlichen Bescheids ist nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 19 Abs. 1 Nr. 2, 29, 31, 36 VwZVG.
3. Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung basiert auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG unter Zugrundelegung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Ausgabe 2013). Gemäß Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs sind bei Fahrtenbuchauflagen EUR 400,00 je Monat anzusetzen; dies ergibt bei einer – wie hier – zwölfmonatigen Fahrtenbuchauflage einen Betrag von EUR 4.800,00. Dieser war im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.