Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland durch das Cannabisgesetz (KCanG) und die gleichzeitige Anpassung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) zum 1. April 2024 hat weitreichende Auswirkungen auf die Beurteilung der Fahreignung bei Cannabiskonsum. Für Autofahrer stellt sich nun verstärkt die Frage: Wann bin ich trotz Cannabiskonsums noch fahrtauglich – und wann drohen MPU oder Fahrerlaubnisentzug?
Alte Rechtslage: Strikte Maßstäbe bei THC im Blut
Bis zur Reform galt: Bereits ein THC-Wert von 1,0 ng/ml im Blutserum konnte als Nachweis für eine Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss gewertet werden. Die Folge: Fahrerlaubnisentzug oder MPU-Anordnung – selbst bei gelegentlichem Konsum.
Die Rechtsprechung orientierte sich dabei an der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) und setzte einen strengen Maßstab an die Trennung von Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr.
Neue Rechtslage 2024: Lockerung für gelegentliche Konsumenten
Mit Inkrafttreten des KCanG hat sich das Blatt gewendet – zumindest für gelegentliche Cannabiskonsumenten. Die neue Rechtslage berücksichtigt die Legalisierung des Besitzes und Konsums in bestimmten Mengen und bringt folgende Kernänderungen:
1. Erhöhung des THC-Grenzwerts auf 3,5 ng/ml
Eine der bedeutendsten Neuerungen ist die Anhebung des Grenzwertes für aktives THC im Blutserum. Statt wie bisher bei 1,0 ng/ml liegt der neue Grenzwert nun bei 3,5 ng/ml. Damit wird anerkannt, dass auch Stunden nach dem Konsum noch THC nachweisbar sein kann, ohne dass die Fahrtüchtigkeit zwingend beeinträchtigt ist.
2. Gelegentlicher Konsum nicht automatisch ungeeignet
Nach dem neuen Recht gilt: Wer gelegentlich Cannabis konsumiert und zwischen Konsum und Fahrt eindeutig trennt, kann weiterhin als fahrtauglich gelten. Entscheidend ist, dass der Grenzwert von 3,5 ng/ml nicht überschritten wird und keine sonstigen Ausfallerscheinungen vorliegen.
3. MPU nur noch bei wiederholten oder schweren Verstößen
Die Pflicht zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) wird neu bewertet. Bei gelegentlichem Konsum und einem THC-Wert unterhalb des Grenzwerts entfällt künftig die automatische Anordnung einer MPU. Diese bleibt nur bei deutlich erhöhten Werten, regelmäßigem Konsum oder wiederholten Verkehrsverstößen relevant.
MPU, THC-Wert und Fahreignung: Wer ist betroffen?
Fallbeispiele zur Verdeutlichung:
- Fall 1: Ein Fahrer konsumiert einmal im Monat Cannabis und wird mit 2,5 ng/ml THC kontrolliert. Nach neuer Rechtslage: Keine MPU, sofern keine weiteren Auffälligkeiten bestehen.
- Fall 2: Ein Konsument raucht täglich und trennt nicht konsequent zwischen Konsum und Fahren. Folge: Ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, Fahrerlaubnisentzug zu erwarten.
- Fall 3: Ein gelegentlicher Konsument mit 2,0 ng/ml THC wurde früher zur MPU verpflichtet – heute nicht mehr, solange die Trennung eingehalten wird.
Unterschiede zu Alkohol: Keine Gleichsetzung möglich
Während es bei Alkohol klare Promillegrenzen gibt, bleibt die Bewertung von Cannabis differenzierter. Individuelle Konsumgewohnheiten, die Abbaugeschwindigkeit von THC und die Einhaltung der Trennung von Konsum und Fahrt spielen eine wesentlich größere Rolle. Deshalb ist die Gleichsetzung mit den Alkoholgrenzen aus verfassungs- und verkehrsrechtlicher Sicht nicht zulässig.
Rechtssicherheit für Konsumenten – aber Verantwortung bleibt
Die Reform bringt mehr Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit für Konsumenten – insbesondere bei einmaligen Verstößen oder geringen THC-Werten. Dennoch bleibt der Schutz der Verkehrssicherheit oberste Priorität.
Regelmäßiger Konsum, Mischkonsum (z. B. mit Alkohol) und Fahren unter akuter Wirkung sind auch weiterhin klar unzulässig und führen zu rechtlichen Konsequenzen.