Zum Inhalt der Entscheidung: Wenn der Bußgeldbescheid nicht innerhalb von zwei Wochen zugestellt wird, unterbricht dessen Erlass nicht die Verjährung.
Oberlandesgericht Hamm
Beschluss vom 04.10.2001
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des materiellen Rechts zugelassen (Entscheidung des Einzelrichters).
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe:
I.
Mit dem angefochtenen Urteil wird dem Betroffenen zur Last gelegt, mit dem Pkw Renault, amtliches Kennzeichen SO – ZH 129, am 1. August 2000 in A(…) auf der B 55 von E(…) kommend und in Richtung B(…) fahrend die dort durch Zeichen 274 angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h fahrlässig um 31 km/h überschritten zu haben. Die Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Betroffenen wurde mittels Laser-Meßgerät Riegl S 1490 99 gemessen, der Betroffene unmittelbar vor Ort angehalten und zum Tatvorwurf angehört. Der Bußgeldbescheid wurde unter dem 27. Oktober 2000 elektronisch erstellt, wies aber einen falschen Vornamen des Betroffenen, nämlich Friedrich, auf. Deshalb nahm auch zunächst der zuständige Mitarbeiter der Deutschen Post AG keine Zustellung des Bußgeldbescheides an den Betroffenen vor. Die Zustellungssendung kam vielmehr am 7. November 2000 mit der Anfrage zurück, ob Empfänger F(…), also der Betroffene, sein soll. Unter dem 8. November 2000 ordnete die Bußgeldbehörde die vorläufige Einstellung des Verfahrens „wegen Abwesenheit des Betroffenen zur Ermittlung seines Aufenthaltes“ an. Der Bußgeldbescheid vom 27. Oktober 2000 wurde dem Betroffenen sodann nach Einholung einer Meldeauskunft mit entsprechend geänderten Personalien am 15. November 2000 ordnungsgemäß zugestellt. Nach rechtzeitiger Einspruchseinlegung hat das Amtsgericht Lippstadt den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 150,00 DM verurteilt.
Hiergegen richtet sich der rechtzeitig eingelegte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, den der Betroffene in zulässiger Weise zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet hat. Der Betroffene hat dazu ausgeführt, die ihm vorgeworfene Handlung sei wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung nicht verfolgbar.
II.
Die Rechtsbeschwerde war zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen.
Vorliegend ist die Frage klärungsbedürftig, ob eine Unterbrechungshandlung i.S.d. § 33 Abs. 1 OWiG, die innerhalb der zweiwöchigen Zustellungsfrist des § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG, aber außerhalb der – hier dreimonatigen – Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG vorgenommen wird, auch dann die Verfolgungsverjährung unterbricht, wenn die Zustellung des Bußgeldbescheides selbst nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen erfolgt.
III.
Die damit zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206 a StPO.
Die Bußgeldbehörde und das Amtsgericht haben verkannt, daß die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit mit Ablauf des 1. November 2001 wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung nicht mehr verfolgbar war.
Die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG ist nicht durch den Erlaß des Bußgeldbescheides am 27. Oktober 2000 unterbrochen worden, weil der Bußgeldbescheid nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen zugestellt worden ist, § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG. Die rechtzeitige Zustellung ist aber aufschiebende Bedingung für den Eintritt der Verfolgungsverjährung, damit diese auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheides zurückwirkt (Göhler, OWiG, 12. Auflage, § 33 Rdnr. 35; KK-OWiG-Weller, 2. Auflage, § 33 Rdnr. 77 a). Da diese Bedingung aufgrund der erst am 15. November 2000 bewirkten Zustellung nicht eingetreten ist, war die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit bereits am 2. November 2000 wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung nicht mehr verfolgbar. Die am 8. November 2000 erfolgte Vornahme einer Unterbrechungshandlung i.S.d. § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG erfolgte nicht mehr rechtzeitig.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 467 Abs. 1 StPO.