Amtlicher Leitsatz: Für eine verjährungsunterbrechende Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG reicht es aus, dass der Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde die Erstellung und Versendung eines Anhörungsbogens durch individuellen elektronischen Befehl veranlasst, wenn sich Zeitpunkt und Bearbeiter dieses Vorgangs sicher feststellen lassen.
Bundesgerichtshof
Beschluss vom 22. Mai 2006
Aus den Gründen:
Die Vorlegungssache betrifft die Frage, wie eine verjährungsunterbrechende Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG aktenmäßig dokumentiert sein muss.
I.
Der wiederholt wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr mit Geldbußen belegte Betroffene befuhr am Abend des 14. Juni 2004 mit einem gemieteten PKW die BAB 10 westlicher Berliner Ring in Richtung Autobahndreieck Havelland. Dabei überschritt er die durch zwei Zeichen 274 gemäß § 41 StVO auf 80 km/h begrenzte zulässige Höchstgeschwindigkeit um 24 km/h. Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg erfasste am 29. Juni 2004 den Vorgang in ihrem Rechner und veranlasste eine Halteranfrage. Am nächsten Tag leitete sie durch Übersendung eines Schreibens an die Europcar Autovermietung GmbH die Ermittlung des Fahrers ein. Das Vermietungsunternehmen teilte der Behörde am 20. Juli 2004 die Daten des Betroffenen als des vertraglich vereinbarten Fahrers mit. Am 27. Juli 2004 rief die Sachbearbeiterin G. um 9.11 Uhr nach Kenntnisnahme der mitgeteilten Daten des Fahrzeugführers den elektronisch erfassten Vorgang unter dem Menüpunkt des Arbeitsprogramms „Vorgang allgemein“ auf. Unter dem nächsten angesteuerten Menüpunkt „Betroffenenwechsel“ gab sie die Daten des Betroffenen ein und erteilte anschließend den elektronischen Befehl zum Druck und zur Versendung des Anhörungsbogens. Die Eingabe der Daten, die elektronischen Befehle der Sachbearbeiterin und deren Ausführung (Druck und Versendung des Anhörungsbogens) sowie alle weiteren, auch die selbsttätig ausgeführten Arbeitsschritte wurden – für die Sachbearbeiter der Behörde nicht änderbar – gespeichert und nach Abschluss des behördlichen Verfahrens in einer der Bußgeldakte vorgehefteten Vorgangshistorie mit verkürzten, aber verständlichen Schlagworten dokumentiert. Die Sachbearbeiterin hatte sich durch eine kennwortgeschützte Identifikation (drei Buchstaben und zwei Zahlen) vor Bearbeitung des Vorgangs zu legitimieren.
Die Zentrale Bußgeldstelle hat am 22. September 2004 gegen den Betroffenen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 65 Euro festgesetzt. Nach Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Nauen in seinem Urteil vom 22. März 2005 die Geldbuße auf 80 Euro erhöht.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der vom Einzelrichter zugelassenen und dem Bußgeldsenat vorgelegten Rechtsbeschwerde. Der Betroffene macht geltend, dass der Bußgeldbescheid nach Eintritt der Verfolgungsverjährung erlassen worden sei. Er vertritt die Auffassung, das zur Bußgeldakte genommene Statusblatt sei als bloßer Computerausdruck zum Nachweis der Anordnung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht geeignet.
Der Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts hat mit seinem Beschluss vom 16. November 2005 (VRS 109, 443) die Auffassung vertreten, die von der Sachbearbeiterin bei der Zentralen Bußgeldstelle unter Verwendung des installierten Arbeitsprogramms und ihres individuellen Kürzels „o.“ veranlasste Versendung des Anhörungsbogens an den Betroffenen habe die Verfolgungsverjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen.
Für Inhalt und Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung müssten sich aus den Verfahrensakten lediglich konkrete Anhaltspunkte ergeben. Die Vorgangshistorie lege unter dem 27. Juli 2004 von einer solchen Individualverfügung einer bestimmten Sachbearbeiterin eindeutig Zeugnis ab. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen sei deshalb zu verwerfen.
Das Oberlandesgericht sieht sich an der beabsichtigten Entscheidung aber durch die Beschlüsse des OLG Dresden vom 27. April 2004 (DAR 2004, 534) und vom 10. Mai 2005 (DAR 2005, 570) gehindert. Dessen Bußgeldsenat hält für die Wirksamkeit einer Anordnung zur Dokumentation der Übernahme der Verantwortung des Sachbearbeiters und für die Richtigkeit der Beurkundung des Datums der Verfügung die Anbringung einer Unterschrift oder eines Handzeichens in der Akte für geboten. Nur so könne die erforderliche, wenn auch unter Umständen nur oberflächliche Prüfung des Sachbearbeiters nachvollzogen werden, inwieweit die den Verfahrensgegenstand bildende Tat überhaupt noch verfolgbar, insbesondere, ob die Tat nicht bereits verjährt gewesen sei.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung und Beantwortung folgender Frage vorgelegt:
„Bedarf die erneute Absendung eines Anhörungsbogens im EDV-unterstützten Bußgeldverfahren an einen von der Person des bisher als Betroffenen geführten Kfz-Halters abweichenden Fahrer als neuen Betroffenen (so genannter Betroffenenwechsel) eine schriftliche Anordnung mit handschriftlicher Unterschrift oder Namenskürzel durch den Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde, um die Verjährungsunterbrechung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 OWiG herbeizuführen?“
II.
Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG sind gegeben.
Die Vorlegungsfrage betrifft die Auslegung des Begriffs der „Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens“ gegen den Betroffenen in § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG und damit eine Rechtsfrage.
Sie ist auch entscheidungserheblich. Ohne eine Unterbrechung der Verjährung wäre die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG bei Erlass des Bußgeldbescheides am 22. September 2004 bereits abgelaufen gewesen.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht kann die Rechtsbeschwerde auch nicht verwerfen, ohne von tragenden Rechtsansichten anderer Oberlandesgerichte abzuweichen. Allerdings begründet der vom vorlegenden Oberlandesgericht herangezogene Beschluss des OLG Dresden vom 10. Mai 2005 (DAR 2005, 570) keine Abweichung. Die darin enthaltenen Erwägungen zu den Voraussetzungen einer Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG sind nicht tragend (vgl. König DAR 2005, 572).
Ferner liegt kein Fall eines Betroffenenwechsels vor, wie ihn das OLG Dresden in seinem Beschluss vom 26. Mai 2004 (DAR 2004, 534) beurteilt hat. Es stand nämlich vorliegend von vornherein fest, dass die Halterin des Kraftfahrzeugs, ein Vermietungsunternehmen, die aufzuklärende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht begangen haben konnte. Die Vertreter der Halterin wurden deshalb auch lediglich als Zeugen in Anspruch genommen. Dem Beschluss des OLG Dresden lässt sich aber, wie auch den Beschlüssen des OLG Düsseldorf vom 11. September 1996 (DAR 1996, 240 12 [LS]), des HansOLG vom 21. Januar 1997 (NZV 1997, 286 und der Vorlegung nachfolgend DAR 2006, 223), des OLG Köln vom 2. November 1999 (DAR 2000, 131) und des OLG Zweibrücken vom 4. Mai 2001 (DAR 2002, 89) die jeweils tragende Rechtsansicht entnehmen, dass in allen Fällen, in denen die Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens auf einer Individualentscheidung eines Sachbearbeiters der Verwaltungsbehörde nach Kenntnisnahme der Personalien eines der Ordnungswidrigkeit Verdächtigen beruht, die dahingehende Verfügung des Sachbearbeiters in der Akte handschriftlich mit Unterschrift oder Namenskürzel dokumentiert sein muss.
Der Senat versteht die Vorlegungsfrage demnach in einem weiteren Sinn dahin, ob im Falle der Erstellung und Versendung eines Anhörungsbogens auf Grund des individuellen elektronischen Befehls eines Sachbearbeiters zusätzlich dessen handschriftliche Unterschrift oder die Anbringung eines Namenskürzels unter der Eingriffsverfügung in der Akte notwendig ist, um die Verjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG zu unterbrechen.
III.
In der Sache stimmt der Senat der vom Generalbundesanwalt und dem vorlegenden Oberlandesgericht vertretenen Rechtsansicht zu.
1. Eine Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens liegt vor, falls ein Ermittlungsorgan den Willen geäußert hat, dass dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt werden soll (vgl. zum insoweit wortgleichen § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB: Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 78c Rdn. 3). Solches wird angenommen, wenn der zuständige Beamte der Verwaltungsbehörde verfügt hat, dass dem Betroffenen ein Anhörungsbogen zugesandt werden soll (BGHSt 25, 6, 8). Eine derartige Verfügung liegt auch vor, wenn der Wille des Sachbearbeiters als elektronischer Befehl zur Erstellung und Versendung des Anhörungsbogens im Arbeitsprogramm des Rechners der Verwaltungsbehörde niedergelegt wird (vgl. Olizeg NZV 2005, 130). Es macht keinen sachlichen Unterschied, ob eine schriftliche Verfügung des Sachbearbeiters, den Anhörungsbogen zu erstellen und zu versenden, an eine mit dieser Aufgabe betraute Schreibkraft gerichtet oder ob eine in der Sache identische, aber elektronisch gespeicherte Verfügung des Sachbearbeiters vom Arbeitsprogramm des Rechners ausgeführt wird. In beiden Fällen wird der vom Sachbearbeiter gefasste Wille, gegen einen bestimmten Betroffenen wegen einer bestimmten mit Bußgeld bedrohten Handlung vorzugehen, auf gleiche Weise konkretisiert.
2. Die dagegen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch.
a) Der Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG verlangt keine schriftliche Dokumentation der Anordnung in der Verfahrensakte. Die Wirksamkeit der Unterbrechungshandlung hängt nur von der Einhaltung einer bestimmten Form ab, wenn solches ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist (Kucklick DAR 2005, 611, 612; vgl. auch Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11; Göhler OWiG 14. Aufl. § 33 Rdn. 4; Lemke/Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 33 Rdn. 8).
b) Auch die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG begründet kein Erfordernis der Schriftform für Anordnungen im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG (OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; Göhler JR 1981, 42, 43; Gübner NZV 1998, 230, 233; König DAR 2002, 526; DAR 2005, 572; Olizeg NZV 2005, 130, 131). Die gegenteilige Auffassung (OLG Dresden DAR 2004, 534; HansOLG DAR 2006, 223, 224; Kucklick DAR 2005, 611, 612 f.) übersieht die systematische Stellung dieser Vorschrift im Normengefüge der Verjährungsvorschriften des Gesetzes. Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 OWiG enthält einen Katalog abschließend aufgezählter Unterbrechungshandlungen und bestimmt deren Wirksamkeitsvoraussetzungen einschließlich gegebenenfalls vorhandener Formerfordernisse. Dagegen regelt die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG lediglich in dem Spezialfall einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verjährungsunterbrechung. Ein Übergreifen des Regelungsbereichs der Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG auf den des ersten Absatzes dieser Vorschrift ist demnach ausgeschlossen.
Das Ergebnis der systematischen Auslegung wird durch die historische Auslegung bestätigt. Der Gesetzgeber wollte keine Formerfordernisse für die Wirksamkeit der verjährungsunterbrechenden Handlungen statuieren (vgl. OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; Göhler JR 1981, 42, 43; Olizeg NZV 2005, 130, 131). Die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG sollte lediglich die bis dahin bestehende, praktisch sehr wichtige Zweifelsfrage klären, in welchem Zeitpunkt die Verjährung unterbrochen wird, falls die Unterbrechungshandlung schriftlich vorgenommen worden ist (vgl. BT-Drucks. 7/550 S. 345 und 216; Rotberg, OWiG 5. Aufl. [1975] § 33 Rdn. 21).
c) Aus der Einführung der §§ 110a ff. OWiG durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22. März 2005 (BGBl I S. 837) ergibt sich nichts anderes. Die neuen Vorschriften bezwecken keinesfalls eine Verringerung des bisherigen lediglich unterstützenden Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung bei Führung einer Verfahrensakte auf Papier (vgl. Schmehl/Graf in KK-OWiG 3. Aufl. vor § 110a Rdn. 2; Graf aaO § 110b Rdn. 5) und gebieten deshalb aus systematischen Erwägungen keine Einschränkung der Nutzung herkömmlicher Datenverarbeitungsprogramme.
d) Auch der Zweck der Verjährungsvorschrift erfordert keine schriftliche Dokumentation der Anordnung.
aa) Die Rechtseinrichtung der Verjährung soll dem Rechtsfrieden und damit der Rechtssicherheit dienen und einer etwaigen Untätigkeit der Behörden in jedem Abschnitt des Verfahrens entgegentreten (vgl. BGHSt 22 11, 393, 396; 12, 335, 337). Der Rechtsfrieden tritt nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Verjährungsfrist durch Eintritt der Verfolgungsverjährung ein.
Den Möglichkeiten einer Verjährungsunterbrechung kommt demnach als Eingriff in eine vom Gesetz festgesetzte Regelfrist Ausnahmecharakter zu, der zu einer engen Auslegung der Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung nötigt (vgl. BGHSt 12, 335, 337; 26, 80, 83; 28, 381, 382). Indes liegt es in der Natur der Sache, dass in den Fällen, in denen das Gesetz zur Unterbrechung der Verjährung die Anordnung einer Maßnahme genügen lässt, die Unterbrechungshandlung grundsätzlich auch mündlich oder durch schlüssige Handlung ergehen kann (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 28, 381, 382; BGH, Beschl. vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82; zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG: OLG Schleswig VRS 63, 138; OLG Hamm NStZ 1988, 137). Deshalb ist auch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen grundsätzlich an keine bestimmte Form gebunden (vgl. KG VRS 100, 134, 135; Gübner NZV 1998, 230, 232; König DAR 2002, 526; Olizeg NZV 2005, 130).
bb) Allerdings erfordert jede Feststellung, ob die Verjährungsfrist abgelaufen ist, eine hierfür ausreichend transparente Entscheidungsgrundlage. Die Voraussetzungen einer verjährungsunterbrechenden Anordnung müssen deshalb nach ihrem Inhalt und dem Zeitpunkt ihres Ergehens erkennbar sein und in ihrer Wirkung auf das Verfahren abgeschätzt werden können (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 28, 381, 382; BGH bei Holtz MDR 1978, 986). Für die Wirksamkeit der Anordnung, dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt zu geben, ist es ausreichend, dass sich für deren Zeitpunkt und Inhalt konkrete Anhaltspunkte aus den Akten ergeben (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 30, 215, 219 f.; BGH, Beschl. vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82; zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG: KG VRS 100, 134, 135) und sich so der behördliche Wille zur Vornahme der Unterbrechungshandlung mit Gewissheit feststellen lässt (vgl. BayObLG DAR 2004, 401; 531, 532; VRS 62, 58, 59; Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11; Göhler, OWiG 14. Aufl. § 33 Rdn. 45; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 46a; Lemke/Mosbacher OWiG 2. Aufl. § 33 Rdn. 10). So liegt es hier.
Der nach Speicherung der Daten des Betroffenen gegen diesen gerichtete Verfolgungswille der Sachbearbeiterin der Verwaltungsbehörde hat sich in den elektronisch gespeicherten Befehlen zur Fertigung und Versendung des Anhörungsbogens manifestiert. Der Zeitpunkt des Eingriffs der Sachbearbeiterin wurde selbsttätig und unveränderbar nach Tag und Uhrzeit – letztere mit Sekundengenauigkeit – gespeichert. Die elektronische Speicherung bietet hier, wie das vorlegende Oberlandesgericht zu Recht betont, eine ausreichende Gewähr für die Zuverlässigkeit und Richtigkeit der erfassten Daten und Befehle. Die auf Papier in der Akte zur Verfügung stehende Vorgangshistorie weist in Bezug auf eine bestimmte Tat sämtliche im Arbeitsprogramm des Rechners vorgenommenen Eingriffe und automatisch gesteuerten Vorgänge aus, anhand derer auch Art, Inhalt und Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung sicher nachzuvollziehen sind (vgl. Olizeg NZV 2005, 130, 131).
Für die Feststellung, welcher Sachbearbeiter die Anordnung getroffen hat, bedarf es ebenfalls keiner Schriftform. Auf Grund der für die Dateneingabe und die Erteilung der weiteren elektronischen Befehle notwendigen Legitimation und deren Darlegung in der Vorgangshistorie kann der Sachbearbeiter, der die Anordnung getroffen hat, eindeutig bestimmt werden. Einer zusätzlichen handschriftlichen Autorisierung der Anordnung bedarf es nicht (Olizeg aaO S. 131; auch mit Nachweisen zur Gegenauffassung).
e) Darüber hinausgehende Anforderungen an die Dokumentation der Anordnung bestehen nicht. Soweit mehrere Oberlandesgerichte (HansOLG VRS 47, 43, 45; DAR 2006, 223, 224; KG VRS 100, 134, 135; OLG Dresden DAR 2004, 534, 535; 570, 571) die Auffassung vertreten, Unterschrift oder Namenskürzel des Sachbearbeiters würden eine gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen, insbesondere des Nichteintritts der Verjährung dokumentieren, trifft dies nicht zu. Für eine Dokumentation einer solchen Prüfung wäre eine Darlegung der Tatzeit, der Verjährungsfrist und die Feststellung geboten, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens noch nicht abgelaufen ist.
Eine derartige gesonderte Dokumentation der Prüfung der Verjährungsfrage ist aber sachlich nicht veranlasst und wird auch im Strafverfahren weder von einem Staatsanwalt, der Anklage erhebt, noch von den Strafgerichten, die das Hauptverfahren eröffnen, erheischt. Schon die Strafdrohung des § 344 StGB (vgl. Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 344 Rdn. 3) und das Bedürfnis nach Arbeitserleichterung bieten die hinreichende Gewähr, dass bei Anordnung der Verfahrensfortsetzung die gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen jedenfalls schlüssig erfolgt ist.
3. Die hier niedergelegte Rechtsauffassung stimmt mit den vom Senat in BGHSt 42, 380 gefundenen Anforderungen für den Nachweis des Erlasses eines Bußgeldbescheides überein.
4. Der Senat weist darauf hin, dass nichts anderes zu gelten hätte, wenn die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens dem Betroffenen mittels eines (auch gespeicherten) elektronischen Briefes (vgl. Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11) erfolgt oder wenn ein – fortentwickeltes – Arbeitsprogramm des Rechners der Verwaltungsbehörde nach individueller Eingabe der Daten des Betroffenen die Erstellung und Versendung des Anhörungsbogens selbsttätig veranlasst (vgl. Olizeg NZV 2005, 130).