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Bundesgerichtshof – Beschluss vom 14.02.17

Zum Inhalt der Entscheidung: Wer mit einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blut im öffentlichen Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt hat im Regelfall den Tatbestand des § 24a StVG zumindest fahrlässig verwirklicht, und zwar auch dann wenn der Konsum nicht in zeitlichem Zusammenhang mit der Fahrt steht.

 

Bundesgerichtshof

Beschluss vom 14.02.2017

4 StR 422/15

Tenor:

Der Tatrichter ist in Fällen, in denen die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt, aus Rechtsgründen nicht gehindert, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG zu schließen.

 

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Lingen (Ems) hat den Betroffenen mit Urteil vom 27. März 2015 wegen fahrlässigen Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu der Geldbuße von 500 Euro verurteilt und gegen ihn unter Anwendung der Regelung des § 25 Abs. 2a StVG ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen befuhr der Betroffene am 20. Februar 2014 mit einem Pkw eine Straße in L. , wobei er eine Konzentration des Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) von 1,5 ng/ml im Blut aufwies und infolgedessen unter der Wirkung von Cannabis stand. Zur subjektiven Tatseite ist das Landgericht, ohne sich auf weitere Beweisanzeichen zu stützen, allein aufgrund der festgestellten THC-Konzentration im Blut davon ausgegangen, dass der sich zum Tatvorwurf nicht äußernde Betroffene hinsichtlich der Cannabiswirkung zum Zeitpunkt der Fahrt fahrlässig handelte.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts Lingen (Ems) hat der Betroffene form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhebt und u.a. geltend macht, die Annahme fahrlässigen Handelns durch das Amtsgericht sei nicht tragfähig begründet.

II.

Das Oberlandesgericht Oldenburg möchte die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gemäß § 79 Abs. 5 OWiG verwerfen, sieht sich daran aber durch Entscheidungen der Oberlandesgerichte Celle vom 29. Dezember 2014 (Blutalkohol 52, 150), Karlsruhe – 1. Senat für Bußgeldsachen – vom 10. Mai 2013 (StV 2014, 622), Stuttgart vom 10. Februar 2011 (DAR 2011, 218) und Saarbrücken vom 29. November 2006 (NJW 2007, 309) gehindert. Es hat daher mit Beschluss vom 4. August 2015 (VRS 129, 18) die Sache gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Beantwortung folgender Rechtsfrage vorgelegt:

Ist auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß bezüglich des Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu schließen, wenn der analytische Grenzwert von 1,0 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) bei der Fahrt erreicht ist, solange nicht reale Anhaltspunkte vorliegen, die den Rückschluss vom Überschreiten des analytischen Grenzwertes auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß entkräften, und das Tatgericht veranlassen müssen, sich mit der Möglichkeit eines abweichenden Tatverlaufs auseinanderzusetzen?

Der Generalbundesanwalt ist der Rechtsauffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts beigetreten und beantragt zu beschließen:

Bei Überschreiten des analytischen Grenzwertes von 1,0 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) ist auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltspflichtverstoß bezüglich des Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu schließen, solange nicht reale Anhaltspunkte vorliegen, die den Rückschluss vom Überschreiten des analytischen Grenzwertes auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß entkräften und das Tatgericht veranlassen müssen, sich mit der Möglichkeit eines anderen Tatverlaufs auseinanderzusetzen.

III.

Die Vorlage ist gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 121 Abs. 2 GVG zulässig. Sie betrifft insbesondere eine Rechtsfrage.

1. Gegenstand der Divergenz zwischen dem vorlegenden Oberlandesgericht Oldenburg und den Oberlandesgerichten Karlsruhe – 1. Senat für Bußgeldsachen –, Stuttgart und Saarbrücken ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Tatrichter bei der Prüfung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten des Betroffenen bezüglich einer fortdauernden Cannabiswirkung im Körper schließen darf.

Während das vorlegende Oberlandesgericht Oldenburg davon ausgeht, dass allein die Feststellung einer mindestens den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut den tatrichterlichen Schluss auf ein insoweit sorgfaltswidriges Verhalten des Betroffenen tragen kann (ebenso OLG Celle, VRS 128, 297; KG, VRS 127, 244; HansOLG Bremen, DAR 2014, 588; OLG Koblenz, Blutalkohol 51, 351; OLG Frankfurt [Senat für Bußgeldsachen], NStZ-RR 2013, 47; vgl. auch OLG Hamm [3. Strafsenat], Blutalkohol 48, 288 zu Amphetamin; OLG Karlsruhe [2. Senat für Bußgeldsachen], DAR 2015, 401), vertreten die Oberlandesgerichte Karlsruhe – 1. Senat für Bußgeldsachen –, Stuttgart und Saarbrücken – letzteres tragend in dem Beschluss vom 16. März 2007 (NJW 2007, 1373) – die Auffassung, es könne bei einer „längere Zeit“ nach dem Cannabiskonsum unternommenen Fahrt an der Erkennbarkeit der fortdauernden Cannabiswirkung für den Betroffenen fehlen, so dass aus einer festgestellten THC-Konzentration im Blut, die den analytischen Grenzwert erreicht, nur bei Vorliegen weiterer Beweisanzeichen auf ein im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG fahrlässiges Verhalten des Betroffenen gefolgert werden dürfe (ebenso OLG Hamm [2. Senat für Bußgeldsachen], StraFo 2012, 287; OLG Karlsruhe [3. Senat für Bußgeldsachen], Blutalkohol 49, 108 und NZV 2011, 413; OLG Braunschweig, Blutalkohol 47, 298 – nicht tragend; OLG Zweibrücken, Blutalkohol 46, 99; OLG Frankfurt [3. Strafsenat], NStZ-RR 2007, 249; OLG Hamm [4. Senat für Bußgeldsachen], NZV 2005, 428).

Die Vorlegungsfrage betrifft die rechtlichen Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO, mithin eine Rechtsfrage (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. August 1974 – 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 366; vom 13. Januar 1970 – 4 StR 438/69, BGHSt 23, 213, 216; Quentin in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 2. Aufl., § 121 GVG Rn. 16).

2. Das Oberlandesgericht Oldenburg kann nicht wie beabsichtigt entscheiden, ohne von den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe – 1. Senat für Bußgeldsachen –, Stuttgart und Saarbrücken abzuweichen. Das Oberlandesgericht Celle hat seine entgegenstehende Rechtsauffassung mit Beschluss vom 30. April 2015 (VRS 128, 297) aufgegeben.

3. Die Vorlegungsfrage ist allerdings zu weit gefasst. Denn in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung besteht – soweit ersichtlich – Einigkeit darüber, dass derjenige fahrlässig handelt, der in zeitlicher Nähe zum Fahrtantritt Cannabis konsumiert hat und dennoch ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt, ohne sich bewusst zu machen, dass das Rauschmittel noch nicht unter den analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml abgebaut ist. In diesen Fällen wird der tatrichterliche Schluss von der festgestellten THC-Konzentration im Blut auf ein insoweit fahrlässiges Verhalten übereinstimmend für zulässig gehalten. Die für die Vorlegungssache entscheidungserhebliche Divergenz betrifft ausschließlich die Fälle, in denen das Führen des Kraftfahrzeugs nicht im zeitlichen Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt. Darüber hinaus bedarf die Vorlegungsfrage einer Präzisierung, weil aus tatsächlichen Umständen unmittelbar nur auf Tatsachen nicht auf eine rechtliche Bewertung geschlossen werden kann.

Der Senat fasst die Vorlegungsfrage daher wie folgt:

Ist der Tatrichter in Fällen, in denen die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht im zeitlichen Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt, aus Rechtsgründen gehindert, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG zu schließen?

IV.

Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus dem Tenor ersichtlich.

Ein Kraftfahrer ist nach vorangegangenem bewussten Konsum von Cannabis verpflichtet, vor Antritt der Fahrt durch gehörige Selbstprüfung – soweit erforderlich – nach Einholung fachkundigen Rats und notfalls, sofern eine eindeutige Beurteilungsgrundlage nicht zu erlangen ist, durch Abstandnahme von der Fahrt sicherzustellen, dass er nicht unter der Wirkung einer den analytischen Grenzwert zumindest erreichenden THC-Konzentration im Blut ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt (1.). Der Tatrichter ist aus Rechtsgründen nicht gehindert, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen allein aus der Feststellung einer entsprechenden THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG zu schließen (2.).

1. a) Nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG in Verbindung mit der Anlage zu dieser Vorschrift handelt unter anderem ordnungswidrig, wer unter der Wirkung von Cannabis im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, wobei gemäß § 24a Abs. 2 Satz 2 StVG eine solche Wirkung vorliegt, wenn im Blut des Fahrers eine mindestens den analytischen Grenzwert erreichende Konzentration des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol nachgewiesen wird. Der Fahrlässigkeitsvorwurf des § 24a Abs. 3 StVG bezieht sich auf die Wirkung des Cannabis im Zeitpunkt der Fahrt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Betroffene spürbare Auswirkungen des konsumierten Cannabis wahrnehmen kann oder zu einer näheren physiologischen oder biochemischen Einordnung der Wirkungen von Cannabis in der Lage ist (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 24a StVG Rn. 25b mwN). Es reicht vielmehr aus, dass der Betroffene bei der ihm möglichen Beachtung der gebotenen Sorgfalt zu der Erkenntnis gelangen kann, unter der Wirkung einer zumindest den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut zu stehen.

b) Fahrlässiges Handeln im Sinne des § 10 OWiG setzt voraus, dass der Betroffene die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Fähigkeiten verpflichtet und im Stande ist, und deshalb entweder die Verwirklichung des Tatbestands nicht erkennt oder die Möglichkeit einer Tatbestandsverwirklichung zwar realisiert, aber auf ihr Ausbleiben vertraut. Erforderlich ist ein objektiver Pflichtverstoß, der in subjektiver Hinsicht dem Betroffenen nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten zum Vorwurf gereicht (vgl. Rengier in KK-OWiG, 4. Aufl., § 10 Rn. 18, 40 mwN).

aa) Mit Blick auf die vielfältigen Gefahren, die aus dem Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr für Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer erwachsen können, ergeben sich für einen Kraftfahrzeugführer strenge Sorgfaltspflichten, die auch das Verhalten vor Antritt der Fahrt betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 17. November 1994 – 4 StR 441/94, BGHSt 40, 341, 343; vom 20. Oktober 1987 – VI ZR 280/86, VRS 74, 83, 84 ff. mwN; BayObLGSt 1996, 5). Nach den Regelungen in § 2 Abs. 1 FeV und § 31 Abs. 1 StVZO hat der Führer eines Kraftfahrzeugs vor Antritt der Fahrt für seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit umfassend Sorge zu tragen. Er muss sich, bevor er ein Kraftfahrzeug führt, stets durch sorgfältige kritische Selbstbeobachtung vergewissern, ob er nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten überhaupt in der Lage ist, den Erfordernissen des Straßenverkehrs zu genügen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 – VI ZR 280/86, aaO mwN). Bei der Einnahme von Medikamenten ist er nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen verpflichtet, sich über mögliche Auswirkungen des Medikaments auf seine Fahrtüchtigkeit zu informieren (vgl. OLG Köln, VRS 32, 349, 350 f.; OLG Braunschweig, DAR 1964, 170 f.; König in LK-StGB, 12. Aufl., § 316 Rn. 208, 219, 223 mwN).

bb) Vergleichbare Sorgfaltsanforderungen gelten im Rahmen der Vorschrift des § 24a Abs. 2 und 3 StVG, die vom Gesetzgeber als abstrakter Gefährdungstatbestand ausgestaltet worden ist (vgl. Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, BT-Drucks. 13/3764, S. 6) und den Schutz wichtiger Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit und Eigentum der Verkehrsteilnehmer bezweckt (vgl. BVerfG, DAR 2005, 70, 72). Ein Kraftfahrer, der weiß, dass er Cannabis konsumiert hat und dem die näheren Umstände seines Konsums bekannt sind, hat Anlass, sich vor Fahrtantritt mit der Möglichkeit einer fortdauernden Cannabiswirkung auseinanderzusetzen. Er ist daher verpflichtet, durch gehörige Selbstprüfung und gegebenenfalls durch Einholung fachkundigen Rats sicherzustellen, dass er nicht unter der Wirkung einer den analytischen Grenzwert mindestens erreichenden THC-Konzentration im Blut ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt. Kann er etwa wegen der von den individuellen Konsumgewohnheiten abhängenden Unwägbarkeiten beim Abbau von THC (vgl. KG, VRS 127, 244, 251 mwN) diesbezüglich keine Gewissheit erlangen, ist er gehalten, von der Fahrt Abstand zu nehmen (vgl. König, NStZ 2009, 425, 427).

cc) Diesen an einen vorangegangenen bewussten Cannabiskonsum anknüpfenden Sorgfaltsanforderungen kann ein Kraftfahrzeugführer nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen in aller Regel ohne weiteres nachkommen, so dass bei einer Pflichtverletzung – von besonderen Ausnahmekonstellationen abgesehen – auch ein subjektiv vorwerfbares Verhalten gegeben ist.

2. Die Entscheidung, ob dem Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung von Cannabis ein im dargelegten Sinne objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten zugrunde liegt, hat der Tatrichter gemäß § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO nach dem aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Beweisergebnis in freier richterlicher Beweiswürdigung zu treffen. Die richterliche Überzeugung bedarf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage, die aus rationalen Gründen den Schluss erlaubt, dass das festgestellte Geschehen mit der Wirklichkeit übereinstimmt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 487/10 Rn. 9 mwN, insoweit in NStZ-RR 2011, 275 nicht abgedruckt; Beschluss vom 24. Juni 1982 – 4 StR 183/82, NStZ 1982, 478; vgl. auch BVerfG, NJW 2008, 3346, 3347 f.; Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 42). Die auf einer solchen Tatsachengrundlage gezogenen Schlussfolgerungen des Tatrichters brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. An Beweisregeln ist der Tatrichter nicht gebunden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20; Urteil vom 9. April 2015 – 4 StR 401/14, NStZ 2015, 464, 465). Sachverhaltsvarianten, für die das aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpfte Beweisergebnis keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat, sind für die tatrichterliche Entscheidung ohne Belang (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 9. April 2015 – 4 StR 401/14, aaO; vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN).

Nach diesen allgemein für die richterliche Überzeugungsbildung nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO geltenden Grundsätzen ist es dem Tatrichter aus Rechtsgründen nicht verwehrt, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen allein aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert mindestens erreichenden THC-Konzentration im Blut des Betroffenen auf ein im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten zu schließen. Ohne hierfür sprechende konkrete tatsächliche Anhaltspunkte besteht für den Tatrichter keine Veranlassung, etwa eine nur unbewusste Cannabisaufnahme zu unterstellen oder davon auszugehen, dass der Betroffene seinen Selbstprüfungs- und Erkundigungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist.