Zum Inhalt springen
Startseite | Rechtsprechung | Rechtsprechung Ordnungswidrigkeiten | AG Lüdinghausen – Urteil v. 03.02.04

AG Lüdinghausen – Urteil v. 03.02.04

Zum Inhalt der Entscheidung: Kann nicht geklärt werden, auf welches Objekt der Visiertest durchgeführt wurde, so fehlt der Nachweis für eine ordnungsgemäß eingestellte Visiereinrichtung. Eine sichere Zuordnung der gemessenen Fahrzeuge ist dann nicht mehr möglich. 

Amtsgericht Lüdinghausen

Urteil vom  03.02.2004

19 OWi-89 Js 1828/13-3/14

Tenor:

Der Betroffene wird auf Kosten der Staatskasse, die auch seine notwendigen Auslagen trägt, freigesprochen.

Gründe:

Dem Betroffenen ist vorgeworfen worden, am 10.7.2013 um 10:03 Uhr in Lüdinghausen auf der Selmer Straße als PKW-Fahrer mit einem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen (…) in Fahrtrichtung Selm einen Geschwindigkeitsverstoß begangen zu haben. Er sei statt der dort zulässigen 50 km/h-Höchstgeschwindigkeit mit 92 km/h gefahren.

Das Gericht hat feststellen können, dass der Betroffene tatsächlich mit dem bezeichneten Fahrzeug an der Tatörtlichkeit zur Tatzeit unterwegs war. Er wurde hier von dem Polizeibeamten B aufgrund eines ihm vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes angehalten. Es konnte auch festgestellt werden, dass ein Fahrzeug an der Tatörtlichkeit den dargestellten Geschwindigkeitsverstoß begangen hat und dieser mit einem gültig geeichten Lasermessgerät des Typs Riegl LR 90 – 235/P festgestellt wurde. Nicht festgestellt werden konnte dagegen, dass es sich um das Fahrzeug des Betroffenen gehandelt hat, dass angemessen wurde, da das Gericht eine ordnungsgemäß eingestellte Visiereinrichtung nicht feststellen konnte.

Der Betroffene hat sich dahin eingelassen, dass er mit einem schwach motorisierten Smart unterwegs gewesen sei. Nach dem in Lüdinghausen sich unmittelbar vor der Stelle befindenden Kreisverkehr habe er mit diesem Fahrzeug gar nicht so schnell anfahren können, dass er eine Geschwindigkeit von 92 km/h hätte erreichen können. Es könne vielleicht sein, dass er mit 60 km/h gefahren sei. Jedenfalls sei der gegen ihn erhobene Vorwurf falsch. Der nicht verteidigte Betroffene hatte sich die Messunterlagen von der Verwaltungsbehörde zusenden lassen und wies darauf hin, dass die Zuordnung des Messergebnisses nicht sichergestellt sei. Aus dem Messprotokoll ergebe sich nämlich, dass der Test der Visiereinrichtung unzulässig auf einen Gegenstand in Entfernung von 10 m durchgeführt worden sei.

Der Polizeibeamte B, der die Messung durchgeführt hat, war erkennbar erstaunt über den Inhalt des von seinen Kollegen gefertigten Messprotokolls. Keinesfalls habe er auf einen Gegenstand in nur 10 m Entfernung die Visiereinrichtung getestet. Er könne aber auch nicht sagen, ob welches Schild er diesen Test durchgeführt habe. Der Betroffene legte dem Zeugen hierzu von ihm gefertigte Lichtbilder der Messörtlichkeit vor, die eine Sicht bis etwa zu dem bereits bezeichneten Kreisverkehr zuließen. Es waren hier im Bereich des Kreisverkehrs oder unmittelbar davor, also in mehreren 100 m Entfernung Schilder erkennbar. In dem Bereich dazwischen war lediglich in etwa 20 m Abstand von der Messstelle ein Verkehrsschild vorhanden. Ein Anmessen dieses Verkehrsschildes im Rahmen des Tests der Visiereinrichtung stellte der Zeuge aber in Abrede. Er konnte aber auch nicht mehr klar sagen, welches Verkehrsschild er denn dann angemessen hatte. Üblicherweise führe er den Test der Visiereinrichtung auf dasselbe Objekt durch, auf das auch der so genannte Nulltest durchgeführt werde. Herr B hatte erkennbar keine eigene Erinnerung an den Vorfall. Er konnte aber im Rahmen weiterer Nachfrage zu einer möglichen anderweitigen Zuordnung des Messergebnisses erklären, dass er nur einzelne Fahrzeuge messe. Dies werde dann auch in den entsprechenden Messprotokollen durch den Zusatz „Einzelfahrzeug“ oder Ankreuzen in einer entsprechenden Spalte festgehalten. Die Verlesung des Messprotokolls konnte aber nicht klären, was an Tattage im Rahmen der Durchführung der Tests und der Durchführung der Messung des Betroffenen geschehen war. Für die Nullmessung war in dem Messprotokoll eine Entfernung von 267 m angegeben. Diese Nullmessung wäre also zulässig gewesen. An der Stelle, an der gemäß Protokoll festzuhalten wäre, auf welches Objekt diese Nullmessung durchgeführt wurde heißt es dann schlicht und einfach durch handschriftliche Eintragung „0“. Im Rahmen des Tests der Visiereinrichtung dagegen wird als Objekt, auf das gezielt wurde „VZ“ angegeben und damit ein zu erwartendes Kürzel für das Wort „Verkehrszeichen“. Gleichzeitig ist handschriftlich für die Entfernung dieses Verkehrszeichens: „10m“ eingetragen. Diese Angabe ist offensichtlich falsch. Sie ist auch nicht etwa als offensichtlicher Verschreiber o.ä. erklärbar durch einen Vergleich mit dem durchgeführten Nulltest. Die Zahl 10 und die Zahl 267 weisen nämlich keinerlei Ähnlichkeiten auf. Da auch im Weiteren Messprotokoll für die Messung des Betroffenen nicht festgestellt wurde, dass es sich um eine Messung eines Einzelfahrzeuges handelte, geht das Gericht zwar davon aus, dass die Nullmessung ordnungsgemäß stattgefunden hat und damit die Messung an sich als Messung mit einem standardisierten Messverfahren anzusehen ist, dass aber gleichzeitig die nicht von der Standardisierung umfasste Zuordnungssicherheit, die durch den Test der Visiereinrichtung sichergestellt werden soll gerade nicht festgestellt werden kann. Angesichts der sich aus dem Messprotokoll ergebenden Messeentfernung von 268 m kann das Gericht damit nicht ausschließen, dass angesichts des dokumentierten Tests der Visiereinrichtung im Bereich von nur vollkommen fehlerhaften „10 m“ die Visiereinrichtung derart falsch eingestellt war, dass ganz andere Fahrzeuge gemessen wurden als die, die die Polizei vor Ort angehalten hat.

Dementsprechend war der Betroffene aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 467 StPO, 46 OWiG.