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VGH München – Beschluss vom 26.08.24

Amtlicher Leitsatz: Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass zur Klärung der Fahreignung bei Alkoholproblematik gemäß § 13 FeV der Blutalkoholgehalt zum maßgeblichen Zeitpunkt der Trunkenheitsfahrt im Wege der Rückrechnung aus einer später entnommenen Blutprobe ermittelt werden darf. Dabei sind ein Abbauwert von 0,1 ‰ pro Stunde und eine Resorptionsphase von zwei Stunden nach Trinkende zu Grunde zu legen.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Beschluss v. 26.08.2024

11 ZB 24.856

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.

Der Kläger begehrt die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 30. Dezember 2021 verurteilte das Amtsgericht Hersbruck den Kläger wegen einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt (§ 316 Abs. 1, Abs. 2 StGB) zu einer Geldstrafe, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist von sechs Monaten für deren Wiedererteilung an. Nach den Feststellungen des Strafbefehls führte der Kläger am 26. September 2021 gegen 13:35 Uhr ein Kraftfahrzeug, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Infolge seiner Alkoholisierung geriet er mit dem Fahrzeug zu weit nach links und stieß mit dem linken Außenspiegel gegen den linken Außenspiegel des entgegenkommenden Fahrzeugs, der dabei abgerissen wurde. Ein um 14:10 Uhr durchgeführter Atemalkoholtest ergab dem Polizeibericht zufolge einen Wert von 0,86 mg/l und die dem Kläger um 15:17 Uhr entnommene Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 1,52 ‰. Gegenüber der Polizei hatte er angegeben, er habe zwischen 18 Uhr am Vortag und 6 Uhr am Tattag sechs bis sieben Bier getrunken.

Am 20. Januar 2022 beantragte der Kläger beim Landratsamt Nürnberger Land (Fahrerlaubnisbehörde) die Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis. Dieses forderte ihn gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf, bis zum 9. Juni 2022 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung der Frage vorzulegen, ob er das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum sicher trennen könne. Auf den Einwand seines Prozessbevollmächtigten, dass eine Blutalkoholkonzentration von nur 1,52 ‰ festgestellt sei, verwies das Landratsamt unter anderem darauf, dass zwischen dem Tatzeitpunkt und der Blutentnahme mehr als eineinhalb Stunden lägen, so dass sich ausgehend von der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,52 ‰ und einem anzunehmenden stündlichen Alkoholabbau von 0,1 ‰ eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr zum Tatzeitpunkt ergebe.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2022 lehnte das Landratsamt den Neuerteilungsantrag ab. Aus der Nichtvorlage des Gutachtens sei auf mangelnde Fahreignung zu schließen.

Ein Antrag des Klägers, den Beklagten durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Erteilung der Fahrerlaubnis zu verpflichten, blieb ebenso wie die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung erfolglos (VG Ansbach, B.v. 14.11.2022 – AN 10 E 22.1903; BayVGH, B.v. 7.3.2023 – 11 CE 22.2487).

Die vom Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. August 2022 erhobene Klage auf Erteilung der Fahrerlaubnis hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 19. April 2024 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis ohne medizinisch-psychologische Untersuchung. Die Fahrerlaubnisbehörde habe die ermittelte Blutalkoholkonzentration von 1,52 ‰ heranziehen, daraus auf den Zeitpunkt der Trunkenheitsfahrt zurück- bzw. hochrechnen können und der Beibringungsanordnung somit eine Blutalkoholkonzentration von jedenfalls 1,6 ‰ zugrunde legen dürfen. Die Bindungswirkung des Strafbefehls, dem sich keine auf den Tat- bzw. Unfallzeitpunkt bezogene Feststellung der Alkoholisierung entnehmen lasse, stehe dem nicht entgegen. Auf die gemessene Atemalkoholkonzentration von 0,86 mg/l und den klägerischen Einwand, das bei der Messung verwendete Gerät sei nicht geeicht, komme es im Hinblick auf die durch Rückrechnung ermittelte Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit nicht an. Mangels Entscheidungserheblichkeit könne auch offenbleiben, ob ausreichende Zusatztatsachen für die Anwendbarkeit der Auffangvorschrift des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV vorgelegen hätten, die auch bei Werten unterhalb von 1,6 ‰ die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen würden.

Zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen.

1. Wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist die Berufung zuzulassen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der Ausgangsentscheidung mit schlüssigen Argumenten in Frage stellt (st Rspr, vgl. BVerfG, B.v. 18.3.2022 – 2 BvR 1232/20BayVBl 2023, 176 Rn. 23 m.w.N.). Aus der Antragsbegründung des Klägerbevollmächtigten ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung die Auskunft der Polizeiinspektion Hersbruck vom 24. Januar 2024 nicht gewürdigt, wonach es sich bei dem verwendeten Atemalkoholmessgerät um ein Vortestgerät gehandelt habe, für das weder eine Bauartzulassung noch eine Konformitätsbewertung noch eine Eichung vorliege und dessen Ergebnisse nicht gerichtsverwertbar seien, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Für das Verwaltungsgericht waren die Messgenauigkeit des Geräts und die Verwertbarkeit des festgestellten AAK-Werts von 0,86 mg/l nicht entscheidungserheblich. Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. August 2024 (BGBl I Nr. 266), ordnet die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift („oder“) genügt damit eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder eine Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l, also das Erreichen eines dieser beiden Werte (BayVGH, B.v. 7.2.2024 – 11 CS 23.2313 – juris Rn. 16).

Das Verwaltungsgericht ist im Fall des Klägers von einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr ausgegangen. Dies reicht für die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aus. Auf die Höhe der Atemalkoholkonzentration und die Frage der Verwertbarkeit der Messung im Hinblick auf das dabei verwendete Gerät kam es somit nicht an. Der Senat hat in seiner Entscheidung im Eilverfahren hierzu ausdrücklich ausgeführt, dass dieser Frage im Hauptsacheverfahren (nur) dann nachzugehen sei, wenn es darauf entscheidungserheblich ankomme (B.v. 7.3.2023 – 11 CE 22.2487 – juris Rn. 24). Da dies jedoch nicht der Fall war, bestand für das Verwaltungsgericht keine Veranlassung, darauf näher einzugehen.

b) Hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht durch Rückrechnung ermittelten Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit bestehen ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Hierzu hat der Senat in seinem Beschluss vom 7. März 2023 (11 CE 22.2487 – juris Rn. 25 ff.) ausgeführt, zwischen dem Unfall (gegen 13:35 Uhr) und der Blutentnahme (15:17 Uhr) hätten gut eineinhalb Stunden gelegen. Im Strafrecht sei anerkannt, dass der Blutalkoholgehalt zur Tatzeit regelmäßig im Wege der Rückrechnung aus dem Blutalkoholwert im Zeitpunkt der Blutentnahme zu ermitteln sei. Mit Blick auf die sog. Resorptionsphase unterbleibe dabei grundsätzlich eine Hochrechnung für den Zeitraum von zwei Stunden nach Trinkende. Für die nachfolgende Zeit sei, wenn wie hier nicht die Schuldfähigkeit, sondern das Maß der Fahrunsicherheit inmitten stehe, ein Abbauwert von 0,1 ‰ pro Stunde zu Grunde zu legen. Im Fahrerlaubnisrecht als Gefahrenabwehrrecht müsse eine solche Rück- bzw. Hochrechnung in der sog. Eliminationsphase umso mehr zulässig sein. Nach eigenen Angaben habe der Kläger zuletzt am Tattag um 6 Uhr Alkohol zu sich genommen, so dass danach ohne Weiteres von einer Überschreitung von 1,6 ‰ zur Tatzeit auszugehen sei. Einen Nachtrunk habe die Polizei in dem Protokoll und Antrag zur Feststellung von Alkohol im Blut als ausgeschlossen angesehen.

Gegen die Richtigkeit dieser Annahme, der sich das Verwaltungsgericht ausdrücklich angeschlossen hat, und gegen die Ermittlung der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit durch Rückrechnung, die – soweit ersichtlich – im Fahrerlaubnisrecht in der Rechtsprechung und Literatur überwiegend für zulässig erachtet wird (vgl. neben den vom Senat in seinem Beschluss vom 7.3.2023 – 11 CE 22.2487 – juris Rn. 27 zitierten Fundstellen u.a. NdsOVG, B.v. 30.4.2024 – 12 ME 19/24 – juris Rn. 42; OVG MV, B.v. 19.3.2019 – 3 M 291/18 OVG – NordÖR 2019, 250/252; VG Cottbus, U.v. 29.6.2017 – 1 K 680/16 – juris Rn. 22; U.v. 27.3.2014 – 1 K 405/12 – juris Rn. 47; VG Trier, U.v. 30.1.2017 – 1 K 2124/16.TR – juris Rn. 40; VG Gelsenkirchen, B.v. 4.1.2017 – 7 L 2908/16 – juris Rn. 8; VG München; U.v. 27.9.2011 – M 1 K 11.2974 – juris Rn. 16-18; zur Rückrechnung hinsichtlich der Ermittlung der Fahrtüchtigkeit in Strafverfahren mit dem Mindestabbauwert von 0,1 ‰ unter Berücksichtigung einer zweistündigen Resorption nach Trinkende zuletzt BayObLG, B.v. 15.8.2023 – 203 StRR 317/23 – DAR 2023, 709 Rn. 6 ff. m.w.N.; Hentschel/Krumm, Fahrerlaubnis Alkohol Drogen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, 8. Auflage 2023, S. 63 ff.), hat die Antragsbegründung keine durchgreifenden Einwendungen erhoben. Geht man hier von diesem Abbauwert und einer Blutentnahme eine Stunde und 42 Minuten nach Fahrtende aus, lag die Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt der Fahrt bei deutlich mehr als 1,6 ‰ (1,52 ‰ + 0,17 ‰).

c) Soweit der Klägerbevollmächtigte zur Begründung seines Zulassungsantrags auf die Ausführungen des Senats in Rn. 29 ff. des Beschlusses vom 7. März 2023 (11 CE 22.2487) und das dort zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. März 2021 (3 C 3.20BVerwGE 172, 18) Bezug nimmt, kam es darauf für das Verwaltungsgericht ebenfalls nicht entscheidungserheblich an. Es handelt sich dabei um nicht entscheidungstragende („abgesehen davon …“) Erwägungen des Senats dazu, dass die Beibringungsanordnung neben § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV voraussichtlich auch auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützt werden könne, weil zumindest die hohe Alkoholkonzentration des Klägers bereits zur Mittagszeit als Zusatztatsache im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Betracht komme, die auch bei weniger als 1,6 ‰ hinreichenden Verdacht auf Alkoholmissbrauch und Zweifel an der Fahreignung begründe. Nachdem das Verwaltungsgericht jedoch von einem Wert von mehr als 1,6 ‰ zum Tatzeitpunkt und damit vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ausgegangen ist, konnte es die Frage, ob und wenn ja welche Zusatztatsachen im Fall des Klägers anzunehmen sind, offenlassen.

d) Aus der vom Klägerbevollmächtigten angeführten Bindungswirkung des Strafbefehls gemäß § 3 Abs. 4 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310, 919), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. August 2024 (BGBl I Nr. 266), ergeben sich ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Nach § 3 Abs. 4 StVG darf im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren nicht zum Nachteil des Fahrerlaubnisinhabers von den Feststellungen des Sachverhalts, der Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Strafurteil, im Strafbefehl oder in der gerichtlichen Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, abgewichen werden. Abgesehen von der Frage, ob diese Vorschrift im Neuerteilungsverfahren überhaupt entsprechend anwendbar ist, trifft der Strafbefehl vom 30. Dezember 2021 zur Blutalkoholkonzentration des Klägers im Tatzeitpunkt am 26. September 2021 gegen 13:35 Uhr keine Feststellungen. Die allenfalls bindende Feststellung, von der die Fahrerlaubnisbehörde und das Verwaltungsgericht im Übrigen ausgegangen sind, betrifft die Blutalkoholkonzentration von 1,52 ‰ bei der Blutentnahme um 15:17 Uhr. Zu der für § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV allein maßgeblichen Frage der Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt der Fahrt (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Auflage 2023, § 13 FeV Rn. 23b) verhält sich der Strafbefehl nicht.

Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ, a.a.O. § 124a Rn. 72; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 124a VwGO Rn. 102 ff.). Dabei ist in Auseinandersetzung mit der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur darzulegen, in welchem Sinne und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (Roth in BeckOK VwGO, Posser/Wolff/Decker, Stand 1.7.2024, § 124a Rn. 76). Der bloße Hinweis, die Rechtsfrage sei bislang noch nicht ober- oder höchstrichterlich entschieden worden, reicht allein ebensowenig (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 124a Rn. 212) wie die bloße kritische Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung ohne Herausarbeitung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Auflage 2020, § 124a Rn. 52).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Antragsbegründung nicht gerecht. Es fehlt bereits an einer klaren Frageformulierung. Die Ausführungen beschränken sich darauf, das Bundesverwaltungsgericht habe – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden, ob bei einer nach dem Tatzeitpunkt festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,52 ‰ ohne entsprechende Zusatztatsachen eine Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt zulässig sei. Abgesehen davon, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. März 2021 (3 C 3.20BVerwGE 172, 18 Rn. 39) – wenn auch in anderem Zusammenhang (einmalige Fahrt unter hoher Alkoholkonzentration i.S.v. Nr. 3.13.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung) bei einer rund 30 Minuten nach der Verkehrskontrolle entnommenen Blutprobe mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,3 ‰ eine „Rückrechnung auf den Zeitpunkt des Vorfalls“ und den sich daraus ergebenden Rückrechnungswert von mindestens 1,35 ‰ und höchstens1,62 ‰ ausdrücklich erwähnt, ohne dies in Frage zu stellen, entspricht die Rückrechnung im Fahrerlaubnisrecht – wie oben ausgeführt – herrschender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung. Damit setzt sich die Antragsbegründung mit keinem Wort auseinander.

Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 46.2, 46.3, 46.5 und 46.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die begehrte Fahrerlaubnis der Klasse A mit den Schlüsselzahlen 79.03, 79.04 sowie der Klasse CE mit der Schlüsselzahl 79 (C1E > 12.000 kg, L ≤ 3) wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2014 – 11 CS 13.2342BayVBl 2014, 373 = juris Rn. 22 ff.).

Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).