Amtlicher Leitsatz: Die regelmäßige Nutzung einer Straße oder eines Wegs als bloßer Verkehrsteilnehmer kann grundsätzlich keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein verkehrsregelndes Einschreiten nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO begründen.(Rn.8)
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss vom 27.02.2025
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2024 – 8 K 4362/24 – geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht für beide Rechtszüge auf jeweils 2.500,– EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Die am 03.01.2025 eingelegte und am 23.01.2025 begründete Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den ihr am 23.12.2024 zugestellten Beschluss ist zulässig. Die Antragsgegnerin hat insbesondere die Fristen zur Einlegung und Begründung der Beschwerde eingehalten (§ 146 Abs. 4 Satz 1, § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.12.2024, mit dem diese im Weg der einstweiligen Anordnung verpflichtet wurde, vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss eines gegebenenfalls noch anhängig zu machenden Hauptsachverfahrens den in ihrem Gemeindegebiet liegenden und auf den Grundstücken mit den Flst.-Nrn. xx, xx und xx verlaufenden Fuß- und Radweg auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. xx (D.straße xx) sowie auf Höhe des Bahnhofs (Bereich des Fahrradständers) mit den Verkehrszeichen 239 (Gehweg) und 1022-10 StVO (Fahrräder frei) zu beschildern, hat Erfolg.
II. Die Beschwerde ist auch begründet. Auf Grundlage der den Darlegungsanforderungen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) genügenden Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ist die verwaltungsgerichtliche Entscheidung zu ändern.
Die Antragsgegnerin stützt ihre Beschwerde mit näherer Begründung im Wesentlichen darauf, der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei wegen der dem Antragsteller fehlenden Antragsbefugnis unzulässig und außerdem unbegründet. Das Verwaltungsgericht habe unzutreffend eine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers für möglich gehalten bzw. angenommen. Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 StVO sei jedoch grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Interessen Einzelner gerichtet. Der Einzelne könne nur dann einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein verkehrsregelndes Einschreiten haben, wenn die Verletzung seiner geschützten Interessen in Betracht komme. Dies sei in sogenannten Anlieger-Fällen anzunehmen. Es reiche hingegen nicht aus, dass der Antragsteller regelmäßiger Nutzer des Wegs sei.
Mit dieser Begründung dringt die Antragsgegnerin durch. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist abzulehnen.
1. Der Antrag ist wegen fehlender Antragsbefugnis schon unzulässig.
Im subjektivrechtlich ausgestalteten Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung ist ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur zulässig, wenn der Antragsteller antragsbefugt ist. Die Antragsbefugnis setzt nach der auch bei Leistungsbegehren sowie im einstweiligen Rechtsschutzverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO zum Ausschluss von Popularrechtsbehelfen voraus, dass der Rechtsschutzsuchende die Verletzung eigener Rechte geltend macht. Damit muss auf Grundlage seines Vorbringens die Verletzung eines ihm zustehenden subjektiven Rechts möglich erscheinen. Diese Möglichkeit fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Rechtsschutzsuchenden verletzt sein können (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 10.06.2009 – 1 BvR 198/08 – juris Rn. 12; BVerwG, Urteile vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 19, vom 29.04.2020 – 7 C 29.18 – juris Rn. 15 und vom 28.11.2019 – 7 C 2.18 – juris Rn. 15). Es bedarf für die Antragsbefugnis damit eines Rechtssatzes, der auch dem Schutz der Interessen von Personen zu dienen bestimmt ist, die sich in der Lage des Antragstellers befinden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.06.2009 – 1 BvR 198/08 – Rn. 12; Wahl/Schütz in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 42 Abs. 2 VwGO Rn. 71, 85; Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl., § 42 Rn. 66).
Einen solchen Rechtssatz kann der Antragsteller nicht für sich in Anspruch nehmen. Er beruft sich insbesondere ohne Erfolg darauf, § 45 Abs. 1 StVO vermittele ihm ein subjektives Recht gegenüber der zuständigen Behörde – hier der örtlichen Straßenverkehrsbehörde nach § 2 Abs. 1 StVOZustG BW – auf die Aufstellung der Verkehrsschilder 239 (Gehweg) und 1022-10 (Fahrräder frei) zu seinem Schutz als regelmäßiger Nutzer des verfahrensgegenständlichen Wegs, weil das dort angeordnete Verbot für Kraftfahrzeuge (Verkehrszeichen 260, vgl. Anlage 2 der StVO lfd. Nr. 34) nicht ausreiche, um die vom Radverkehr ausgehenden Gefährdungen für Fußgänger wie ihn auszuschließen.
Subjektive Rechte vermitteln nur solche Rechtsvorschriften, die nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz individueller Rechte dienen. Sie müssen das individuell geschützte private Interesse, die Art seiner Verletzung und den Kreis der unmittelbar geschützten Personen hinreichend deutlich klarstellen und abgrenzen. Drittschutz wird damit nur dann gewährt, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 40, vom 28.03.2019 – 5 CN 1.18 – juris Rn. 19 und vom 11.10.2016 – 2 C 11.15 – juris Rn. 27). Die Norm muss den abgegrenzten Kreis der geschützten Personen zwar nicht ausdrücklich benennen; sie muss auch nicht in ihrer vollen Reichweite dem Schutz individueller Interessen dienen. Allerdings muss sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lassen, der sich hinreichend von der Allgemeinheit unterscheidet, sodass zusätzlich zu dem von einer Vorschrift angestrebten objektiv-rechtlichen Interessenausgleich zwischen Allgemein- und Einzelinteressen die Einräumung einer besonderen Rechtsposition zu Gunsten eines hinreichend bestimmten Personenkreises erkennbar ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 40, vom 28.11.2007 – 6 C 42.06 – juris Rn. 11, vom 10.10.2002 – 6 C 8.01 – juris Rn. 24, vom 16.09.1993 – 4 C 28.91 – juris Rn. 16 und vom 22.01.1971 – VII C 48.69 – juris Rn. 14).
Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich § 45 Abs. 1 StVO kein subjektives Recht des Antragstellers entnehmen, das ihm mit Blick auf den verfahrensgegenständlichen Weg allein gestützt auf dessen regelmäßige Nutzung einen Anspruch auf behördliches Handeln vermitteln könnte.
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten oder den Verkehr umleiten. Es ist allgemein anerkannt, dass § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO damit grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Belange Einzelner im Straßenverkehr gerichtet ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.12.1993 – 11 C 45.92 – juris Rn. 18, vom 02.08.1989 – 7 B 62.89 – juris Rn. 2, vom 03.07.1986 – 7 B 141.85 – juris Rn. 3, vom 04.06.1986 – 7 C 76.84 – juris Rn. 10 und vom 29.06.1983 – 7 C 102.82 – Rn. 9; Beschluss vom 13.06.1980 – VII C 32.77 – juris Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 29.01.2009 – 5 S 149/08 – juris Rn. 38 und vom 28.02.2002 – 5 S 1121/00 – juris Rn. 20; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl., § 45 StVO Rn. 28d; Wolf in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 45 StVO Rn. 111; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 1481). Es reicht insoweit nicht aus, dass Anordnungen nach § 45 Abs. 1 StVO andere Verkehrsteilnehmer mittelbar begünstigen, um den Schutz von Individualinteressen durch diese Vorschrift anzunehmen. Denn der Kreis der Verkehrsteilnehmer ist nicht bestimmt genug. Er ist vielmehr unübersehbar, sodass nicht angenommen werden kann, der Verordnungsgeber habe dem einzelnen Verkehrsteilnehmer grundsätzlich eine rechtlich geschützte Position zur Wahrung seiner Interessen einräumen wollen. Letztlich sind alle Verkehrsteilnehmer durch die von den Anordnungen ausgehende Schutzwirkung erfasst, was deutlich zeigt, dass es in der Regel um die Interessen der Allgemeinheit an der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs geht (zum Ganzen vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1971 – VII C 48.69 – juris Rn. 15 zur im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO a. F.).
Nur ausnahmsweise kann § 45 Abs. 1 StVO dem Schutz von Individualinteressen dienen und dem Einzelnen ein – auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung begrenztes – subjektives Recht vermitteln, wenn Betroffene vor Einwirkungen des Straßenverkehrs zu schützen sind, die nach allgemeiner Anschauung das zumutbare Maß übersteigen (vgl. BVerwG, Urteile vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 45, vom 22.12.1993 – 11 C 45.92 – juris Rn. 18, vom 02.08.1989 – 7 B 62.89 – juris Rn. 2 und vom 04.06.1986 – 7 C 76.84 – juris Rn. 10; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 29.01.2009 – 5 S 149/08 – juris Rn. 38 und vom 28.02.2002 – 5 S 1121/00 – juris Rn. 20; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl., § 45 StVO Rn. 28d; Wolf in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 45 StVO Rn. 111). Insofern kommt insbesondere die Regelung in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO als Anspruchsgrundlage für den Erlass straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.06.1986 – 7 C 76.84 – juris Rn. 10; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 29.01.2009 – 5 S 149/08 – juris Rn. 38 und vom 29.03.1994 – 5 S 1781/93 – juris Rn. 18). Nach dieser Vorschrift können Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten, um die – ausdrücklich individualisiert benannte – Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen zu schützen. Auch darüber hinaus können grundsätzlich lediglich (erheblich betroffene) Anlieger bei unzumutbaren Verkehrseinwirkungen einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein verkehrsregelndes Einschreiten nach § 45 Abs. 1 StVO geltend machen (zum räumlichen und sachlichen Umfang des straßenverkehrsrechtlichen Drittschutzes für Anlieger vgl. Valentiner, NVwZ 2024, 1844, 1845; Ottl, jM 2024, 466, 467). Nur diese bilden einen erkennbar abgegrenzten Kreis von Personen, die sich durch das objektive Kriterium der Lage des von ihnen bewohnten Grundstücks von der Allgemeinheit unterscheiden und von den Verkehrseinwirkungen zwangsläufig in besonderer Weise berührt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 43).
So hat das Bundesverwaltungsgericht ein subjektives Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde über ein Einschreiten wegen eines regelmäßig verbotswidrig beparkten Gehwegs für Anwohner, allerdings ausdrücklich auf die eigene Straßenseite im Straßenabschnitt bis zur Einmündung der nächsten Querstraße beschränkt, anerkannt (Urteil vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 42 f., 62). Außerdem hat es einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einschreiten für einen Anwohner, der seine Garagenausfahrt bei auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkenden Fahrzeugen nicht nutzen konnte, bejaht (Urteil vom 22.01.1971 – VII C 48.69 – juris Rn. 16). Im Übrigen hat es eine obergerichtliche Entscheidung (OVG Niedersachsen, Urteil vom 28.03.1985 – 12 A 123/83 – juris) bestätigt, in der ein Anspruch auf die Aufstellung einer Wechsellichtzeichenanlage für einen Kläger mit Hofstelle an einer Bundesstraße und Weideland auf der anderen Straßenseite eingeräumt wurde, da er auf eine sichere Verkehrsabwicklung bei dem regelmäßig notwendigen Viehtrieb über die Straße angewiesen war (Beschluss vom 03.07.1986 – 7 B 141.85 – juris Rn. 3).
Die Situation des Antragstellers ist mit diesen Fällen, in denen sich die Rechtsschutzsuchenden auf eine räumliche Zuordnung zu einer Gefahrenstelle oder zu einer besonderen Belastung durch Einwirkungen des Straßenverkehrs berufen konnten, nicht vergleichbar. Eine solche zwangsläufige Betroffenheit von der Verkehrssituation – wie etwa die eines Anliegers – macht der Antragsteller nicht geltend. Er beruft sich vielmehr lediglich auf die regelmäßige (nahezu tägliche) Nutzung des Wegs. Das persönliche Nutzungsverhalten führt aber nicht dazu, dass Nutzer von Straßen und Wegen, die nicht deren Anlieger und die auch nicht aus sonstigen Gründen wegen einer besonderen räumlichen Zuordnung auf deren Nutzung angewiesen sind, zu einem von der Allgemeinheit abgegrenzten Personenkreis mit individuell geschützten Interessen an der Nutzung gehören. Sie sind nicht zwangsläufig unzumutbaren Einwirkungen des Straßenverkehrs ausgesetzt, sondern ausschließlich selbst Teil des Verkehrs und damit der Allgemeinheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 43), deren Belange in ihrer Gesamtheit im Rahmen von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO mit dem Ziel der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs abgewogen werden. Die (regelmäßige) Nutzung einer Straße oder eines Wegs als bloßer Verkehrsteilnehmer kann hier mithin keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein verkehrsregelndes Einschreiten nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO begründen.
2. Darüber hinaus wäre der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz auch unbegründet (zur Frage, ob eine Entscheidung in einem Klageverfahren zugleich auf prozessrechtliche und sachlich-rechtliche Gründe gestützt werden kann, vgl. BVerwG, Urteil vom 12.07.2000 – 7 C 3.00 – juris Rn. 17; Beschlüsse vom 06.11.2017 – 5 PKH 13.17 D – juris Rn. 11 und vom 05.02.2015 – 5 B 29.14 – juris Rn. 12 f.). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu ist nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, dass ein Anordnungsanspruch gegeben ist, also die tatsächlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt sind, und ein Anordnungsgrund besteht, das heißt eine vorläufige gerichtliche Regelung erforderlich ist.
a. Mit dem Beschwerdevorbringen geht auch der Senat davon aus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat. Er hat keinen Anspruch auf den Erlass der von ihm begehrten straßenverkehrsrechtlichen Anordnung oder auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag.
Dies folgt schon daraus, dass dem Antragsteller, wie bereits dargelegt, kein subjektives Recht zusteht, aus dem er einen Anspruch auf die Aufstellung der begehrten Verkehrsschilder 239 (Gehweg) und 1022-10 (Fahrräder frei) oder jedenfalls auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein verkehrsregelndes Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde im Hinblick auf den verfahrensgegenständlichen Weg herleiten könnte.
Im Übrigen ist dem Verwaltungsgericht nicht zu folgen, wenn es davon ausgeht, dass dem Antragsteller ein gebundener Anspruch auf die von ihm begehrte Beschilderung zusteht. Zutreffend führt die Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift aus, dass § 45 Abs. 1 StVO dem Einzelnen allenfalls einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein verkehrsregelndes Einschreiten vermittelt. Da die Vorschrift den Erlass verkehrsrechtlicher Anordnungen, selbst wenn die rechtlichen Voraussetzungen – hier nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 Satz 1 und 3 StVO – gegeben sein sollten, in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Behörde stellt, kann grundsätzlich nur ein auf ermessensfehlerfreie Entscheidung gerichteter Anspruch gegeben sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 49, vom 03.07.1986 – 7 B 141.85 – juris Rn. 3 und vom 22.01.1971 – VII C 48.69 – juris Rn. 15; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 42 Rn. 409). Ein Anspruch auf eine bestimmte Verkehrsraumgestaltung wäre nur denkbar, wenn die Behörde ausschließlich auf eine einzige Weise ermessensfehlerfrei handeln könnte und ihr Ermessen damit auf Null reduziert wäre. Besondere Umstände, die für eine solche Ermessensreduzierung sprechen, vermag der Senat hier nicht zu erkennen.
Im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 Satz 1 und 3 StVO ist die Auswahl der verkehrsregelnden Maßnahmen regelmäßig nicht in bestimmter Weise vorgezeichnet, sondern es ist der Straßenverkehrsbehörde aufgrund ihres Sachverstands und ihres Erfahrungswissens vorbehalten festzulegen, welche von mehreren in Betracht zu ziehenden Mitteln den bestmöglichen Erfolg verspricht (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.09.2010 – 3 C 32.09 – juris Rn. 35 und vom 05.04.2001 – 3 C 23.00 – juris Rn. 33). Aufgabe der Straßenverkehrsbehörde ist es dabei, die Interessen der Nutzer des öffentlichen Straßenraums zu einem angemessenen Ausgleich bringen. Hierzu muss sie unter anderem die gegebenenfalls gegenläufigen Interessen der verschiedenen Nutzergruppen ermitteln und nicht nur isoliert einzelne Wege oder Straßen betrachten, sondern auch die Umgebung berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2024 – 3 C 5.23 – juris Rn. 55).
Auf dieser Grundlage vermag der Senat die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht zu teilen, dass die Behörde nur bei der Anordnung eines Gehwegs (Verkehrszeichen 239, vgl. Anlage 2 der StVO lfd. Nr. 18) mit Freigabe für den Radverkehr über ein Zusatzzeichen (Verkehrszeichen 1022-10) ermessensfehlerfrei handeln würde. Zur Begründung der entsprechenden Ermessensreduzierung auf Null stützt sich das Verwaltungsgericht im Wesentlichen darauf, das von der Antragsgegnerin aufgestellte Verkehrszeichen 260 (Verbot für Kraftfahrzeuge, vgl. Anlage 2 der StVO lfd. Nr. 34) sei wegen der besonderen örtlichen Verhältnisse und der daraus resultierenden Gefahrenlage allein nicht geeignet, um die Belange sämtlicher Verkehrsteilnehmer, die den gemeinsamen Fuß- und Radweg benutzten, angemessen zu berücksichtigen. Da eine gemeinsame Führung von Rad- und Fußgängerverkehr auf dem verfahrensgegenständlichen Weg nicht angezeigt sei, bedürfe es einer ausdrücklichen Regelung des Verhältnisses von Fußgängern und Radfahrern. Vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin den Weg nicht als einen für Radfahrer benutzungspflichtigen Weg ausgestalten wolle, bleibe allein die von dem Antragsteller begehrte Anordnung der Verkehrszeichen 239 und 1022-10 StVO.
Weder aus diesen Ausführungen noch aus anderen derzeit für den Senat ersichtlichen Gründen ergibt sich, dass keine andere Maßnahme denkbar wäre, die die Straßenverkehrsbehörde in rechtmäßiger Ausübung ihres Ermessens treffen könnte.
So lassen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter anderem die Berücksichtigung umliegender Straßen und Wege sowie eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit einer getrennten Führung von Fußgänger- und Radverkehr vermissen. Nach dem Inhalt der dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten hat die Antragsgegnerin im Verwaltungsverfahren unter anderem angeführt, der verfahrensgegenständliche Weg werde seit jeher von vielen Schülern als Schulweg mit dem Fahrrad genutzt, was möglich bleiben solle, zumal es für die Fußgänger Alternativen ohne nennenswerten Umweg gebe (vgl. Bl. 38 f. der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin). Für den geplanten Radschnellweg zwischen H. und B. auf dem verfahrensgegenständlichen Weg sollten Fußgänger auf einen anderen, bereits bestehenden Weg umgeleitet werden (vgl. Bl. 38 der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin). Das Regierungspräsidium Stuttgart betonte gegenüber der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang das Ziel eines flächendeckenden, durchgängigen Netzes alltagstauglicher Radverbindungen zwischen Mittel- und Oberzentren entlang der wichtigsten Siedlungsachsen im Land und merkte an, die beste Lösung sei, den Radverkehr getrennt vom Fußgängerverkehr zu führen, wozu es bei der Antragsgegnerin Pläne geben solle (vgl. Bl. 63 f. der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin). Nach alledem wäre zumindest eine nähere Betrachtung des erwähnten Alternativwegs für Fußgänger ohne nennenswerten Umweg angezeigt.
Im Übrigen verhält sich das Verwaltungsgericht auch nicht dazu, dass der Antragsteller in den Jahren 2020 bis 2023, in denen gerade die jetzt von dem Verwaltungsgericht als alternativlos angesehene Verkehrsregelung angeordnet war, gegenüber der Antragsgegnerin mit zahlreichen schriftlichen Eingaben immer wieder gerügt hat, der verfahrensgegenständliche Weg sei für eine gemeinsame Nutzung von Fußgängern und Radfahrern ungeeignet und die Beschilderung als für den Radverkehr freigegebener Gehweg unzulässig (vgl. Bl. 2 f., 6, 11, 26, 33 ff., 52 der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin). Ebenso unerwähnt bleibt, dass nach der Einschätzung der Polizei auch zu Zeiten der Geltung der von dem Verwaltungsgericht angeordneten Verkehrsregelung Radfahrer auf dem verfahrensgegenständlichen Weg mit relativ hohen Geschwindigkeiten gefahren seien, es darüber hinaus aber nichts Berichtenswertes gegeben habe und kein Unfall auf der Strecke polizeilich festgestellt worden sei (vgl. Bl. 18, 37, 39 der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin). Auch vor diesem Hintergrund liegt es selbst für den Fall, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 Satz 1 und 3 StVO gegeben sein sollten, nah, der zuständigen Behörde zu überlassen, weitere Lösungsansätze, darunter – als eine von mehreren Möglichkeiten – eine getrennte Führung von Fußgänger- und Radverkehr, in Erwägung zu ziehen und gegebenenfalls zu verfolgen.
b. Zuletzt weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller eine besondere Dringlichkeit und damit einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat, weil nichts dafür vorgetragen worden ist, dass der Antragsteller gerade auf die Nutzung des verfahrensgegenständlichen Wegs unabdingbar angewiesen wäre (vgl. auch Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 1482).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 63 Abs. 2 und 3, §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. der Empfehlung in Nummer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, unter § 163 VwGO).