"Vorfahrt gewähren" gilt bis zum vollständigen Verlassen der Kreuzung

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Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 27.05.14 (VI ZR 279/13) ausgeführt, dass die Vorfahrt im Bereich von Kreuzungen und Einmündungen so lange gilt, bis das vorfahrtberechtigte Fahrzeug den Kreuzungsbereich vollständig verlassen hat.

Im Streitfall ging es um eine Verkehrssituation an einer Kreuzung mit einer nach links abknickenden Vorfahrtsstraße. Der Verlauf der Straße war auf der Kreuzung durch gestrichelte Linien markiert. Ein Busfahrer befuhr diese Straße. Im Bereich der Kreuzung verließ er den durch die gestrichelten Linien markierten Bereich, um eine neben der Fahrbahn befindliche Bushaltestelle anzufahren.  Der Unfallgegner befuhr eine wartepflichtige Straße und wollte nach links in die Vorfahrsstraße einbiegen. Der Busfahrer hatte den durch die gestrichelten Linien markierten Bereich der Vorfahrtsstraße bereits verlassen, als es zu Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen kam.

Der BGH stellte fest, dass der Bus Vorfahrt hatte, auch wenn er die fahrbahnbegrenzende Linie verlassen hatte. Wenn ein Fahrer nicht dem Verlauf einer nach links abknickenden Vorfahrtsstraße folgt, sondern geradeaus weiterfährt,  hat er im gesamten Kreuzungsbereich Vorfahrt gegenüber den von rechts kommenden Fahrzeugen.

Die Betriebsgefahr des Busses war in diesem Fall gegenüber der des PKW nicht erhöht, weil die größere Masse des Busses sich nicht auf den Unfallhergang ausgewirkt hat.