Die Vergütung eines Rechtsanwalts, der als Verteidiger in einem Strafverfahren tätig wird, kann nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen (insbesondere § 3a RVG) vereinbart werden. Wird keine Vergütungsvereinbarung getroffen, berechnen Rechtsanwälte ihre Vergütung in der Regel nach den Vorgaben des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) . Das Vergütungsverzeichnis (VV) zum RVG enthält in Abschnitt 4 sogenannte Rahmengebühren für die Tätigkeit in einem Strafverfahren. Die Gebührenvorschriften geben einen Gebührenrahmen (Mindest- und Höchstbetrag der Gebühr) vor, aus dem die konkrete Höhe der jeweiligen Gebühr bestimmt wird. Das Vergütungsverzeichnis zum RVG gibt Nettobeträge an, die Mehrwertsteuer in Höhe von derzeit 19 Prozent ist somit hinzuzurechnen.
1. Grundgebühr, Terminsgebühren
Für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall erhält der Verteidiger eine Grundgebühr (Nr 4100 VV).Diese Gebühr fällt für die erstmalige Befassung mit der Angelegenheit an.
Für die Teilnahme an den bei Nr. 4102 VV genannten Terminen erhält der Verteidiger für jeden Termin zusätzlich eine Terminsgebühr. In durchschnittlichen Verkehrsstrafsachen sind solche Termine außerhalb der Hauptverhandlung jedoch eher selten. Während des sogenannten vorbereitenden Verfahrens beschränkt sich die Tätigkeit des Verteidigers meist auf Schriftverkehr mit den Behörden.
Auszug aus dem VV RVG:
Nr. | Gebührentatbestand | Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 oder § 49 RVG | |
Wahl- anwalt | gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt | ||
Vorbemerkung 4: (1) Für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Privatklägers, eines Nebenklägers, eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligten, eines Verletzten, eines Zeugen oder Sachverständigen und im Verfahren nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz sind die Vorschriften entsprechend anzuwenden. (2) Die Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. (3) Die Terminsgebühr entsteht für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Der Rechtsanwalt erhält die Terminsgebühr auch, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Dies gilt nicht, wenn er rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins in Kenntnis gesetzt worden ist. (4) Befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, entsteht die Gebühr mit Zuschlag. (5) Für folgende Tätigkeiten entstehen Gebühren nach den Vorschriften des Teils 3: 1. im Verfahren über die Erinnerung oder die Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 464b StPO) und im Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über diese Erinnerung, 2. in der Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen, die über einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch oder die Erstattung von Kosten ergangen sind (§§ 406b, 464b StPO), für die Mitwirkung bei der Ausübung der Veröffentlichungsbefugnis und im Beschwerdeverfahren gegen eine dieser Entscheidungen. Abschnitt 1 Vorbemerkung 4.1: Unterabschnitt 1 |
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Wahl- anwalt | gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt | ||
4100 | Grundgebühr (1) Die Gebühr entsteht für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall nur einmal, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. (2) Eine wegen derselben Tat oder Handlung bereits entstandene Gebühr 5100 ist anzurechnen. |
30,00 bis 300,00 EUR | 132,00 EUR |
4101 | Gebühr 4100 mit Zuschlag | 30,00 bis 375,00 EUR | 162,00 EUR |
4102 | Terminsgebühr für die Teilnahme an 1. richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen, 2. Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft oder eine andere Strafverfolgungsbehörde, 3. Terminen außerhalb der Hauptverhandlung, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird, 4. Verhandlungen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs sowie 5. Sühneterminen nach § 380 StPO Mehrere Termine an einem Tag gelten als ein Termin. Die Gebühr entsteht im vorbereitenden Verfahren und in jedem Rechtszug für die Teilnahme an jeweils bis zu drei Terminen einmal. |
30,00 bis 250,00 EUR | 112,00 EUR |
4103 | Gebühr 4102 mit Zuschlag | 30,00 bis 312,50 EUR | 137,00 EUR |
2. Vorbereitendes Verfahren
Für die Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren (das ist die Zeit vom Beginn des Verfahrens bis zu dem bei Nr. 4104 VV genannten Verfahrensabschnitten) erhält der Verteidiger außerdem eine Verfahrensgebühr.
Auszug aus dem VV RVG:
Unterabschnitt 2 Vorbereitendes Verfahren Vorbemerkung 4.1.2: |
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Wahl- anwalt | gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt | ||
4104 | Verfahrensgebühr Die Gebühr entsteht für eine Tätigkeit in dem Verfahren bis zum Eingang der Anklageschrift, des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht oder im beschleunigten Verfahren bis zum Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird. |
30,00 bis 250,00 EUR | 112,00 EUR |
4105 | Gebühr 4104 mit Zuschlag | 30,00 bis 312,50 EUR | 137,00 EUR |
3. Gerichtliches Verfahren
Für das gerichtliche Verfahren fällt eine weitere Verfahrensgebühr an. Für die Teilnahme an einem gerichtlichen Verhandlungsterminen fällt außerdem eine Terminsgebühr an. Bei mehreren Verhandlungsterminen entsteht für jeden die Terminsgebühr gesondert.
Auszug aus dem VV RVG:
Unterabschnitt 3 Gerichtliches Verfahren Erster Rechtszug |
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Wahl- anwalt | gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt | ||
4106 | Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht | 30,00 bis 250,00 EUR | 112,00 EUR |
4107 | Gebühr 4106 mit Zuschlag | 30,00 bis 312,50 EUR | 137,00 EUR |
4108 | Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag in den in Nummer 4106 genannten Verfahren | 60,00 bis 400,00 EUR | 184,00 EUR |
4109 | Gebühr 4108 mit Zuschlag | 60,00 bis 500,00 EUR | 224,00 EUR |
4110 | Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt nimmt mehr als 5 und bis 8 Stunden an der Hauptverhandlung teil: Zusätzliche Gebühr neben der Gebühr 4108 oder 4109 |
92,00 EUR | |
4111 | Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt nimmt mehr als 8 Stunden an der Hauptverhandlung teil: Zusätzliche Gebühr neben der Gebühr 4108 oder 4109 |
184,00 EUR | |
4112 | Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor der Strafkammer Die Gebühr entsteht auch für Verfahren 1. vor der Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach Nummer 4118 bestimmt, 2. im Rehabilitierungsverfahren nach Abschnitt 2 StrRehaG. |
40,00 bis 270,00 EUR | 124,00 EUR |
4113 | Gebühr 4112 mit Zuschlag | 40,00 bis 337,50 EUR | 151,00 EUR |
4114 | Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag in den in Nummer 4112 genannten Verfahren | 70,00 bis 470,00 EUR | 216,00 EUR |
4115 | Gebühr 4114 mit Zuschlag | 70,00 bis 587,50 EUR | 263,00 EUR |
4116 | Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt nimmt mehr als 5 und bis 8 Stunden an der Hauptverhandlung teil: Zusätzliche Gebühr neben der Gebühr 4114 oder 4115 |
108,00 EUR | |
4117 | Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt nimmt mehr als 8 Stunden an der Hauptverhandlung teil: Zusätzliche Gebühr neben der Gebühr 4114 oder 4115 |
216,00 EUR | |
4118 | Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach den §§ 74a und 74c GVG Die Gebühr entsteht auch für Verfahren vor der Jugendkammer, soweit diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören. |
80,00 bis 580,00 EUR | 264,00 EUR |
4119 | Gebühr 4118 mit Zuschlag | 80,00 bis 725,00 EUR | 322,00 EUR |
4120 | Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag in den in Nummer 4118 genannten Verfahren | 110,00 bis 780,00 EUR | 356,00 EUR |
4121 | Gebühr 4120 mit Zuschlag | 110,00 bis 975,00 EUR | 434,00 EUR |
4122 | Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt nimmt mehr als 5 und bis 8 Stunden an der Hauptverhandlung teil: Zusätzliche Gebühr neben der Gebühr 4120 oder 4121 |
178,00 EUR | |
4123 | Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt nimmt mehr als 8 Stunden an der Hauptverhandlung teil: Zusätzliche Gebühr neben der Gebühr 4120 oder 4121 |
356,00 EUR | |
3. Zusätzliche Gebühr
Nach Nr. 4141 VV kann der Verteidiger eine zusätzliche Gebühr berechnen, wenn aufgrund seiner Tätigkeit das Verfahren erledigt oder eine Hauptverhandlung entbehrlich wird.
Auszug aus dem VV RVG:
Unterabschnitt 5 Zusätzliche Gebühren |
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4141 | Durch die anwaltliche Mitwirkung wird die Hauptverhandlung entbehrlich: Zusätzliche Gebühr (1) Die Gebühr entsteht, wenn 1. das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird oder 2. das Gericht beschließt, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen oder 3. sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl, der Berufung oder der Revision des Angeklagten oder eines anderen Verfahrensbeteiligten erledigt; ist bereits ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, entsteht die Gebühr nur, wenn der Einspruch, die Berufung oder die Revision früher als zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen wird. (2) Die Gebühr entsteht nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist. (3) Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Rechtszug, in dem die Hauptverhandlung vermieden wurde. Für den Wahlanwalt bemisst sich die Gebühr nach der Rahmenmitte. |
in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr (ohne Zuschlag) | |
(…) | |||
Für bestimmte Tätigkeiten können darüber hinaus weitere Gebühren anfallen. Falls der Verteidiger neben der Verteidigung auch in bezug auf eine Einziehung tätig wird (z.B. die Strafverfolgungsbehörden betreiben die Einziehung eines bei der Tat benutzten PKW), so entsteht hierfür nach Nr. 4142 VV RVG eine weitere Gebühr. Ist der Verteidiger in einer besonders umfangreichen oder schwierigen Strafsache tätig, kann er außerdem nach § 42 RVG einen Antrag auf Festsetzung einer sogenannten Pauschgebühr statt der gesetzlichen Vergütung stellen. Diese Besonderheiten haben in durchschnittlichen verkehrsrechtlichen Verfahrenskonstellationen (z.B. Unfallflucht, Trunkenheitsfahrt, Gefährdung des Straßenverkehrs) eher untergeordnete Bedeutung.
5. Auslagen, Post- und Telekommunikation, Mehrwertsteuer
Seine Auslagen (z.B. Reisekosten) kann der Verteidiger seinem Mandanten ebenfalls in Rechnung stellen. Auslagen für Post- und Telekommunikation können entweder nach dem tatsächlichen Aufwand oder pauschal (20 Prozent der Gebühren, maximal 20,00 €) berechnet werden. Wie gesagt kommt zu allen Gebühren und Auslagen außerdem die gesetzliche Mehrwertsteuer von zur Zeit 19 Prozent hinzu.
Beispielrechnung:
1. Der Verteidiger ist mit der Verteidigung eines Beschuldigten in einem Ermittlungsverfahren beauftragt. Der Verteidiger nimmt Akteneinsicht, kopiert 44 Seiten aus der amtlichen Akte, bespricht die Angelegenheit mit dem Mandanten und fertigt eine Einlassung. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage. Der Verteidiger vertritt den Mandanten weiterhin gegenüber dem Gericht und nimmt an dem Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht als Verteidiger teil. Es werden jeweils Mittelgebühren (Durchschnitt aus dem Höchstsatz und dem Mindestsatz der Gebühren) zugrunde gelegt:
Grundgebühr, Nr. 4100 VV | 165,00 € |
Verfahrensgebühr, vorbereitendes Verfahren, Nr. 4104 VV | 140,00 € |
Verfahrensgebühr, gerichtliches Verfahren, Nr. 4106 VV | 140,00 € |
Terminsgebühr für Hauptverhandlung, Nr. 4108 VV | 230,00 € |
Telekommunikation und Post, Nr. 7002 VV | 20,00 € |
Dokumentenpauschale für Ablichtungen aus amtlichen Ermittlungsakten, 44 Ablichtungen, Nr. 7000 Ziffer 1a) VV |
22,00 € |
Summe netto | 717,00 € |
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19 % Umsatzsteuer | 136,23 € |
Gesamt | 853,23 € |