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Vorsatz als Tatbestandsmerkmal im Strafrecht

Vorsatz im Strafrecht

Das Strafrecht in Deutschland ist in einen allgemeinen Teil und einen besonderen Teil unterteilt. Während der allgemeine Teil grundlegende Regelungen enthält, die für viele Straftaten gelten, beschreibt der besondere Teil die einzelnen Straftatbestände. Einer der zentralen Begriffe im Strafrecht ist der Vorsatz, der in § 15 StGB geregelt ist. Grundsätzlich ist nur vorsätzliches Handeln strafbar, es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich eine Bestrafung für fahrlässiges Verhalten vor.

Dieser Artikel erläutert, was Vorsatz bedeutet, welche Vorsatzformen es gibt und warum die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit oft von großer praktischer Bedeutung ist.

Der subjektive Tatbestand: Vorsatz

Nach § 15 StGB gilt:

„Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.“

Das bedeutet, dass ein Straftatbestand im Regelfall nur dann erfüllt ist, wenn der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Der Vorsatz wird dabei als „Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung“ definiert. Dies bedeutet, dass eine Person sich der wesentlichen Tatumstände bewusst ist und den tatbestandlichen Erfolg entweder gezielt herbeiführen oder ihn zumindest billigend in Kauf nehmen muss.

Die Rechtsprechung präzisiert diese Definition folgendermaßen:

„Vorsatz ist Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner Tatumstände“ (BGH, Urt. v. 05.05.1964 – Az. 1 StR 26/64).

Da der Vorsatz sowohl ein Wissens- als auch ein Wollenselement umfasst, gibt es unterschiedliche Formen des Vorsatzes.

Die unterschiedlichen Vorsatzformen: Absicht, direkter Vorsatz und Eventualvorsatz

1. Absicht (dolus directus 1. Grades)

Die Absicht ist die stärkste Form des Vorsatzes. Sie liegt vor, wenn der Täter den tatbestandlichen Erfolg gezielt herbeiführen will. Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Erfolg sicher eintreten wird, solange der Täter ihn anstrebt.

Beispiel: Ein Einbrecher bricht in ein Haus ein, um Wertgegenstände zu stehlen. Sein Ziel ist der Diebstahl, daher handelt er mit Absicht.

2. Direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades)

Beim direkten Vorsatz weiß der Täter sicher oder hält es für sicher, dass sein Handeln den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt, selbst wenn dies nicht sein eigentliches Ziel ist.

Beispiel: Ein Bankräuber schießt auf einen Wachmann, um zu entkommen. Ihm ist bewusst, dass er den Wachmann dabei verletzt oder tötet, auch wenn dies nicht sein direktes Ziel ist.

3. Eventualvorsatz (dolus eventualis)

Der Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter es ernstlich für möglich hält, dass sein Verhalten den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt, und dies billigend in Kauf nimmt. Dies ist die schwächste Form des Vorsatzes und die Mindestanforderung für eine vorsätzliche Tat.

Beispiel: Ein Autofahrer rast mit hoher Geschwindigkeit durch eine enge Fußgängerzone. Er weiß, dass er dabei Menschen verletzen könnte, nimmt dies aber billigend in Kauf.

Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und (bewusster) Fahrlässigkeit

Ein häufiges Problem in der Praxis ist die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit.

  • Eventualvorsatz: Der Täter hält den Erfolgseintritt für möglich und nimmt ihn billigend in Kauf.
  • Bewusste Fahrlässigkeit: Der Täter hält den Erfolgseintritt zwar für möglich, vertraut aber darauf, dass es nicht dazu kommt.

Diese Unterscheidung ist insbesondere für die Strafzumessung entscheidend. Bei einer vorsätzlichen Tat sind die Strafen meist deutlich höher als bei fahrlässigem Handeln.

Beispiel:

  • Ein Fahrer fährt mit erhöhter Geschwindigkeit durch eine rote Ampel.
    • Eventualvorsatz: Er nimmt bewusst in Kauf, dass er dabei einen Unfall verursacht.
    • Bewusste Fahrlässigkeit: Er glaubt, dass schon nichts passieren wird.

Diese Unterscheidung kann den Unterschied zwischen einer Geldstrafe und einer mehrjährigen Freiheitsstrafe ausmachen.

Bedeutung des Vorsatzes im Strafrecht

Da der Vorsatz in den meisten Straftatbeständen eine zwingende Voraussetzung ist, hat seine Feststellung erhebliche Konsequenzen für das Strafverfahren:

  • Liegt kein Vorsatz vor, kann eine Verurteilung nur erfolgen, wenn eine fahrlässige Begehung im Gesetz vorgesehen ist.
  • Die Art des Vorsatzes beeinflusst die Höhe der Strafe erheblich.

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