§ 315b Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr
1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2. Hindernisse bereitet oder
3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB umfasst bewusste Manipulationen am Straßenverkehr, die eine erhebliche Gefahr für Menschen oder Sachwerte darstellen.
Was ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?
Gemäß § 315b StGB macht sich strafbar, wer die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigt, indem er:
- Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
- Hindernisse bereitet oder
- einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.
Dabei handelt es sich oft nicht um Verkehrsteilnehmer selbst, sondern um Personen, die von außen auf den Straßenverkehr einwirken.
Beispiele für gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr
Die nachfolgenden Situationen können den Tatbestand erfüllen:
- Werfen von Gegenständen auf Fahrbahnen oder Fahrzeuge (z. B. von Autobahnbrücken)
- Entfernen von Gullideckeln
- Beschädigung oder Entfernen von Ampeln, Verkehrsschildern oder Sperren
- Hindernisse auf die Fahrbahn bringen oder nicht beseitigen (z. B. Öl nach einem Unfall nicht entfernen)
- Blendung von Fahrern mit Laserpointern oder starken Lichtern
- Manipulation an Bremsleitungen oder Radmuttern von Fahrzeugen
- Schubsen einer Person auf eine befahrene Straße
- Beifahrer greift ins Lenkrad des Fahrers
- Einsatz eines Fahrzeugs als Waffe (z. B. abruptes Abbremsen, um nachfolgende Fahrzeuge zu schädigen)
Wann liegt kein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vor?
Nicht jede gefährliche Situation auf der Straße erfüllt den Straftatbestand des § 315b StGB. Gerichte haben in bestimmten Fällen entschieden, dass keine Strafbarkeit nach diesem Paragraphen vorliegt:
- BGH-Urteil vom 21.06.2016 (4 StR 1/16): Bloßes starkes Abbremsen nach einem Überholvorgang stellt keinen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr dar, sondern kann allenfalls als Nötigung oder Gefährdung gewertet werden.
- BGH-Urteil vom 30.06.2015 (4 StR 188/15): Das Durchbrechen einer Polizeisperre stellt zwar eine Gefährdung dar, ist aber kein gefährlicher Eingriff, weil das Fahrzeug als Fluchtfahrzeug genutzt wurde und nicht zur gezielten Gefährdung anderer.
- BGH-Urteil vom 12.04.2011 (4 StR 22/11): Ein fingierter Unfall fällt nicht unter § 315b StGB, wenn der Fahrer nur sich selbst oder sein eigenes Fahrzeug schädigt. Hier liegt eher eine Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) vor.
- BGH-Beschluss vom 22.11.11 (4 StR 522/11): Handlungen ohne – zumindest bedingten – Schädigungsvorsatz stellen keinen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr dar. Ein bloßer Gefährdungsvorsatz reicht nicht aus (bestätigt durch BGH, Beschluss v. 15.03.17).
Welche Strafe droht für einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr?
Die Sanktionen richten sich nach der Schwere des Falls. Der Grundtatbestand sieht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Die Strafen im Überblick:
Tatbestand | Strafe |
---|---|
Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre |
… Gefahr fahrlässig verursacht | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre |
… bei fahrlässiger Handlung Gefahr fahrlässig verursacht | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahre |
Versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre |
Gefährlicher Eingriff mit der Absicht, einen Unfall oder eine Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken | Freiheitsstrafe zwischen 1 und 10 Jahren |
… minder schwerer Fall | Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 5 Jahren |
Gefährlicher Eingriff mit schwerer Gesundheitsbeschädigung oder mehreren Verletzten | Freiheitsstrafe zwischen 1 und 10 Jahren |
… minder schwerer Fall | Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 5 Jahren |
Weitere Konsequenzen
Neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe drohen zusätzliche Nebenstrafen:
- Fahrverbot von bis zu sechs Monaten (+ 2 Punkte in Flensburg)
- Entziehung der Fahrerlaubnis (+ 3 Punkte in Flensburg), wenn der Täter sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist
- Schadensersatzforderungen durch geschädigte Personen
Wann verjährt ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?
Die Verfolgungsverjährung beträgt gemäß § 78 StGB fünf Jahre. Das bedeutet, dass Strafverfolgungsbehörden innerhalb dieser Zeit ermitteln und Anklage erheben müssen. Die Vollstreckungsverjährung richtet sich nach der jeweiligen Strafe:
- Freiheitsstrafe über 5 bis 10 Jahre: 20 Jahre Verjährungsfrist
- Freiheitsstrafe über 1 bis 5 Jahre: 10 Jahre Verjährungsfrist
- Freiheitsstrafe bis 1 Jahr oder Geldstrafe über 30 Tagessätze: 5 Jahre Verjährungsfrist
- Geldstrafe bis 30 Tagessätze: 3 Jahre Verjährungsfrist
Rechtsprechung zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)
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