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Fahrlässigkeit als Tatbestandsmerkmal im Strafrecht

Fahrlässigkeit

Das deutsche Strafrecht unterscheidet grundsätzlich zwischen vorsätzlichen und fahrlässigen Straftaten. Während Vorsatz in den meisten Delikten eine zwingende Voraussetzung ist, gibt es auch Straftatbestände, die ausdrücklich fahrlässiges Handeln unter Strafe stellen.

Nach § 15 StGB gilt der Grundsatz:

„Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.“

Das bedeutet, dass eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für fahrlässige Taten nur besteht, wenn das Gesetz eine solche explizit vorsieht. Dieser Artikel erklärt, was Fahrlässigkeit im Strafrecht bedeutet, welche Formen es gibt und warum die Abgrenzung zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit in der Praxis von großer Bedeutung ist.

Was ist Fahrlässigkeit im Strafrecht?

Fahrlässigkeit bedeutet, dass eine Person eine Sorgfaltspflicht verletzt und dadurch unbeabsichtigt eine Straftat begeht. Sie wird oft als „die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ beschrieben.

Das bedeutet, dass ein Täter nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit handelt und dadurch eine Tat begeht, die bei pflichtgemäßem Verhalten vermeidbar gewesen wäre. Der entscheidende Unterschied zum Vorsatz liegt darin, dass der Täter den Erfolg nicht will, sondern ihn durch mangelnde Sorgfalt herbeiführt.

Beispiel: Ein Autofahrer übersieht ein Stopp-Schild und verursacht einen Unfall. Hätte er auf die Verkehrsregeln geachtet, hätte er den Unfall vermeiden können.

Die Formen der Fahrlässigkeit

1. Unbewusste Fahrlässigkeit

Bei der unbewussten Fahrlässigkeit erkennt der Täter nicht, dass er eine Gefahr schafft oder eine Tat verwirklicht, obwohl er es hätte erkennen können und müssen.

Beispiel: Ein Bauarbeiter sichert eine Baustelle nicht ausreichend, und ein Passant verletzt sich durch herabfallende Gegenstände. Der Bauarbeiter dachte nicht an die Gefahr, hätte sie aber durch ordnungsgemäße Absicherung verhindern können.

2. Bewusste Fahrlässigkeit

Bei der bewussten Fahrlässigkeit erkennt der Täter die Möglichkeit des Erfolgseintritts, vertraut aber darauf, dass es nicht dazu kommen wird.

Beispiel: Ein Autofahrer fährt bei starkem Regen mit überhöhter Geschwindigkeit, obwohl er weiß, dass die Gefahr eines Aquaplanings besteht. Er vertraut darauf, dass er die Kontrolle behält, verliert jedoch die Herrschaft über sein Fahrzeug und verursacht einen Unfall.

Die bewusste Fahrlässigkeit grenzt sich somit vom Eventualvorsatz ab, bei dem der Täter den Erfolg nicht nur für möglich hält, sondern ihn billigend in Kauf nimmt.

Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz

Die Abgrenzung zwischen bewusster Fahrlässigkeit und Eventualvorsatz ist ein häufiges Problem in der Praxis. Sie ist entscheidend für die Strafzumessung:

  • Eventualvorsatz: Der Täter hält den Erfolgseintritt für möglich und nimmt ihn billigend in Kauf.
  • Bewusste Fahrlässigkeit: Der Täter hält den Erfolgseintritt für möglich, vertraut aber darauf, dass es nicht passiert.

Beispiel:

  • Eventualvorsatz: Ein Fahrer rast durch eine rote Ampel und sagt sich: „Wenn jemand verletzt wird, dann ist das eben so.“
  • Bewusste Fahrlässigkeit: Der Fahrer weiß, dass es gefährlich ist, aber denkt: „Es wird schon gutgehen.“

Fahrlässigkeit im Strafgesetzbuch (StGB)

Das Strafgesetzbuch sieht in verschiedenen Vorschriften eine Bestrafung fahrlässiger Taten vor. Hier einige Beispiele:

Bedeutung der Fahrlässigkeit in der Praxis

Fahrlässigkeit ist insbesondere im Straßenverkehrsrecht von großer Bedeutung. Viele Unfälle beruhen auf fahrlässigem Verhalten, etwa durch überhöhte Geschwindigkeit, Ablenkung durch das Handy oder das Überfahren einer roten Ampel.

Für Beschuldigte kann die Feststellung, ob sie bewusst fahrlässig oder eventuell vorsätzlich gehandelt haben, erhebliche Auswirkungen auf das Strafmaß haben. Die Verteidigung im Strafverfahren konzentriert sich oft darauf, nachzuweisen, dass eine Tat nur fahrlässig begangen wurde, um eine mildere Strafe zu erhalten.


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