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Auffahrunfall

Die Redensart „Wer auffährt, ist schuld“ bezeichnet den Anscheinsbeweis zu Lasten des Auffahrenden. Er trifft häufig, aber nicht ausnahmslos zu. Je nach den zu berücksichtigen Einzelheiten des Unfalls kann eine Haftungsaufteilung in Betracht kommen.


I. Auffahren auf ein stehendes Fahrzeug

1. Auf der Autobahn braucht der fließende Verkehr nicht mit auf der Fahrbahn haltenden Fahrzeugen zu rechnen (§ 18 Abs. 8 StVO).

Bei einem Auffahrunfall auf ein verunfalltes Fahrzeug trifft dessen Halter zumindest die einfache Betriebsgefahr des Fahrzeuges. Verletzt der Fahrer seine Verkehrssicherungspflichten nach § 15 StVO, kann sich der Haftungsanteil noch erhöhen. Dies gilt insbesondere bei Sichtbehinderungen durch Dunkelheit oder Nebel.

Bei liegengebliebenen Fahrzeugen, die noch in die Fahrbahn hineinragen, trifft deren Halter ebenfalls mindestens die einfache Betriebsgefahr; im Falle eines Verstoßes gegen die Pflichten des § 15 StVO sogar noch ein höherer Haftungsanteil.

2. Auf sonstigen Straßen ist grundsätzlich von einer Alleinhaftung des Fahrers des auffahrenden Fahrzeugs auszugehen. Eine Mithaftung des anderen Verkehrsteilnehmer kommt jedoch in Betracht, wenn dieser an einer unübersichtlichen Stelle (z.B. in einer Kurve) angehalten oder geparkt hat. Eine Mithaftung bis zu 2/3 kommt ebenfalls in Betracht, wenn das stehende Fahrzeug bei Sichtbehinderungen durch Dunkelheit oder Nebel nur unzureichend kenntlich gemacht wurde. Dies gilt ebenfalls für liegengebliebene Fahrzeuge, die nicht ausreichend gemäß § 15 StVO gesichert wurden.

II. Auffahren auf ein vorausfahrendes abbremsendes Fahrzeug

Wer auf ein abbremsendes Fahrzeug auffährt, haftet für den entstandenen Schaden i.d.R. allein, sofern das Abbremsen des vorausfahrenden Fahrzeugs verkehrsbedingt und angemessen war, dies kann auch bei einer abrupten Vollbremsung der Fall sein.

1. Auf der Autobahn kommt eine Mithaftung des Erstfahrzeuges in Betracht, wenn dieses zu stark abbremst oder kurz vorher die Fahrspur gewechselt hat ohne sich zu vergewissern, ob diese frei ist.

2. Auf sonstigen Straßen ist auch hier von der Alleinhaftung des Auffahrenden auszugehen. Eine Mithaftung des Vorausfahrenden kann jedoch in Betracht kommen, wenn dieser stark abbremst z.B. weil er selbst ein Bremsmanöver des ihm Vorausfahrenden zu spät bemerkt hat.  Dies gilt insbesondere in einer sogenannten instabilen Fahrzeugkolonne, also z.B. beim Anfahren nach einer Ampel im Großstadtverkehr. Eine Mithaftung kommt auch in Betracht wenn die Bremsleuchten des Vorausfahrenden nicht funktionieren.

3. Wenn ein Fahrzeug ein anderes Fahrzeug überholt und kurz nach dem Wiedereinscheren stark abbremst liegt eine hälftige Mithaftung nahe.

4. Bei Bremsmanövern wegen eines Tieres und eines dadurch bedingten Auffahrunfalls kommt es auf die Größe des Tieres an. Bei kleineren Tieren wird teilweise von der Rechtsprechung kein ausreichender Grund für ein Abbremsen gesehen und daher dem Fahrer des abbremsenden Fahrzeug eine Mitverursachung zugewiesen.

5. Wer ohne Grund absichtlich stark abbremst trägt im Regelfall die Alleinverursachung für einen hierdurch verursachten Verkehrsunfall. (so z.B, wenn der Vorausfahrende nur abbremst, um den hinter ihm fahrenden Verkehrsteilnehmer zu maßregeln (LG Mönchengladbach, Urteil vom 25.08.08).


III. Auffahrunfall auf ein vorausfahrendes Fahrzeug

Bei Auffahrunfällen auf vorausfahrende Fahrzeuge ist von einer Alleinhaftung des Auffahrenden auszugehen.

1. Wenn das vorausfahrende Fahrzeug sehr langsam fährt kann dies eine Mithaftung begründen, insbesondere in Situationen, in denen der nachfolgende Verkehr nicht mit langsam fahrenden Fahrzeugen rechnet. Falls das vorausfahrende Fahrzeug bei Dunkelheit schlecht beleuchtet ist kann dies zu einer Alleinhaftung des Vorausfahrenden führen.

2. Bei Auffahrunfällen auf der Autobahn ist ein Anscheinsbeweis regelmäßig nicht anwendbar, wenn zwar feststeht, dass vor dem Unfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen nicht aufklärbar ist (BGH, Urteil vom 13.12.11)

 


Rechtsprechung: