Ein Verkehrsunfall kann nicht nur materielle Schäden am Fahrzeug verursachen, sondern auch dazu führen, dass der Geschädigte für eine gewisse Zeit kein Fahrzeug zur Verfügung hat. In solchen Fällen besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Allerdings setzt dieser Anspruch voraus, dass der Nutzungswille des Geschädigten nachgewiesen wird.
1. Was ist der Nutzungswille?
Der Nutzungswille bezeichnet die Absicht des Geschädigten, sein Fahrzeug tatsächlich weiterhin zu nutzen. Damit eine Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht werden kann, muss nachgewiesen werden, dass das Fahrzeug ohne den Unfall weiterhin genutzt worden wäre. Die reine Möglichkeit der Nutzung reicht nicht aus – der Geschädigte muss aktiv nachweisen, dass er das Fahrzeug genutzt hätte.
2. Voraussetzungen für die Nutzungsausfallentschädigung
Die Nutzungsausfallentschädigung kann bei einem Kraftfahrt-Haftpflichtschaden nicht fiktiv abgerechnet werden. Stattdessen muss der Geschädigte nachweisen, dass:
- eine Reparatur des Unfallfahrzeugs durchgeführt wurde oder
- ein Ersatzfahrzeug beschafft wurde.
Dieser Nachweis dient dazu zu belegen, dass das Fahrzeug weiterhin genutzt worden wäre, wenn der Unfall nicht eingetreten wäre.
3. Vermutung des Nutzungswillens
In vielen Fällen wird der Nutzungswille vermutet, wenn der Geschädigte zeitnah nach dem Unfall eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung veranlasst. Erfolgt dies innerhalb eines angemessenen Zeitraums, spricht dies automatisch für die Absicht, das Fahrzeug weiterhin zu nutzen.
Allerdings kann diese Vermutung durch eine unangemessene Verzögerung widerlegt werden. Falls der Geschädigte zu lange mit der Reparatur oder der Ersatzbeschaffung wartet, kann der Versicherer oder das Gericht annehmen, dass gar kein Nutzungswille bestand. In diesem Fall entfällt der Anspruch auf Nutzungsausfall vollständig.
4. Gründe für Verzögerungen: Wann bleibt der Anspruch erhalten?
Falls sich die Reparatur oder Ersatzbeschaffung verzögert, kann der Anspruch auf Nutzungsausfall nur aufrechterhalten werden, wenn der Geschädigte nachvollziehbare Gründe für die Verzögerung darlegen kann.
Gründe, die in der Regel nicht anerkannt werden:
- Warten auf die Bestätigung der Eintrittspflicht des Haftpflichtversicherers
- Abwarten des Haftpflichtprozesses
Gründe, die anerkannt werden können:
- Finanzielle Schwierigkeiten, wenn der Geschädigte nachweisen kann, dass er die Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht selbst finanzieren konnte und keine Kasko-Versicherung oder Kreditmöglichkeiten zur Verfügung standen.
- Falls finanzielle Probleme der Grund für die Verzögerung sind, sollte der Geschädigte den gegnerischen Haftpflichtversicherer frühzeitig informieren. Andernfalls könnte der Versicherer im Nachhinein einwenden, er hätte einen Vorschuss auf die Schadenzahlung geleistet, wenn ihm die finanzielle Situation bekannt gewesen wäre.
5. Konsequenzen eines nicht nachgewiesenen Nutzungswillens
Kann der Geschädigte die Vermutung des fehlenden Nutzungswillens nicht widerlegen, entfällt der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung vollständig. Der Anspruch wird in einem solchen Fall nicht nur gekürzt, sondern komplett gestrichen.
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