Ein fremdverschuldeter Verkehrsunfall kann nicht nur Fahrzeugschäden verursachen, sondern auch die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs einschränken. Der Geschädigte hat in diesem Fall grundsätzlich zwei Möglichkeiten: die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs oder die Geltendmachung einer Nutzungsausfallentschädigung.
1. Voraussetzungen für die Nutzungsausfallentschädigung
Damit eine Nutzungsausfallentschädigung beansprucht werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
1.1 Fehlende Gebrauchsmöglichkeit
- Der Geschädigte kann nur dann Nutzungsausfall beanspruchen, wenn das Fahrzeug tatsächlich nicht nutzbar war.
- Falls das Fahrzeug nach dem Unfall noch verkehrssicher ist, kann der Nutzungsausfall nur für den tatsächlichen Reparaturzeitraum geltend gemacht werden.
- Steht dem Geschädigten ein Mietwagen oder ein verfügbarer Zweitwagen zur Verfügung, entfällt der Anspruch auf Nutzungsausfall.
1.2 Nachweis des Nutzungswillens und der Nutzungsmöglichkeit
- Der Geschädigte muss nachweisen, dass er das Fahrzeug weiterhin genutzt hätte.
- Ein Anspruch besteht nur, wenn entweder eine Reparatur des Unfallfahrzeugs oder eine Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs erfolgt.
- Der Nachweis kann durch eine Reparaturrechnung, eine Reparaturdauerbescheinigung oder einen neuen Kfz-Schein geführt werden.
- Falls der Geschädigte aufgrund von Krankheit oder Verletzung fahruntüchtig ist, entfällt der Anspruch auf Nutzungsausfall, sofern keine andere Person (z. B. Familienangehörige) das Fahrzeug genutzt hätte.
2. Höhe der Nutzungsausfallentschädigung
Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung wird anhand der Tabelle Sanden/Danner/Küppersbusch berechnet. Diese Tabelle teilt Fahrzeuge in Nutzungsausfallklassen ein, wobei die tägliche Entschädigungssumme zwischen 23 Euro (Gruppe A) und 175 Euro (Gruppe L) liegt.
Fahrzeugklasse | Beispielhafte Fahrzeugmodelle | Täglicher Nutzungsausfall (€) |
---|---|---|
A | VW Polo, Ford Ka, Opel Corsa | 23,- |
B | VW Golf, Ford Focus, Opel Astra | 29,- |
C | Audi A3, BMW 1er, Mercedes A-Klasse | 35,- |
D | VW Passat, Skoda Superb, Ford Mondeo | 43,- |
E | BMW 3er, Mercedes C-Klasse, Audi A4 | 50,- |
F | BMW 5er, Mercedes E-Klasse, Audi A6 | 65,- |
G | Porsche Cayman, Jaguar XF | 79,- |
H | BMW 7er, Audi A8, Mercedes S-Klasse | 99,- |
J | Porsche 911, Tesla Model S | 119,- |
K | Bentley Continental GT, Maserati Quattroporte | 155,- |
L | Ferrari, Lamborghini, Rolls-Royce | 175,- |
- Ist das Fahrzeug älter als fünf Jahre, wird es eine Gruppe niedriger eingestuft.
- Bei Fahrzeugen, die älter als zehn Jahre sind, kann sich die Nutzungsausfallentschädigung an den Vorhaltekosten orientieren oder halbiert werden.
Für Zweiräder, Geländewagen und Wohnmobile existieren gesonderte Tabellen. Auch für Fahrräder, die als tägliches Transportmittel genutzt werden, kann ein Nutzungsausfall geltend gemacht werden.
3. Dauer des Nutzungsausfalls
Die Dauer des Nutzungsausfalls wird anhand der tatsächlichen Dauer des Fahrzeugausfalls berechnet. Zu berücksichtigen sind:
- Der Zeitraum vom Unfalldatum bis zur Begutachtung durch einen Sachverständigen.
- Eine angemessene Überlegungsfrist des Geschädigten.
- Werkstattzeiten inklusive Sonn- und Feiertagen.
Falls das Fahrzeug noch verkehrssicher ist, kann der Nutzungsausfall nur für die tatsächliche Dauer der Reparatur beansprucht werden.
Wichtig: Der Geschädigte muss den Schaden unverzüglich beheben lassen. Wartet er z. B. auf die schriftliche Reparaturkostenübernahmeerklärung des gegnerischen Versicherers, kann sich dies nachteilig auf die Nutzungsausfallentschädigung auswirken.
Falls der Geschädigte finanziell nicht in der Lage ist, eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung durchzuführen, sollte dies frühzeitig dem Versicherer mitgeteilt werden. Verweigert der Versicherer eine Vorschusszahlung, kann unter Umständen für den gesamten Verzögerungszeitraum Nutzungsausfall geltend gemacht werden.
4. Nutzungsausfallentschädigung für sonstige Gegenstände
Neben Kraftfahrzeugen können auch andere Gegenstände einen Nutzungsausfall begründen, darunter:
- Autotelefone
- Elektrorollstühle
- Spezialfahrzeuge mit beruflicher Nutzung
5. Nutzungsausfall in der Kasko-Versicherung
In der Kasko-Versicherung wird im Regelfall keine Nutzungsausfallentschädigung gezahlt. Laut den AKB 2015 des GDV gilt:
„Wir zahlen nicht für Veränderungen, Verbesserungen, Alterungs- und Verschleißschäden. Ebenfalls nicht ersetzt werden Folgeschäden wie Verlust von Treibstoff und Betriebsmitteln (z. B. Öl, Kühlflüssigkeit), Wertminderung, Zulassungskosten, Überführungskosten, Verwaltungskosten, Nutzungsausfall oder Kosten eines Mietfahrzeugs.“
Ob eine individuelle Regelung im Kaskovertrag besteht sollte im jeweiligen Versicherungsvertrag überprüft werden.
Rechtsprechung: