Ein unverschuldeter Verkehrsunfall kann für den Geschädigten nicht nur ärgerlich, sondern auch mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden sein. Ist das eigene Fahrzeug nicht mehr fahrbereit, stellt sich die Frage: Wer übernimmt die Mietwagenkosten? Dieser Artikel klärt auf, unter welchen Voraussetzungen Sie Anspruch auf einen Mietwagen haben, welche Kosten erstattungsfähig sind und worauf Sie achten müssen.
1. Voraussetzungen für die Erstattung von Mietwagenkosten
Grundsätzlich gehört der Ersatz eines Mietwagens zu den schadenersatzfähigen Positionen, die vom Unfallverursacher bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung getragen werden müssen. Dafür gelten jedoch bestimmte Bedingungen:
- Das beschädigte Fahrzeug muss tatsächlich repariert oder ein Ersatzfahrzeug angeschafft werden.
- Der Geschädigte muss die Mietwagenkosten konkret nachweisen (eine bloße Kostenschätzung reicht nicht aus).
- Die Anmietung eines Fahrzeugs muss wirtschaftlich sinnvoll sein (z. B. kein Mietwagen, wenn ein ungenutztes Zweitfahrzeug vorhanden ist).
- Wer so selten fährt, dass ein Taxi günstiger wäre (Richtwert: unter 20 km pro Tag), hat keinen Anspruch auf einen Mietwagen.
- Falls der Geschädigte beruflich oder privat auf die ständige Verfügbarkeit eines Fahrzeugs angewiesen ist, kann ein Mietwagen dennoch erstattungsfähig sein.
2. Angemessene Mietwagenklasse und Eigenersparnis
Der Geschädigte darf sich ein gleichwertiges Fahrzeug anmieten. War das beschädigte Fahrzeug besonders hochwertig oder alt, muss ein Mietwagen der nächstniedrigeren Fahrzeugklasse gewählt werden.
Ein weiterer Punkt ist die sogenannte Eigenersparnis: Während der Mietdauer fallen keine Kosten für Verschleiß oder Wartung des eigenen Fahrzeugs an. Gerichte ziehen daher häufig 3–10 % der Mietwagenkosten als Eigenersparnis vom Erstattungsbetrag ab.
3. Normaltarif oder Unfallersatztarif?
In der Praxis gibt es oft Streit um den Unfallersatztarif, der in der Regel höher ist als der Standardtarif für Selbstzahler. Nach Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 09.10.2007, VI ZR 27/07) ist die Anmietung zum höheren Tarif jedoch gerechtfertigt, wenn sie unfallbedingte Besonderheiten berücksichtigt, z. B.:
- Vorfinanzierung der Mietkosten
- Risiko eines Forderungsausfalls
- Besondere Serviceleistungen für Unfallgeschädigte
Mietwagenpreise sollten dennoch innerhalb eines angemessenen Rahmens liegen. Gerichte orientieren sich hierbei an Mietpreisspiegeln (z. B. Schwacke oder Fraunhofer-Studie) und lassen oft nur moderate Zuschläge auf den Normaltarif zu.
4. Dauer der Mietwagen-Inanspruchnahme
Die Versicherung übernimmt die Kosten für einen Mietwagen nur für den notwendigen Zeitraum. Dieser richtet sich nach:
- der geschätzten Reparaturdauer laut Gutachten
- der Dauer der Ersatzbeschaffung
Es sind dabei auch Verzögerungen zu berücksichtigen, etwa:
- Wartezeit auf das Gutachten des Sachverständigen
- Überlegungsfrist des Geschädigten
- Sonn- und Feiertage
Eine unnötige Verzögerung kann jedoch dazu führen, dass die Versicherung einen Teil der Mietwagenkosten nicht übernimmt.
5. Alternativen zum Mietwagen: Nutzungsausfallentschädigung
Verzichtet der Geschädigte auf einen Mietwagen, kann er stattdessen eine Nutzungsausfallentschädigung geltend machen. Die Höhe richtet sich nach der Fahrzeugklasse und liegt meist zwischen 23 und 175 Euro pro Tag.
6. Sonderfälle: Vollkaskoversicherung und Kasko-Schäden
- Falls der Geschädigte normalerweise eine Vollkaskoversicherung für sein eigenes Fahrzeug hatte, kann die Versicherung die Kosten einer Vollkaskoversicherung für den Mietwagen übernehmen.
- Bei Kasko-Schäden (wenn der eigene Versicherer den Schaden reguliert) werden Mietwagenkosten in der Regel nicht erstattet.
Worauf sollten Unfallgeschädigte achten?
- Keinen überteuerten Mietwagen nehmen – vorher Preise vergleichen.
- Reparatur- oder Ersatznachweis erbringen, um Erstattung zu erhalten.
- Angemessene Mietdauer beachten – keine unnötigen Verzögerungen.
- Alternative Nutzungsausfallentschädigung prüfen.
Rechtsprechung