Zum Inhalt springen
Startseite | Unfallrecht | Schadenspositionen | Marktpreisspiegel Mietwagen 2008 (Fraunhofer-Studie)

Marktpreisspiegel Mietwagen 2008 (Fraunhofer-Studie)

 Die Gerichte haben als Schätzgrundlage zur Höhe der ortsüblichen Mietwagentarife bisher meist die sogenannte Schwacke-Liste zugrunde gelegt (so z.B. LG Bonn, Urteil vom 14.05.08). Dies wurde bisher auch durch den BGH nicht beanstandet. (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2006 – VI ZR 117/05).

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO hat nunmehr (2008) im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft die Studie „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008“ herausgegeben.

Das OLG München Urteil vom 25.07.2008, Az. 10 U 2539/08 hat diese Studie als Schätzgrundlage anerkannt. Der Mietpreisspiegel sei anhand einer der realen Anmietsituation nahekommenden Befragung erstellt, weil die befragten Firmen – anders als etwa bei der Erstellung der Schwacke-Liste – nicht wussten, dass ihre Antworten zur Grundlage einer Marktforschung über die Höhe der örtlichen Mietwagentarife gemacht werden. Einer solchen anonymen Befragung im Rahmen eines typischen Anmietszenarios sei der Vorzug gegenüber einer Selbstauskunft der Autovermieter zu geben, die in Kenntnis der Marktforschung abgegeben wurde.

Auch das OLG Köln hat in einem Urteil nunmehr die Fraunhofer-Studie zugrunde gelegt. (Urteil vom 10.10.2008, Az. 6 U 115/08). Es führt hierzu aus:

„Die Einteilung der Tabellen folgt – soweit hier von Interesse – der Schwacke-Klassifikation und weist Werte u.a. für den zweistelligen Postleitzahlenbezirk aus. Die in die Tabellen eingestellten Preise enthalten in vergleichbarer Weise Frei-Kilometer (vgl. die Erläuterungen dort Seite 10) und sind brutto berechnet (vgl. Seite 12). Eingerechnet sind überdies Haftungsbefreiungen (vgl. Seiten 16 und 99), welche die Klägerin separat unter den Stichworten Voll- bzw. Teilkasko erfasst hat. Methodisch ist die Untersuchung, soweit ersichtlich, derjenigen von Schwacke nicht unterlegen. Eher bietet sie Vorteile, weil die Recherchen bei den Autovermietern ohne Offenlegung des Umstands erfolgt sind, dass Zweck der Abfrage die Erstellung einer Preisübersicht war. Die von der Beklagten in Bezug genommenen Werte dieses Preisspiegels, welche den streitgegenständlichen 12 Schadenfällen entsprechen, weisen, wie noch näher auszuführen sein wird, durchgehend niedrigere Werte aus als die der Schwacke-Liste, womit zugleich dem Erfordernis Rechnung getragen wird, einen konkreten Bezug von eventuellen (methodischen) Schwächen zur im Streitfall relevanten Schadenshöhe herzustellen.“

Von Seiten der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer wird unter Verweis auf diese Rechtsprechung nunmehr häufig in der Schadensregulierung eingewandt, es seien nicht die in der Schwacke-Liste angegebenen Sätze, sondern die im Regelfall deutlich niedrigeren Sätze der Fraunhofer Studie zur Ermittlung der ortsüblichen Mietwagenkosten zugrunde zu legen.

Die Berechnungsgrundlage dieser Studie weicht in verschiedenen Punkten von derjenigen der Schwacke-Liste ab. So wurden dort z.B. lediglich ein- bis zweistellige Postleitzahlengebiete berücksichtigt. Die fehlende Berücksichtigung anderer Postleitzahlenbereichen wurde bereits vom Amtsgericht Ettlingen hat mit Urteil vom 11.07.2008 (Gesch.-Nr.: 3 C 76/08) beanstandet.

Weitere Kritikpunkte sind der Umstand, dass dort lediglich sechs große Autovermieter berücksichtigt wurden, nicht jedoch die zahlreichen kleineren Vermieter und Autohäuser. Zudem wurde eine Vorbuchungszeit von einer Woche zugrunde gelegt, was für Unfallersatzwagen unrealistisch ist.

Das LG Bonn Urteil vom 17.11.2008, Az. 13 O 485/07 vertritt die Auffassung, dass die Schwacke-Liste weiterhin anzuwenden ist und die Fraunhofer-Studie nicht angewandt werden kann. Ein höchstrichterliches Urteil ist zu dieser Frage bisher noch nicht ergangen. Eine Berechnung der Mietwagenkosten auf der Basis der Fraunhofer-Studie sollte mithin nicht ohne gründliche Prüfung des Sachverhalts akzeptiert werden.