Bei einem Verkehrsunfall ist die Frage der Haftung und Schadensregulierung oft komplex. In vielen Fällen trägt nicht nur ein Unfallbeteiligter die volle Schuld – auch der Geschädigte kann ein Mitverschulden treffen. Dies hat direkte Auswirkungen auf seine Schadensersatzansprüche, die gemindert oder sogar ausgeschlossen werden können. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 254 BGB, der die Mithaftung bei mitwirkendem Verschulden regelt.
Was bedeutet mitwirkendes Verschulden?
Von mitwirkendem Verschulden spricht man, wenn der Geschädigte durch sein eigenes Verhalten zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Das bedeutet, dass er sich nicht vollständig auf den Unfallverursacher berufen kann, sondern einen Teil der Verantwortung selbst trägt.
Gesetzliche Grundlage: § 254 BGB
Der § 254 BGB regelt das Mitverschulden des Geschädigten und dessen Auswirkungen auf die Schadensregulierung:
Absatz 1: Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden
Absatz 2: Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Kurz gesagt: Die Schadensersatzansprüche des Geschädigten verringern sich anteilig, wenn er durch eigenes Fehlverhalten zum Unfall beigetragen hat.
Bedeutung des Mitverschuldens in der Schadensregulierung
Ein Mitverschulden kann sich in verschiedenen Situationen ergeben und beeinflusst die Haftungsquote. Die Höhe der Kürzung der Ersatzansprüche hängt davon ab, welche Rolle der Geschädigte bei der Entstehung des Schadens gespielt hat. Entscheidend ist, ob er durch eigenes Verhalten zur Unfallverursachung beigetragen hat.
Beispiele für Mitverschulden im Straßenverkehr
- Fehlverhalten von Fußgängern: Ein Fußgänger überquert die Straße bei Rot und wird von einem Auto erfasst. Obwohl der Fahrer grundsätzlich haftet, kann dem Fußgänger eine Mitschuld angerechnet werden.
- Nicht angepasste Geschwindigkeit: Ein Fahrzeug fährt auf eine plötzlich bremsende Kolonne auf. War der Fahrer mit unangepasster Geschwindigkeit unterwegs, kann ihm eine Mithaftung zugerechnet werden.
- Falsche Reaktion des Geschädigten: Wenn ein Autofahrer eine Vollbremsung unnötig durchführt oder eine gefährliche Ausweichbewegung macht, kann dies als Mitverschulden gewertet werden.
- Verstoß gegen die Gurtpflicht: Hat ein Unfallopfer keinen Sicherheitsgurt angelegt, kann die Versicherung die Schadensersatzansprüche kürzen, da dies zur Schwere der Verletzungen beigetragen hat.
- Technische Mängel am Fahrzeug: Wenn ein Unfall durch abgefahrene Reifen oder defekte Bremsen mitverursacht wurde, kann sich dies ebenfalls auf die Haftungsquote auswirken.
Die Rolle der Haftungsquote bei der Regulierung
Die Haftungsquote beschreibt den prozentualen Anteil, zu dem jeder Beteiligte am entstandenen Schaden haftet. Die Bestimmung der Quote erfolgt oft durch Gerichte oder durch Verhandlungen zwischen Versicherungen.
Bedeutung von § 9 und § 17 StVG für die Haftungsverteilung
Neben § 254 BGB gibt es weitere Vorschriften im Straßenverkehrsgesetz (StVG), die für die Haftung bei Verkehrsunfällen entscheidend sind:
- § 9 StVG: Dieser regelt die Haftung für Schäden, die beim Abbiegen oder Rückwärtsfahren entstehen.
- § 17 StVG: Dieser Paragraph beschreibt die gegenseitige Haftung von Unfallbeteiligten und legt fest, dass bei mehreren beteiligten Fahrzeugen eine Haftungsverteilung vorgenommen wird.
In vielen Fällen werden die Regelungen aus dem StVG und dem BGB kombiniert, um eine faire Haftungsverteilung zu erreichen.
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