Rechtliche Herausforderungen bei Unfällen auf dem Seitenstreifen
Verkehrsunfälle auf dem Seitenstreifen einer Autobahn sind keine Seltenheit. Ob aufgrund einer Panne, eines plötzlichen Halts oder einer unübersichtlichen Verkehrssituation – Unfälle auf dem Pannenstreifen werfen komplexe Haftungsfragen auf. Wer haftet, wenn ein Fahrzeug auf dem Seitenstreifen angefahren wird? Was ist zu beachten, wenn ein anderes Fahrzeug in den fließenden Verkehr einfährt und es zur Kollision kommt?
Wann darf der Seitenstreifen genutzt werden?
Grundsätzlich ist der Seitenstreifen auf Autobahnen nur in Ausnahmefällen befahrbar. Nach § 18 Straßenverkehrsordnung (StVO) ist das Halten oder Parken dort verboten, es sei denn, es handelt sich um eine Notlage, wie eine Panne oder einen medizinischen Notfall. Wer den Seitenstreifen unzulässig benutzt, kann im Falle eines Unfalls eine (Mit-)Haftung tragen.
Haftung bei Unfällen auf dem Seitenstreifen
Die Haftung für Unfälle auf dem Seitenstreifen hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Ursache des Unfalls und das Verhalten der beteiligten Fahrer. Hier sind einige häufige Szenarien und die jeweiligen Haftungsfragen:
1. Kollision mit einem auf dem Seitenstreifen stehenden Fahrzeug
Wenn ein Fahrzeug ordnungsgemäß auf dem Seitenstreifen hält (z. B. aufgrund einer Panne) und von einem anderen Fahrzeug angefahren wird, liegt die Hauptschuld meist beim auffahrenden Fahrzeugführer. Dies gilt insbesondere, wenn dieser unaufmerksam war oder zu weit nach rechts abgekommen ist. Allerdings kann dem Fahrer des stehenden Fahrzeugs eine Mitschuld angerechnet werden, wenn er sich nicht ausreichend gesichert oder sein Fahrzeug nicht mit eingeschaltetem Warnblinklicht kenntlich gemacht hat.
2. Unfall beim Wiedereinfahren in den fließenden Verkehr
Ein besonders heikles Szenario entsteht, wenn ein Fahrzeug vom Seitenstreifen wieder in die Autobahn einfährt und es zur Kollision kommt. Nach § 10 StVO gilt hier das Gebot der besonderen Vorsicht: Wer in den fließenden Verkehr einfährt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. Wird ein Unfall durch ein unvorsichtiges Wiedereinfahren verursacht, trägt der Fahrer des Seitenstreifenfahrzeugs in der Regel die volle Haftung.
3. Auffahrunfall auf dem Seitenstreifen
Kommt es zu einem Auffahrunfall zwischen zwei Fahrzeugen auf dem Seitenstreifen, gelten die allgemeinen Regeln zur Haftung bei Auffahrunfällen. In der Regel haftet der auffahrende Fahrer, es sei denn, das vorausfahrende Fahrzeug hat ohne ersichtlichen Grund abrupt abgebremst.
4. Unfälle durch ungesicherte Fahrzeuge oder Gegenstände
Bleibt ein Fahrzeug auf dem Seitenstreifen stehen, muss der Fahrer es gemäß § 15 StVO absichern, indem er das Warnblinklicht einschaltet und ein Warndreieck aufstellt. Wird dies unterlassen und es kommt zu einem Unfall, kann eine Mithaftung entstehen. Gleiches gilt, wenn Gegenstände von einem Pannenfahrzeug auf die Fahrbahn gelangen und andere Fahrzeuge dadurch verunfallen.
Was tun nach einem Unfall auf dem Seitenstreifen?
Wenn es zu einem Unfall auf dem Seitenstreifen kommt, sollten Betroffene folgende Schritte beachten:
- Sicherheit gewährleisten: Warnblinklicht einschalten, Warnweste anlegen und das Warndreieck aufstellen.
- Polizei rufen: Besonders bei unklarer Haftung oder Personenschäden sollte die Polizei informiert werden.
- Beweise sichern: Fotos vom Unfallort, den Fahrzeugpositionen und eventuellen Schäden machen.
- Zeugen notieren: Falls Passanten oder andere Verkehrsteilnehmer den Unfall beobachtet haben, deren Kontaktdaten aufnehmen.
Rechtsprechung:
AG Recklinghausen – Urteil vom 13.03.14: Alleinverursachung eines PKW-Fahrers, der eine gestaute Fahrzeugkolonne auf dem Seitenstreifen rechts überholt.