Entscheidungen zur Bedeutung der Länderrichtlinien zur Verkehrsüberwachung für das Bußgeldverfahren.
- OLG Frankfurt am Main – Beschluss vom 26.04.2017: Mit der Entscheidung nach § 47 OWiG ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten, übernimmt die Behörde die Gewähr, dass die rechtlichen Voraussetzungen, namentlich die nachfolgend genannten Bedingungen, erfüllt sind. 1. Zur Motivlage der Verkehrsüberwachung: Verkehrsüberwachung dient der Verkehrssicherheit. Jegliche Verknüpfung der Verkehrsüberwachung mit anderen nicht gesetzgeberisch legitimierten Gründen ist unzulässig. 2.Zum Einsatz privater Dienstleister bei Verkehrsmessungen: a.Die Ordnungsbehörde muss Herrin des Messgeräts sein. b. Die Ordnungsbehörde muss Herrin des durch die Messanlage gewonnenen Beweismittels sein (Garantie der Authentizität der Messdaten). c. Die Ordnungsbehörde muss die Umwandlung und Auswertung des Beweismittels selbst durchführen (Garantie der Rückführbarkeit des Messbildes und der Messdaten auf die digitalen Messrohdaten bzw. Falldateien). (Amtlicher Leitsatz)
- OLG Frankfurt am Main – Beschluss vom 28.04.16: Verkehrsüberwachung ist staatliche Aufgabe. Private Dienstleister dürfen nur für Aufgaben hinzugezogen werden, die die Herrschaft über die Messung nicht betreffen. Die Umwandlung der Falldateien in ein lesbares Format und die Auswertung der Meßfotos muss zwingend durch die Behörde erfolgen. Bei Unklarheiten hierüber kann das Verfahren zur weiteren Aufklärung an die Behörde zurückverwiesen werden.
- OLG Oldenburg – Beschluss vom 29.01.96: 1. Verkehrsteilnehmer dürfen die Erwartung hegen, dass sich die Bußgeldbehörde über Richtlinien zur Handhabung des Verwaltungsermessens, die eine gleichmäßige Behandlung sicherstellen sollen, im Einzelfall nicht ohne sachliche Gründe hinwegsetzt. Insoweit können sich solche Richtlinien über Art. 3 GG für den Bürger rechtsbildend auswirken und bei weniger gravierenden Verstößen oder geringer Schuld eine Einstellung des Verfahrens nach § 47 OWiG gebieten. 2. Verkehrsteilnehmern kann bei Einfahrt in eine Ortschaft unter Umständen eine Meßtoleranz zugebilligt werden ( BayObLG NZV 1995, 496; OLG Oldenburg NZV 1994, 286; 1995, 288; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 33. Aufl., § 3 StVO Rn. 51/52 ). Dies findet seinen Grund darin, dass dadurch möglichen Unwägbarkeiten bei der Einfahrt in eine Zone mit deutlich geringerer Höchstgeschwindigkeit Rechnung getragen werden soll. Bei der Ausfahrt aus einer Ortschaft besteht hierfür kein Anlass.