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OLG Hamm – Beschluss vom 25.08.09

Zum Inhalt der Entscheidung: Wird der Betroffene im Bußgeldverfahren zu einem Fahrverbot verurteilt und legt er gegen das Urteil Rechtsbeschwerde ein,  muß das Amtsgericht im Urteil  Feststellungen zu seinen persönlichen, insbesondere den beruflichen Verhältnissen treffen, damit das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann,  ob die Verhängung des Fahrverbots, etwa wegen besonderer Umstände in den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen, eine unverhältnismäßige Reaktion auf die Tat darstellt. Die Notwendigkeit, hierzu Feststellungen zu treffen, entfällt auch nicht deshalb, weil der Regelfall des § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV vorliegt.

Oberlandesgericht Hamm,

Beschluss vom 25.08.2009

2 Ss OWi 593/09

Aus den Gründen:

I.

Das Amtsgericht Recklinghausen hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 95,00 € verurteilt und außerdem gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats mit der Maßgabe nach § 25 Abs. 2 a StVG festgesetzt.

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt wie erkannt.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist auch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs begründet. Im Übrigen war sie zu verwerfen.

Die auf die erhobene Sachrüge gebotene Überprüfung des angefochtenen Urteils in materiell rechtlicher Hinsicht deckt hinsichtlich des Schuldspruchs Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht auf. Die getroffenen Feststellungen sind in sich widerspruchsfrei, verstoßen weder gegen Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze und tragen die Verurteilung.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 31. Juli 2009 Folgendes ausgeführt:

„Die auf die – ausschließlich – erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gebotene Überprüfung des Urteils deckt hinsichtlich der Feststellungen zu dem Geschwindigkeitsverstoß des Betroffenen Rechtsfehler zu seinem Nachteil nicht auf.

Entgegen dem Vorbringen in der Rechtsbeschwerdebegründung sind die Feststellungen in sich widerspruchsfrei und verstoßen nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze.

Insbesondere sind die Feststellungen zur Messmethode ausreichend, da es sich bei dem Messverfahren mit dem Lasergeschwindigkeitsmessgerät Riegl LR 90-235/P um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren handelt (zu vgl. Hentschel, StVR, 39. Aufl., § 3 StVO, Rdnr. 61 m.w.N.). Es genügt demzufolge grundsätzlich die – vorliegend erfolgte – Mitteilung des Messverfahrens und des berücksichtigten Toleranzwerts im Urteil.

Soweit der Betroffene vorträgt, dass die Zeugen […] und […] angegeben hätten, an den Messvorgang keine konkrete Erinnerung zu haben, finden diese Ausführungen in dem angefochtenen Urteil keine Stütze.

Bereits vor diesem Hintergrund weist die Beweiswürdigung des Amtsgerichts Rechtsfehler nicht auf.

Soweit der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde die Beweiswürdigung des Amtsgerichts Recklinghausen dadurch anzugreifen versucht, dass sich aus dem Zusatzblatt zu dem Messprotokoll die abgelesene Geschwindigkeit von 102 km/h nicht ergebe, ist dieser Einwand unbegründet. Denn die diesbezüglichen Ausführungen des Gerichts im Zusammenhang mit der Ablehnung des gestellten Beweisantrags sind nicht „unklar, widersprüchlich und denkfehlerhaft“. Soweit das angefochtene Urteil von der „5. Spalte“ des Zusatzblattes 01 ausgeht, ist hiermit erkennbar die – abzüglich der Spalte mit der „lfd. Nr.“ – fünfte horizontal verlaufende Rubrik „abgelesene Geschwindigkeit“ und nicht etwa die vertikal angegebene fortlaufende Nummer der kontrollierten Fahrzeuge („Fahrzeug BMW, Farbe grün“) gemeint. Darüber hinaus ist auch bei verständiger Lesart des Zusatzblatts die abgelesene Geschwindigkeit von 102 km/h unzweifelhaft zu erkennen.“

Einen zumindest vorläufigen Erfolg hat das Rechtsmittel jedoch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 31. Juli 2009 Folgendes ausgeführt:

„Dagegen unterliegt der Rechtsfolgenausspruch der Aufhebung.

Denn das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen zu den persönlichen, insbesondere den beruflichen Verhältnissen des Betroffenen. Es wird lediglich mitgeteilt, dass der Betroffene straßenverkehrsrechtlich bereits in Erscheinung getreten ist (BI. 27 R d.A.), weitere Ausführungen enthält das angefochtene Urteil auch im Rahmen der Rechtsfolgenbemessung nicht. Damit ist es dem Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich zu prüfen, ob die Verhängung des Fahrverbots, etwa wegen besonderer Umstände in den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen, eine unverhältnismäßige Reaktion auf die Tat darstellt. Die Notwendigkeit, hierzu Feststellungen zu treffen, entfällt auch nicht deshalb, weil der Regelfall des § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV vorliegt. Denn gemindert ist in einem solchen Fall für den Tatrichter allein der notwendige Begründungsaufwand (zu vgl. Senatsbeschluss vom 22.05.2002 -2 Ss OWi 200/02 – sowie vom 18.08.2003 – 2 Ss OWi 390/03 – OLG Hamm, Beschluss vom 28.06.2003 – 3 Ss OWi 182/03 -).

Das Amtsgericht war von der Notwendigkeit, entsprechende Ausführungen zu treffen, auch nicht deshalb davon entbunden, weil der Betroffene erst kurz vor dem hier in Rede stehenden Geschwindigkeitsverstoß wegen eines einschlägigen Verkehrsdelikts mit einem Bußgeld sanktioniert worden ist. Zwar belegt die schnelle Rückfallgeschwindigkeit eine gewisse Hartnäckigkeit in dem Verhalten des Betroffenen. Da indes weitere verkehrsrechtliche Eintragungen nach den Urteilsfeststellungen nicht vorliegen, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Verhängung des einmonatigen Fahrverbots die einzig angemessene Reaktion auf das Fahrverhalten des Betroffenen darstellt.

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwischen der Verhängung des Fahrverbots und der Bemessung der Geldbuße eine Wechselwirkung besteht, unterliegt der Rechtsfolgenausspruch der Aufhebung.“

Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft an und macht diese zum Gegenstand seiner Entscheidung.

Das Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Amtsgericht Recklinghausen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – zurück zu verweisen.