Leitsatz des Gerichts:
- Die falsche Angabe zum Tatort beeinträchtigt weder die Wirksamkeit des Bußgeldbescheids noch der Verjährungsunterbrechung, wenn der richtige und der falsche Tatort nahe beieinanderliegen und für den Betroffenen der wahre Tatort auch deshalb ohne Weiteres erkennbar ist, weil er sogleich nach der Verkehrsordnungswidrigkeit von Polizeibeamten angehalten worden ist und sich ihnen gegenüber zu der Zuwiderhandlung äußern konnte.
- Die Verfahrensrüge der Verletzung der §§ 71 Abs. 1 OWiG, 265 StPO bzw. des Art. 103 Abs. 1 GG bedarf der Darlegung, wie sich der Betroffene anders verteidigt hätte, wenn er auf den veränderten Gesichtspunkt (hier: Tatort) förmlich hingewiesen worden wäre.
Kammergericht Berlin
Beschluss vom 23.09.2024
3 ORbs 166/24 – 162 SsBs 37/24
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. Juni 2024 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Gründe:
Lediglich zur Ergänzung der dem Betroffenen bekannten Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft ist anzumerken:
1. Die falsche Angabe zum Tatort beeinträchtigt weder die Wirksamkeit des Bußgeldbescheids noch der Verjährungsunterbrechung, wenn der richtige und der falsche Tatort nahe beieinanderliegen und für den Betroffenen der wahre Tatort auch deshalb ohne Weiteres erkennbar ist, weil er sogleich nach der Verkehrsordnungswidrigkeit von Polizeibeamten angehalten worden ist und sich ihnen gegenüber zu der Zuwiderhandlung äußern konnte (vgl. Senat VRS 57, 435). Dies war hier, was als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen festzustellen ist, der Fall.
2. Die Verfahrensrüge der Verletzung der §§ 71 Abs. 1 OWiG, 265 StPO bzw. des Art. 103 Abs. 1 GG ist unzulässig (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil sie nicht darlegt, wie sich der Betroffene anders verteidigt hätte, wenn er auf den veränderten Gesichtspunkt (Tatort) förmlich hingewiesen worden wäre.
Tatsächlich ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass die Frage des Tatorts (S –Straße 29 oder 65) in der Hauptverhandlung – offenbar ohne förmlichen Hinweis – ausführlich erörtert und hierüber auch Beweis erhoben worden ist. Die Urteilsgründe verweisen insoweit wirksam (§§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 Satz 3 StPO) und aussagekräftig auf eine Skizze der Mess- und Tatörtlichkeit sowie auf Lichtbilder dieses Bereichs, welche den Fehler in der Bezeichnung des Tatorts aufklären und zu denen der anwesende Verteidiger als Vertreter des Betroffenen auch gehört worden ist.
Ohne dass es darauf ankäme, geht der Senat daher davon aus, dass die Rechtsbeschwerde gar nicht vortragen konnte, wie sich der Betroffenenvertreter im Falle eines förmlich erteilten Hinweises anders verteidigt hätte als tatsächlich geschehen.
3. Auch unter keinem anderen Gesichtspunkt lassen die unterschiedlichen im Verfahren zutage getretenen (genauen) Tatorte das angefochtene Urteil als rechtsfehlerhaft erscheinen. Die Behauptung der Rechtsbeschwerde, der Betroffene sei auf der S-Straße vor der Hausnummer 29 und damit nicht im Bereich der Geltung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h angemessen worden, sondern vor der Hausnummer 65, wo 50 km/h schnell gefahren werden dürfe, ist, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, nach allem urteilsfremd. Dieser Umstand ist damit einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung und Intervention entzogen.
4. Gegen die Vorsatzverurteilung und gegen die Rechtsfolgen ist nichts zu erinnern.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).