Die verbotswidrige Nutzung von Mobiltelefonen während der Fahrt bleibt ein Dauerbrenner im Verkehrsrecht. § 23 Abs. 1a StVO regelt klar, wann elektronische Geräte im Fahrzeug genutzt werden dürfen – dennoch werfen Auslegung und Anwendung der Vorschrift immer wieder rechtliche Fragen auf. Die vorliegende Entscheidungssammlung bietet einen fundierten Überblick über aktuelle Urteile und Beschlüsse zum Thema Handyverstoß – von der Frage, wann ein „Benutzen“ im Sinne der Vorschrift vorliegt, bis hin zur rechtlichen Bewertung moderner Überwachungstechnologien wie KI-gestützten Kamerasystemen.
- Kammergericht – Beschluss vom 09.09.24: 1. Nur das händische Ausschalten des Motors suspendiert das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO. 2. Eine extensive Auslegung des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG verbietet sich ebenso wie eine analoge Anwendung der Vorschrift auf vom Wortlaut nicht umfasste sonstige Rechts- bzw. Verfahrensverstöße, etwa in Bezug auf die in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten grundrechtsgleichen Rechte.
- AG Trier – Urteil vom 02.03.23: Die anlasslose Erfassung von Kennzeichen und Fahrzeugführern durch das KI-gestützte Überwachungssystem „MonoCam“ stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar und bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Eine solche Grundlage fehlt im rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsrecht, sodass die Datenerhebung rechtswidrig ist. Dennoch unterliegt die dadurch gewonnene Bildaufnahme keinem Beweisverwertungsverbot, wenn das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit die Eingriffsintensität überwiegt und die Maßnahme unter Beachtung rechtsstaatlicher Mindeststandards durchgeführt wurde.
- Bundesgerichtshof – Beschluss vom 16.12.20: Ein elektronischer Taschenrechner unterfällt als elektronisches Gerät, das der Information dient oder zu dienen bestimmt ist, der Vorschrift des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO. (BGHSt)
- OLG Köln – Beschluss vom 04.12.20: Ein im Sinne von § 23 Abs. 1a S. 1 Ziff. 1 StVO tatbestandsmäßiges „Halten“ liegt auch vor, wenn das elektronische Gerät zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt wird.
- OLG Stuttgart – Beschluss vom 25.04.16: Ein Kraftfahrzeugführer, der während der Fahrt ein mit einer Freisprechanlage verbundenes Mobiltelefon in der Hand hält und über die Freisprechanlage telefoniert, verstößt nicht gegen das Verbot der Benutzung von Mobiltelefonen gemäß § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO, solange er keine weiteren Funktionen des in der Hand gehaltenen Geräts nutzt.
- OLG Hamm – Beschluss vom 28.02.19: Das bloße Halten eines elektronischen Geräts während des Führens eines Fahrzeugs, erfüllt noch nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO. Es bedarf vielmehr zur Erfüllung dieses Tatbestands einer Benutzung dieses Geräts.
- OLG Celle – Beschluss vom 07.02.19: Auch nach der Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO liegt ein Verstoß nur vor, wenn über das bloße Aufnehmen oder Halten des elektronischen Geräts hinaus ein Zusammenhang mit der Verwendung einer Bedienfunktion des Geräts besteht.
- OLG Oldenburg – Beschluss vom 07.12.15: Ein Mobiltelefon zu halten, um es an ein Ladekabel anzuschließen, ist ein verbotenes Benutzen im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO.
- OLG Köln – Beschluss vom 07.11.14: Das Weiterreichen eines klingelnden Mobiltelefons an den Beifahrer ist kein „Benutzen“ im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO.
- OLG Hamm Beschluss vom 24.10.2013: Ein Fahrverbot kann auch bei wiederholter verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons verhängt werden.
- OLG Hamm – Beschluss vom 18.02.13: Unter „Benutzung“ eines Mobiltelefons i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO auch die Nutzung als Navigationsgerät zu verstehen.
- OLG Hamm – Beschluss vom 19.11.08: Zur Verwirklichung des Tatbestands der verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons im Straßenverkehr genügt es, wenn der Betroffene ein Mobiltelefon mit der linken Hand an das linke Ohr hält und telefoniert. Feststellungen zum Beginn des Gesprächs sind nicht erforderlich.
- OLG Köln – Beschluss vom 26.06.08: Der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons schließt die Inanspruchnahme sämtlicher Bedienfunktionen ein. Er umfasst also nicht nur das Telefonieren, sondern auch andere Formen der bestimmungsgemäßen Verwendung.
- OLG Hamm – Beschluss vom 15.10.07: Der Begriff der Benutzung eines Handys wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Zur „Benutzung“ i. S. des § 23 Abs. 1a StVO gehört danach nicht nur das Telefonieren. Vielmehr liegt auch während der Vor- und Nachbereitungsphase eines Telefonats bzw. einer SMS eine Benutzung des Mobil- oder Autotelefons im Sinne dieser Vorschrift vor. Das Verlegen innerhalb des PKW ist allerdings kein Benutzen.
- OLG Hamm – Beschluss vom 06.09.07: Das Verbot der Handynutzung nach § 23 StVO gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.
- OLG Bamberg – Beschluss vom 27.09.06: Ein Fahrzeugführer, der ein Mobiltelefon benutzt während er mit abgeschaltetem Motor vor einer roten Ampel wartet, handelt nicht ordnungswidrig im Sinne von § 23 StVO (Verbotene Benutzung eines Mobiltelefons).
- OLG Hamm – Beschluss vom 06.07.05: Unter den Begriff der „Benutzung“ im Sinne des § 23 Abs. 1 a StVO fällt demzufolge auch die Nutzung eines Mobiltelefons als „Organisator“, wenn es dabei in die Hand genommen wird. Davon erfasst wird auch das vorliegende Ablesen der Uhrzeit vom Display des Mobiltelefons.