Zum Inhalt der Entscheidung: Im Ordnungswidrigkeitenverfahren umfasst das Recht der Verteidigung auf erweiterte Akteneinsicht gemäß dem Grundsatz des fairen Verfahrens auch die Herausgabe digitaler Falldaten einschließlich Rohmessdaten, Token, Passwort sowie der Messreihe des Tattages, sofern diese bei der Verwaltungsbehörde vorhanden sind. Nicht existierende Unterlagen, wie etwa ein nicht geführtes Einrichtungs- und Aufbauprotokoll bei mobilen Messungen, unterliegen hingegen nicht der Einsichtspflicht.
Amtsgericht Dortmund
Beschluss vom 04.03.2025
Tenor
Die Herausgabe der digitalen Falldatei inklusive der Rohmessdaten nebst Token und Passwort nebst der digitalen Falldaten der gesamten Messreihe für den Tattag wird angeordnet.
Die Akteneinsicht in ein Ersteinrichtung- und Aufbauprotokoll für das Messgerät nebst Gehäuse wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag ist zulässig und auch teilweise begründet. Insbesondere hat Nachfrage des Gerichts ergeben, dass die Verwaltungsbehörde das Verfahren trotz eines eingelegten Einspruchs noch nicht an Staatsanwaltschaft bzw. Gericht weitergeleitet hat.
Aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens heraus hat die Verteidigung anerkanntermaßen ein Recht auf sogenannte erweiterte Akteneinsicht. Diese erweiterte Akteneinsicht betrifft Unterlagen und Daten, die bei der Behörde vorhanden sind und von denen sich die Verteidigung erhofft bzw. erhoffen kann, die Effektivität der Verteidigung erhöhen zu können und die insbesondere bei Überprüfung von Messverfahren auch einem Sachverständigen auf dessen Anforderung hin zur Verfügung gestellt werden würden (zu alledem: Krenberger/Krumm OWiG 8. Aufl. 2024, § 46 Rn. 51 ff.). Dies gilt nach Ansicht des Gerichtes für die Falldatei inklusive der Rohmessdaten, für den hierfür notwendigen Token, das Passwort und schließlich auch für die digitalen Falldaten der gesamten Messreihe des Tattages (hierzu: Krenberger/Krumm a.a.O. insbes. Rn. 60 zur Messreihe und Rn. 61 zu unverschlüsselten Rohmessdaten).
Die Behörde hat auch mitgeteilt, dass diese Daten grundsätzlich noch vorhanden sind. Dementsprechend war dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung insoweit auch stattzugeben.
Nicht vorhanden sind dagegen die von dem Verteidiger gewünschten Protokolle. Derartige Protokolle wurden nach nicht zu bezweifelnder Auskunft der Behörde nicht erstellt, da es sich bei der in Rede stehenden Messung um eine solche mit einem mobilen Geschwindigkeitsmessgerät aus einem Fahrzeug heraus gehandelt hat. Was aber nicht existent ist, kann auch nicht Gegenstand der sogenannten erweiterten Akteneinsicht sein. Insoweit war der Antrag auf gerichtliche Entscheidung abzulehnen.