Die Frage, ab wann ein „bedeutender Fremdschaden“ im Sinne des § 69 StGB vorliegt, ist entscheidend für die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Unfallflucht. Während der Gesetzgeber keine konkrete Schadenshöhe vorgibt, haben zahlreiche Gerichte in Deutschland hierzu klare Wertgrenzen definiert. In der Regel liegt die Grenze derzeit bei etwa 1.300 €, doch die Rechtsprechung variiert je nach Einzelfall und wirtschaftlicher Entwicklung.
In diesem Beitrag erhalten Sie einen fundierten Überblick über aktuelle Urteile und Beschlüsse. Die Zusammenstellung zeigt, wie unterschiedlich die Gerichte bei der Bewertung des bedeutenden Fremdschadens vorgehen und welche Faktoren neben der reinen Schadenshöhe berücksichtigt werden.
Rechtsprechung zum bedeutenden Fremdschaden
- OLG Stuttgart – Urteil vom 27.04.18: 1. Die Entscheidung ob die Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB zu entziehen ist, erfordert eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls, namentlich der Tat selbst, aber auch der Persönlichkeit, soweit sie sich in der Tat manifestiert hat. Die Fahrerlaubnis kann auch entzogen werden, wenn das Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB (bedeutender Fremdschaden) nicht erfüllt ist. 2. Die Grenze der Feststellung eines bedeutenden Fremdschadens ist abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere der allgemeinen Preis- und Einkommensentwicklung. Im Hinblick auf die Tatbestandsbestimmtheit kommt eine Anhebung der Wertgrenze allerdings nur bei einer grundlegenden Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht.
- LG Darmstadt – Beschl. v. 01.02.18: Ein Schaden in Höhe von 2.000,– € ist ein bedeutender Fremdschaden im Sinne des § 69 StGB.
- LG Krefeld – Beschluss v. 23.03.16: 1. Ein bedeutender Fremdschaden ist ein Schaden ab 1.300,– €. 2. Für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Unfallflucht ist nicht nur dringender Tatverdacht erforderlich, sondern der Täter muss auch gewusst haben oder wissen können, dass bei dem Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist.
- LG Schwerin – Beschluss vom 21.10.15: Die Wertgrenze für einen bedeutenden Fremdschaden liegt bei 1.300,– €.
- LG Hannover – Beschluss v. 23.09.15: 1. Ein bedeutender Fremdschaden im Sinne des § 69 StGB beginnt bei 1.300,00 €. 2. Liegt der Wiederbeschaffungsaufwand eines Fahrzeugs deutlich unter dieser Grenze, sind der Berücksichtigung des Affektionsinteresse des Geschädigten an einer (unwirtschaftlichen) Reparatur des Fahrzeugs enge Grenzen gesetzt.
- AG Berlin-Tiergarten – Beschluss v. 15.05.15: Ein bedeutender Fremdschaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB liegt bei einem Schaden von 1.400,– € nicht vor.
- OLG Hamm – Beschluss vom 06.11.14: 1. Ob ein „bedeutender Schaden“ i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorliegt, bemisst sich nach wirtschaftlichen Kriterien und beurteilt sich nach der Höhe des Betrages, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalls gemindert wird. Die Grenze ist derzeit bei 1.300,- € anzusetzen. 2. In den Urteilsgründen muss angegeben werden, wie das Gericht die Schadenshöhe festgestellt hat.
- LG Landshut – Beschluss v. 24.09.12: Ein bedeutender Fremdschaden beginnt bei 2.500,00 €. Dies stellt keinen pauschalen Grenzwert dar und macht insbesondere eine Einzelfallbetrachtung nicht entbehrlich.
- LG Gera – Beschluss v. 22.09.05: Bei der Feststellung des bedeutenden Fremdschadens ist Mehrwertsteuer nur zu berücksichtigen, wenn die Reparatur tatsächlich durchgeführt wird. Bei Durchführung der Reparatur ist zu prüfen, ob ein Abzug neu für alt zu berücksichtigen ist.