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Verfolgungsverjährung im Bußgeldverfahren

Die Verfolgungsverjährung im Bußgeldverfahren beschreibt den Zeitraum, innerhalb dessen die Behörde einen Verstoß verfolgen und eine Sanktion verhängen kann. Ist die Verjährungsfrist abgelaufen, darf der Betroffene nicht mehr für die Tat belangt werden, selbst wenn der Verstoß eindeutig nachgewiesen werden kann.

1. Verjährungsfrist

Gemäß § 26 Absatz 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für Verkehrsordnungswidrigkeiten drei Monate. Das bedeutet, dass entweder ein Bußgeldbescheid innerhalb von drei Monaten nach dem Tag der Tat erlassen oder eine sonstige verjährungsunterbrechende Maßnahme veranlasst werden muss. Geschieht dies nicht, tritt die Verjährung ein, und die Ordnungswidrigkeit kann nicht mehr geahndet werden.

Bei der Fristberechnung ist zu berücksichtigen, dass der Tag, an dem die Tat begangen wurde, mitgerechnet wird. Die Frist endet somit nach drei Monaten am kalendermäßig vorhergehenden Tag.

Längere Fristen gelten bei bestimmten schwerwiegenderen Verstößen und bei Verstößen gegen § 24a StVG (Alkohol/THC). Auch bei Straftaten gelten andere Verjährungsfristen.

2. Unterbrechung der Verjährung

Ein zentraler Aspekt der Verjährung im Bußgeldverfahren ist die Unterbrechung der Verjährungsfrist. Die Verjährungsfrist kann durch bestimmte behördliche Maßnahmen unterbrochen werden. Diese sind in § 33 Abs. 1 OwiG aufgeführt. Die wichtigsten sind:

  • die Versendung eines Anhörungsbogens
  • der Erlass des Bußgeldbescheids
  • der Eingang der Akten beim Amtsgericht
  • die Anberaumung einer Hauptverhandlung

Wenn die Verjährung unterbrochen wird, beginnt die Verjährungsfrist erneut zu laufen.

Nach einer Unterbrechung beträgt die neue Verjährungsfrist erneut drei Monate, es sei denn, es wird ein Bußgeldbescheid erlassen, dann beträgt sie sechs Monate.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Verjährung nicht unbegrenzt oft unterbrochen werden kann. Die Tat ist spätestens dann verjährt, wenn das doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre verstrichen sind (sogenannte absolute Verjährungsfrist). Beginnt also eine dreimonatige Verjährungsfrist durch rechtzeitige Unterbrechungshandlungen immer wieder neu zu laufen, so ist die Ordnungswidrigkeit spätestens nach zwei Jahren verjährt.

2.1. Unterbrechungsgrund des § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG

Wodurch die Verjährung unterbrochen wird, ist in § 33 OwiG geregelt. In der Praxis sehr bedeutsam ist der Unterbrechungsgrund des § 33 Abs. 1 Nr. 1 OwiG. Dieser lautet:

„Die Verjährung wird unterbrochen durch

1. die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe, …“

„Betroffener“ ist im Bußgeldverfahren derjenige, dem vorgeworfen wird, eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Die erste Vernehmung bzw. die Bekanntgabe, dass ein Ermittlungsverfahren läuft, erfolgt bei Verkehrsordnungswidrigkeiten üblicherweise entweder dadurch, dass man entweder sofort nach der Tat von der Polizei angehalten wird oder dass die Bußgeldbehörde einen Anhörungsbogen versendet.

2.1.1. Unterbrechnung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist nur einmal möglich

Eine Unterbrechung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist nur einmal möglich. Falls man direkt nach Begehung der Ordnungswidrigkeit von der Polizei angehalten und vernommen wurde, unterbricht die nachfolgende Zusendung eines Anhörungsbogens die Verjährung nicht mehr, da dem Betroffenen bereits von der Polizei bekannt gegeben wurde, dass gegen ihn ermittelt wird.

2.1.2. Keine Unterbrechnung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG bei Anhörung als Zeuge

Ein Anhörungsbogen, mit dem der Adressat lediglich als Zeuge angeschrieben wird, unterbricht die Verjährung ebenfalls nicht. Erforderlich ist eine Anhörung als Betroffener des Bußgeldverfahrens. Dies muß aus dem Anhörungsbogen hervorgehen. Schreibt die Bußgeldbehörde beispielsweise den Halter eines PKW an und bittet um eine Auskunft, wer das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gefahren hat, dürfte es sich um eine Anhörung als Zeuge handeln. Eine solche Anhörung hat keine verjährungsunterbrechende Wirkung. Erst die Zusendung eines Anhörungsbogens, aus dem hervorgeht, dass dem Adressaten vorgeworfen wird, eine bestimmte Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, unterbricht die Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG.

Manche Bußgeldbehörden verwenden für ihre Anhörungen einen kombinierten Zeugen-/Betroffenenfragebogen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Zweibrücken (Beschluss vom 26.08.02) stellt die Zusendung eines solchermaßen formulierten Anhörungsbogen ebenfalls keine Unterbrechungshandlung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG dar, da aus ihm nicht zu erkennen ist, ob die Behörde bereits gegen den Adressaten ermittelt, ob er also bei der Behörde bereits als Betroffener geführt wird.

2.1.3. Die Anordnung muß ausreichend dokumentiert sein

Auch wenn innerhalb der Verjährungsfrist ein Anhörungsbogen an den Betroffenen versandt wurde besteht die Möglichkeit, dass die Verjährung hierdurch nicht unterbrochen wurde. Nach § 33 Abs. II OWiG ist bei schriftlichen Anordnungen oder Entscheidungen der Zeitpunkt maßgeblich, in der die Anordnung unterzeichnet wurde. Heute wird das Bußgeldverfahren jedoch größtenteils mit Hilfe von Computerprogrammen erledigt, die den Ausdruck des Anhörungsbogens automatisch veranlassen. In diesem Fall soll der Zeitpunkt des Ausdrucks des Anhörungsbogens maßgeblich sein, sofern dieser im Rahmen des vorprogrammierten Ablaufs des Computerprogramms erfolgt. Erfolgt der Ausdruck des Anhörungsbogen nicht im Rahmen des vorprogrammierten Ablaufs, sondern durch eine Individualentscheidung des Sachbearbeiters, so muss zumindest sicher  feststellbar sein, welcher Sachbearbeiter zu welchem Zeitpunkt die Verfügung getroffen hat. Dies ergibt sich aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 22.05.06. In diesem Fall ist der Zeitpunkt der Verfügung maßgeblich. Falls die vom BGH aufgestellten Mindestanforderungen nicht eingehalten werden, liegt keine wirksame Unterbrechungshandlung vor.

In Fällen, in denen der Bußgeldbescheid nach mehr als drei Monaten nach der Tat zugestellt wird, sollte also stets genau geprüft werden, ob die Tat möglicherweise bereits verjährt ist.

2.2.Unterbrechungsgrund des § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG

Unterbrochen wird die Verjährung ebenfalls durch den Erlaß des Bußgeldbescheides, sofern er innerhalb von zwei Wochen zugestellt wird. Wir er erst später zugestellt, so wird die Verjährung erst mit der Zustellung unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG). Diese muß natürlich noch innerhalb der Verjährungsfrist erfolgen. Ist diese zum Zeitpunkt der Zustellung bereits abgelaufen, ist die Tat verjährt und kann nicht mehr verfolgt werden.