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Verfahrensfragen im Bußgeldverfahren

1. Bedeutung des OWiG und der Verfahrensgrundsätze

Das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) stellt die Grundlage des Verfahrens bei Ordnungswidrigkeiten dar. Die Verfahrensweise ist dabei stark an den Strafprozess angelehnt, jedoch gelten vereinfachte Verfahrensvorschriften. Ordnungswidrigkeiten sind demnach keine Straftaten, sondern geringfügige Verstöße, die in der Regel durch Bußgelder geahndet werden. Dennoch kann auch ein Bußgeldverfahren erhebliche Auswirkungen auf den Betroffenen haben – beispielsweise durch Punkte in Flensburg, ein Fahrverbot oder eine drohende Entziehung der Fahrerlaubnis.

Eine der ersten Verteidigungsstrategien besteht darin, die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grundsätze zu überprüfen. Zu den relevanten Grundsätzen gehören der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 55 OWiG), die Unschuldsvermutung sowie das Opportunitätsprinzip, wonach die Behörde frei entscheiden kann, ob sie eine Ordnungswidrigkeit verfolgt oder das Verfahren einstellt. Für die Verteidigung ist es wichtig, diese Grundsätze im Auge zu behalten, da Verstöße gegen diese Grundsätze zur Aufhebung eines Bußgeldbescheids führen können.

2. Die Rolle des Bußgeldbescheids

Der Bußgeldbescheid ist das zentrale Dokument im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Er stellt die offizielle Mitteilung dar, dass der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt wird und eine bestimmte Sanktion, zumeist in Form eines Bußgeldes, zu erwarten hat. Für den Rechtsanwalt ist es von entscheidender Bedeutung, den Bußgeldbescheid genau zu überprüfen. Mögliche Verteidigungspunkte können sich bereits aus formellen Fehlern ergeben. Zu diesen Fehlern zählen:

  • Unzureichende Begründung des Tatvorwurfs: Der Bußgeldbescheid muss den Tatvorwurf ausreichend konkret beschreiben. Fehlt es an einer detaillierten Schilderung der Tat, kann dies zu einer Unwirksamkeit des Bescheids führen.
  • Fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung: Wird die Rechtsbehelfsbelehrung nicht korrekt erteilt, beispielsweise durch falsche Angaben zur Widerspruchsfrist oder unklare Formulierungen, kann dies ebenfalls ein Grund für die Einstellung des Verfahrens sein.
  • Fristversäumnisse: Der Bußgeldbescheid muss innerhalb einer bestimmten Frist zugestellt werden. Verstreicht diese Frist, ohne dass der Bescheid ergeht, ist der Vorwurf der Ordnungswidrigkeit nicht mehr verfolgbar.

Bereits diese formellen Fehler können entscheidend für eine erfolgreiche Verteidigung sein, und es lohnt sich daher, den Bescheid auf jede Einzelheit hin zu überprüfen.

3. Die Bedeutung von Verfahrensfristen und Verjährung

Fristen spielen im Ordnungswidrigkeitenrecht eine besondere Rolle. Das Verfahren unterliegt engen Fristen, die in verschiedenen Stadien des Verfahrens relevant werden können:

  • Verjährungsfristen: Ordnungswidrigkeiten unterliegen Verjährungsfristen. Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist bei den meisten Verkehrsordnungswidrigkeiten drei Monate (§ 26 Abs. 3 StVG). Das bedeutet, dass das Verfahren eingestellt werden muss, wenn innerhalb von drei Monaten nach der Tat kein Bußgeldbescheid erlassen wurde. Die Frist kann durch bestimmte Handlungen, wie etwa die Anhörung des Betroffenen, unterbrochen werden.
  • Frist zur Einlegung eines Einspruchs: Nach Erhalt des Bußgeldbescheids hat der Betroffene in der Regel zwei Wochen Zeit, Einspruch einzulegen. Ein Rechtsanwalt sollte sicherstellen, dass diese Frist eingehalten wird, da andernfalls der Bußgeldbescheid rechtskräftig wird.

Verjährung und Fristversäumnisse sind typische Verfahrenshindernisse, die zu einer Einstellung des Verfahrens führen können. Es ist daher von größter Bedeutung, dass der Rechtsanwalt die Fristen genau im Auge behält und rechtzeitig Einspruch einlegt.

4. Verwaltungsvorschriften

Die meisten Bundesländer verfügen über Richtlinien zur Verkehrsüberwachung, die von den Bußgeldbehörden zu beachten sind. Ein Verstoß hiergegen kann insbesondere bei der Verteidigung gegen ein Fahrverbot bedeutsam sein.

5. Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid

Ein zentraler Bestandteil der Verteidigung ist der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid. Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids schriftlich eingelegt werden (§ 67 OWiG). Die Einlegung des Einspruchs führt dazu, dass die Sache vor Gericht verhandelt wird. Hier kann die Verteidigung durch den Rechtsanwalt zahlreiche Angriffspunkte nutzen:

  • Prüfung der Beweismittel: Der Anwalt kann die Rechtmäßigkeit und die Qualität der Beweismittel in Frage stellen. Dazu gehört auch die Anfechtung von Zeugenaussagen oder die Überprüfung der technischen Messgeräte.
  • Zeugenvernehmung: Der Anwalt kann beantragen, dass Zeugen geladen werden, um Unstimmigkeiten im Tatvorwurf aufzudecken. Gerade bei Verkehrsordnungswidrigkeiten können unterschiedliche Aussagen zu einem wichtigen Verteidigungsmittel werden.
  • Verfahrenshindernisse aufdecken: Durch den Einspruch kann der Anwalt auf etwaige Verfahrenshindernisse aufmerksam machen, wie z.B. die bereits erwähnte Verjährung oder formale Mängel im Verfahren.

6. Einstellung des Verfahrens

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt werden kann. Der Rechtsanwalt kann dies in der Verteidigung anstreben, insbesondere wenn es Anhaltspunkte für Verfahrensfehler gibt. Typische Gründe für eine Einstellung des Verfahrens sind:

  • Geringfügigkeit: Die Behörde kann das Verfahren einstellen, wenn die Ordnungswidrigkeit als geringfügig eingestuft wird (§ 47 Abs. 1 OWiG).
  • Mangel an Beweisen: Wenn die Beweise unzureichend sind oder Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beweismittel bestehen, kann das Verfahren eingestellt werden.
  • Verjährung oder formale Fehler: Wie bereits erwähnt, führen Verjährung und formale Fehler häufig zur Einstellung des Verfahrens.