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Verfahren vor dem Amtsgericht

Hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsakten an das Amtsgericht weitergeleitet, so entscheidet dieses über den Einspruch. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Tat begangen wurde.

Das Gericht prüft noch einmal, ob der Einspruch form- und fristgerecht eingelegt wurde. Ist dies nicht der Fall, verwirft es den Einspruch durch Beschluss (§70 OWiG), gegen den sofortige Beschwerde eingelegt werden kann.

Das Gericht prüft ebenfalls selbst, ob eine Verfolgung der Tat geboten ist. Das Amtsgericht kann dabei zu einer anderen Einschätzung gelangen als die Bußgeldbehörde. Hält das Gericht eine Verfolgung nicht für geboten, so kann es das Verfahren einstellen wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt. Bei Geldbußen bis 100.— € ist eine solche Zustimmung nicht erforderlich, sofern die Staatsanwaltschaft erklärt hat, dass sie an der Hauptverhandlung nicht teilnehmen will. Im Gegensatz zum Strafverfahren, wo das Verfahren gegen eine Auflage (z.B. Zahlung eines bestimmten Geldbetrages) eingestellt werden kann, darf im Bußgeldverfahren die Einstellung nicht von einer Auflage (z.B. der Zahlung eines Geldbetrages) abhängig gemacht werden.

Kommt eine Einstellung des Verfahrens nicht in Betracht, so wird üblicherweise ein Gerichtstermin zur Verhandlung über den Einspruch anberaumt. Der Betroffene erhält hierzu eine Ladung.

Wenn der Betroffene zu diesem Termin nicht erscheint und sein Fehlen nicht entschuldigt, so wird der Einspruch durch das Gericht verworfen und der Bußgeldbescheid damit rechtskräftig. War der Betroffene ohne sein Verschulden gehindert, den Termin wahrzunehmen, so besteht auch hier die Möglichkeit, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen.

Der Betroffene ist grundsätzlich zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung verpflichtet. Das heißt, dass das Gericht den Einspruch des Betroffenen auch dann wegen Nichterscheinens verwerfen kann wenn für den Betroffenen ein Vertreter, z.B. ein Verteidiger erscheint. Es besteht jedoch die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen vom Gericht entbinden zu lassen. Diesem Antrag muß das Gericht stattgeben, wenn der Betroffene sich bereits geäußert hat oder erklärt hat, dass er sich nicht zur Sache einlassen werden und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist. Insbesondere wenn der Betroffene bereits eine detaillierte Stellungnahme abgegeben hat wird das Gericht auf das persönliche Erscheinen verzichten können. Geht es hingegen z.B. um die Identifizierung des Täters, so ist die Anwesenheit des Betroffenen in der Regel erforderlich.

Im Gegensatz zum bisherigen Gang des Verfahrens, der fast immer schriftlich verläuft, besteht in der Hauptverhandlung die Möglichkeit, die Angelegenheit mündlich zu erörtern. In einer persönlichen Aussprache können viele Unklarheiten oft besser geklärt werden als in einer rein schriftlichen Auseinandersetzung. Je nach Lage des Falles wird das Gericht dem Betroffenen nahe legen, den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückzunehmen, wenn es diesen für aussichtslos hält. Der Betroffene kann sich dann überlegen, ob er sich der Meinung des Gerichts anschließen will, oder ob er möchte, dass über seinen Einspruch eine Entscheidung ergeht, gegen die er gegebenenfalls eine Rechtsbeschwerde einlegt.

In der Verhandlung wird der Sachverhalt umfassend erörtert. Sofern noch Unklarheiten bestehen, kann das Gericht von Amts wegen die Erhebung von Beweisen anordnen. Der Betroffene kann auch selbst oder durch seinen Verteidiger Beweisanträge stellen.

In der Verhandlung über den Einspruch kann das Gericht auch eine Entscheidung treffen, die von dem Bußgeldbescheid zugunsten oder zum Nachteil des Betroffenen abweicht. Für die Mehrzahl der Bußgeldangelegenheiten besteht allerdings eine Vorgabe in der Bußgeldkatalogverordnung. Von diesen Maßgaben kann das Gericht zwar abweichen. Bei durchschnittlichen Fällen besteht jedoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass im Falle einer Verurteilung das Bußgeld entsprechend den Vorgaben der Bußgeldkatalogverordnung ausfallen wird, sofern sich nach Erlass des Bußgeldbescheides keine neuen Erkenntnisse ergeben. 

 


Rechtsprechung:

OLG Celle – Beschluss vom 20.08.08: 1. Stellt der Betroffene einen Antrag auf Entbindung von der Erscheinenspflicht und erscheint er in der Verhandlung über den Einspruch nicht, obwohl über den Entbindungsantrag noch nicht entschieden worden war, so muss das Gericht bei einem Verwerfungsurteil in seinen Urteilsgründen Ausführungen zu dem Entbindungsantrag machen. Fehlen diese, so ist das Urteil auf Rechtsbeschwerde hin aufzuheben. / 2. Ein Verwerfungsurteil ist ebenfalls aufzuheben, wenn das Gericht einem Entbindungsantrag hätte stattgeben müssen.

OLG Hamm – Beschluss vom 19.08.08: Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid kann ebenfalls auf den Rechtsfolgenauspruch beschränkt werden. Eine zulässige Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt voraus, dass ausreichende Feststellungen zum Schuldspruch getroffen worden sind. Bei Ordnungswidrigkeiten, die sowohl fahrlässig als auch vorsätzlich begangen werden können, ist dies aber nicht der Fall, wenn im Bußgeldbescheid die Schuldform weder festgestellt wurde, noch sich aus der Sachdarstellung ergibt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist obergerichtlich für den Fall anerkannt, dass die Verwaltungsbehörde die Regelsätze der Bußgeldkatalogverordnung als Ahndung angeordnet hat.