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Der Rechtsbeschwerdeantrag nach § 344 Abs. 1 StPO – Inhalt, Bedeutung und typische Fehlerquellen im Bußgeldverfahren

Symbolbild Rechtsbeschwerde

Im Rahmen der Rechtsbeschwerde im Bußgeldverfahren kommt dem Antrag im Sinne des § 344 Abs. 1 StPO eine entscheidende Bedeutung zu. Denn anders als bei der bloßen Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 341 StPO), wird hier festgelegt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angegriffen wird. Ein korrekt formulierter und inhaltlich durchdachter Antrag ist daher Voraussetzung für eine erfolgreiche Rechtsbeschwerde.


Was ist der Rechtsbeschwerdeantrag nach § 344 Abs. 1 StPO?

Der Antrag im Sinne des § 344 Abs. 1 StPO ist Bestandteil der Rechtsbeschwerdebegründung. Er gibt an, inwieweit das Urteil des Amtsgerichts angefochten wird und welche Entscheidung das Rechtsbeschwerdegericht treffen soll.

Das Gesetz verlangt:

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(§ 344 Abs. 1 StPO, entsprechend anwendbar über § 79 Abs. 3 OWiG)


Bedeutung in der Praxis

Die Formulierung des Rechtsbeschwerdeantrags ist keineswegs bloße Förmelei. Sie hat direkte Auswirkungen auf den Prüfungsumfang des Rechtsbeschwerdegerichts. Wird der Antrag zu eng gefasst, prüft das Rechtsbeschwerdegericht auch nur in diesem Rahmen.

Beispiel:
Ein Antrag lautet: „Es wird beantragt, das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.“
→ Das Gericht prüft dann nur den Rechtsfolgenausspruch – nicht die Schuldfeststellung.

Daher gilt: Je klarer und vollständiger der Antrag formuliert ist, desto größer ist der Umfang der gerichtlichen Kontrolle.


Mögliche Antragstypen im Rechtsbeschwerdeverfahren

Im Bußgeldverfahren kommen typischerweise folgende Antragstypen vor:

  1. Gesamter Angriff auf das Urteil „Es wird beantragt, das Urteil des Amtsgerichts XY vom [Datum] mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben.“
  2. Teilangriff – nur Rechtsfolgen oder Schuldspruch „Es wird beantragt, das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.“
    „Es wird beantragt, das Urteil hinsichtlich des Schuldspruchs aufzuheben.“
  3. Antrag auf Zurückverweisung (§ 79 Abs. 6 OWiG) „Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.“

Typische Fehler und deren Folgen

Ein fehlerhafter oder unvollständiger Antrag kann zur Teilunzulässigkeit oder vollständigen Verwerfung der Rechtsbeschwerde führen. Besonders häufige Fehler sind:

  • Keine klare Formulierung des Anfechtungsumfangs
  • Antrag fehlt vollständig
  • Unvereinbare Anträge (z. B. Aufhebung und gleichzeitig Änderung ohne Grundlage)

Tipp aus der Praxis: Es empfiehlt sich stets eine Formulierung, die die Aufhebung des Urteils einschließlich der zugrunde liegenden Feststellungen beantragt – außer, diese sollen ausdrücklich erhalten bleiben.


Verhältnis zur Sach- oder Verfahrensrüge

Der Antrag nach § 344 Abs. 1 StPO ist formal von der Rügeart zu trennen, aber inhaltlich mit ihr verknüpft. Der Antrag legt den Rahmen fest, die Rüge liefert die inhaltliche Begründung.

Beispiel für die Verbindung:

Antrag: „Es wird beantragt, das Urteil insgesamt aufzuheben.“
Rüge: „Es wird die Verletzung des sachlichen Rechts gerügt.“

Nur wenn Antrag und Rüge ordnungsgemäß zusammenwirken, wird das Urteil inhaltlich überprüft.


Form und Frist

Der Antrag ist Teil der Rechtsbeschwerdebegründung und muss daher:


Musterformulierung für den Rechtsbeschwerdeantrag

„Es wird beantragt, das Urteil des Amtsgerichts [Ort] vom [Datum] mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.“

Diese Formulierung ist rechtlich sauber, lässt dem Rechtsbeschwerdegericht aber auch die Möglichkeit, die Sache zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, was in der Praxis meist die Folge einer erfolgreichen Rechtsbeschwerde ist (§ 79 Abs. 6 OWiG).


Fazit: Ohne klaren Antrag keine gerichtliche Überprüfung

Der Rechtsbeschwerdeantrag im Sinne des § 344 Abs. 1 StPO legt den Rahmen der Prüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht fest. Wer hier ungenau formuliert oder den Antrag vergisst, riskiert die Unzulässigkeit oder eine unnötige Beschränkung der Überprüfung.


Häufige Fragen zum Rechtsbeschwerdeantrag (§ 344 Abs. 1 StPO)

Ist der Antrag Pflicht?
Ja – ohne Antrag im Sinne des § 344 Abs. 1 StPO ist die Rechtsbeschwerdebegründung unvollständig.

Was passiert, wenn der Antrag fehlt?
Die Rechtsbeschwerde wird verworfen – auch wenn eine Rüge enthalten ist.

Kann ich selbst den Antrag stellen?
Ja, aber nur zu Protokoll der Geschäftsstelle, dessen Urteil angefochten wird, ansonsten über einen Rechtsanwalt oder Verteidiger.

Was sollte ich beantragen – Aufhebung oder Änderung?
In der Regel empfiehlt sich die Aufhebung mit Zurückverweisung, da das Rechtsbeschwerdegericht keine eigene Sachverhaltsaufklärung vornimmt.

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