Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten spielt der Opportunitätsgrundsatz eine zentrale Rolle. Anders als im Strafverfahren, wo die Staatsanwaltschaft dem sogenannten Legalitätsprinzip unterliegt und Straftaten grundsätzlich verfolgen muss, haben die Bußgeldbehörden im Ordnungswidrigkeitenrecht mehr Ermessensspielräume. Doch was bedeutet das konkret für Betroffene im Verkehrsrecht?
Was ist der Opportunitätsgrundsatz?
Im Bußgeldverfahren, etwa bei Verkehrsordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstößen oder Handyverstößen am Steuer, gilt der Opportunitätsgrundsatz. Dieser Grundsatz besagt, dass die zuständige Bußgeldbehörde nicht zwingend jede Ordnungswidrigkeit verfolgen muss. Vielmehr kann sie das Verfahren einstellen, wenn eine Verfolgung nicht geboten erscheint.
Ein häufiges Beispiel: Kann der Tatnachweis nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand geführt werden, etwa bei unklaren Beweis- oder Identitätsfragen, darf die Behörde das Verfahren einstellen. Auch bei geringfügigen Verstößen, die keine schwerwiegenden Folgen hatten, wird häufig von einer weiteren Verfolgung abgesehen.
Unterschiede zum Strafverfahren
Im Gegensatz dazu unterliegt die Staatsanwaltschaft im Strafrecht dem Legalitätsprinzip. Das bedeutet: Sobald ein Anfangsverdacht für eine Straftat besteht, ist die Behörde verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und die Tat zu verfolgen. Eine Einstellung aus Opportunitätsgründen ist hier – von wenigen Ausnahmen abgesehen (§§ 153 ff. StPO) – nicht möglich.
Im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht hingegen ist die Verfolgung immer eine Ermessensentscheidung. Die Bußgeldbehörde wägt ab, ob eine Sanktionierung notwendig oder verzichtbar ist.
Wann wird ein Bußgeldverfahren eingestellt?
Typische Situationen, in denen der Opportunitätsgrundsatz zur Einstellung eines Verfahrens führen kann, sind:
-
Beweisschwierigkeiten: Wenn etwa Blitzerfotos unscharf sind oder die Fahreridentität nicht eindeutig geklärt werden kann.
-
Geringfügigkeit der Tat: Bei sehr geringfügigen Verstößen ohne relevante Folgen kann die Behörde von einer Verfolgung absehen.
-
Unverhältnismäßiger Ermittlungsaufwand: Wenn die Aufklärung eines Verstoßes nur mit sehr hohem zeitlichen oder finanziellen Aufwand möglich wäre, darf das Verfahren eingestellt werden.
Vorteile für Betroffene
Für Betroffene von Verkehrsordnungswidrigkeiten bietet der Opportunitätsgrundsatz einen wichtigen Schutzmechanismus. Die Behörden sind angehalten, Ressourcen effizient einzusetzen und Bagatellfälle nicht unnötig zu verfolgen. Wer sich geschickt verteidigt und auf etwaige Beweislücken hinweist, kann daher oft eine Einstellung des Verfahrens erreichen.
Links: