Die Lebensakte eines Messgeräts spielt eine wichtige Rolle bei der Verteidigung gegen einen Bußgeldbescheid, insbesondere wenn es um Geschwindigkeits- oder Abstandsverstöße geht. Die Lebensakte enthält alle relevanten Informationen zur Wartung, Reparatur und Eichung des Messgeräts, die nach § 31 Mess- und Eichgesetz dokumentiert und aufbewahrt werden müssen. Diese Informationen können essenziell sein, um die Korrektheit der Messung anzufechten.
Wenn eine Messung infrage gestellt wird, hat der Verteidiger des Betroffenen das Recht auf Einsichtnahme in die Lebensakte des verwendeten Messgeräts. Dies ergibt sich aus dem Recht auf Akteneinsicht gemäß § 147 StPO, das auch im Bußgeldverfahren Anwendung findet. Fehlt die Lebensakte oder wird die Einsichtnahme in sie verweigert, kann dies zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Messung führen und als Argument gegen die Gültigkeit des Bußgeldbescheides genutzt werden.
Gerichte haben mehrfach bestätigt, dass die Behörde verpflichtet ist, die Lebensakte vorzulegen (so. z.B. AG Hagen, Beschl. vom 28.06.12). Sollte keine Lebensakte existieren, muss die Behörde zumindest Informationen über Wartungen, Reparaturen und Eichungen während des betroffenen Zeitraums bereitstellen.
Die Bedeutung der Lebensakte wird auch durch Entscheidungen von Oberlandesgerichten unterstrichen. So hat das OLG Jena 2016 entschieden, dass ein Beweisantrag auf Beiziehung der Lebensakte nicht mit der Begründung abgelehnt werden darf, dass es keine Anhaltspunkte für Reparaturen zwischen Eichung und Messung gibt, wenn die Verwaltungsbehörde die Einsichtnahme in die Lebensakte verweigert hat. Ähnliche Urteile anderer Gerichte, etwa des AG Cottbus, verdeutlichen, dass die Lebensakte ein zentraler Aspekt der Verteidigung gegen technische Messungen ist. Ohne diese Dokumente können Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Geräts nicht ausgeräumt werden.
Zusätzlich zur Lebensakte können auch Bedienfehler oder technische Probleme, wie fehlerhafte Winkelmessungen oder Reflexionen bei der Radarmessung, eine Rolle spielen. Diese Fehlerquellen lassen sich jedoch häufig nur durch eine genaue Analyse der technischen Unterlagen und der Lebensakte aufdecken.
Insgesamt ist die Lebensakte eines Messgeräts ein unverzichtbares Instrument bei der Überprüfung der Messgenauigkeit und damit ein potenzieller Ansatzpunkt, um gegen einen Bußgeldbescheid vorzugehen. Verteidiger sollten daher immer auf Einsicht in diese Unterlagen bestehen und, wenn nötig, eine gerichtliche Entscheidung darüber anstreben.
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