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Freispruch und Einstellungen im Bußgeldverfahren

Im Bußgeldverfahren nach dem deutschen Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) bestehen mehrere Möglichkeiten, das Verfahren zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Frage, ob der Betroffene bei einer Verfahrensbeendigung eine Kostenerstattung der Staatskasse erhält. Im Folgenden werden die verschiedenen Optionen und deren rechtliche Grundlagen näher erläutert.

1. Der Freispruch im Bußgeldverfahren und die Kostenerstattung

Der Freispruch ist die förmlichste Art der Verfahrensbeendigung im Bußgeldverfahren und führt dazu, dass der Betroffene von dem Vorwurf der Ordnungswidrigkeit vollständig entlastet wird. Ein Freispruch kommt in Betracht, wenn das Gericht nach der Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass der Betroffene die ihm zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit nicht begangen hat oder dass das Verhalten des Betroffenen nicht als Ordnungswidrigkeit zu qualifizieren ist.

Die Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung nach einem Freispruch findet sich in § 467 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO), der gemäß § 46 OWiG auch im Bußgeldverfahren Anwendung findet. Danach trägt die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Betroffenen, wenn er freigesprochen wird. Notwendige Auslagen umfassen in der Regel die Kosten für einen Rechtsanwalt, die Fahrtkosten zum Gericht sowie gegebenenfalls Gutachterkosten. Der Freispruch ist für den Betroffenen also nicht nur rechtlich vorteilhaft, sondern bringt in der Regel auch eine vollständige Kostenerstattung mit sich.

Zu beachten ist jedoch, dass der Freispruch in der Praxis – außer bei Identifikationsfällen – eher selten vorkommt. In der Regel enden Bußgeldverfahren häufiger durch eine Einstellung des Verfahrens, insbesondere weil die Gerichte durch die hohe Anzahl von Bußgeldverfahren stark ausgelastet sind und auf diesem Weg eine pragmatische Verfahrensbeendigung angestrebt wird.

Ein Nachteil des Freispruchs ist weiterhin der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Gerichts Rechtsbeschwerde einlegen kann und die Sache daraufhin – sofern die Voraussetzungen vorliegen – vom zuständigen Oberlandesgericht überprüft wird.

2. Einstellung des Verfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG

Eine wichtige Rolle im Bußgeldverfahren spielt die Einstellung des Verfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG. Diese Vorschrift erlaubt es der Verwaltungsbehörde, das Verfahren jederzeit einzustellen, wenn die Schwere der Tat gering ist und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Auch das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens eine Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG vornehmen.

Die Einstellung nach dieser Norm bietet den Vorteil, dass das Verfahren ohne förmliche Verhandlung beendet werden kann. Eine solche Verfahrensbeendigung kann vor allem dann angestrebt werden, wenn die Sach- oder Rechtslage unsicher ist oder wenn die zu erwartende Sanktion unverhältnismäßig zum Aufwand der weiteren Verfahrensführung erscheint. Für den Betroffenen ist dies häufig eine pragmatische Lösung, da er nicht mit einem Bußgeld belegt wird und das Verfahren schnell abgeschlossen werden kann. Eine Einstellung nach § 47 Abs. 2 OwiG kann auch noch während der Gerichtsverhandlung über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid erfolgen.

2.1. Einstellung des Verfahrens ohne Kostenerstattung

In der Regel erfolgt die Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG ohne Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen. Das bedeutet, dass der Betroffene die Kosten seines Verteidigers und etwaige weitere Kosten, die im Laufe des Verfahrens angefallen sind, selbst tragen muss, sofern er keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat.

Die Verfahrenseinstellung ohne Kostenerstattung ist in der Praxis häufig anzutreffen, insbesondere in Fällen, in denen die Erfolgsaussichten des Betroffenen im Verfahren unsicher sind und das Risiko besteht, dass er im Falle einer Verurteilung neben den Verfahrenskosten auch das Bußgeld tragen müsste.

2.2. Einstellung des Verfahrens mit Kostenerstattung

Eine Verfahrenseinstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG kann auch mit einer Erstattung der notwendigen Auslagen verbunden sein. Dies ist der Fall, wenn das Verfahren aus Gründen eingestellt wird, die dem Betroffenen nicht anzulasten sind. Ein Beispiel hierfür ist, wenn die Ordnungswidrigkeit voraussichtlich nicht nachweisbar ist oder wenn sich herausstellt, dass die Tat objektiv nicht vorliegt.

In solchen Fällen kann das Gericht nach § 467 Abs. 4 StPO, der im Bußgeldverfahren entsprechend anwendbar ist, eine Kostenerstattung anordnen. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Billigkeitsprüfung ergibt, dass es unangemessen wäre, dem Betroffenen die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Häufig wird dies dann der Fall sein, wenn sich während des Verfahrens herausstellt, dass die Behörde von vornherein keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Tat hatte oder dass die Tat aus rechtlichen Gründen nicht verfolgt werden konnte.

3. Weitere Einstellungsmöglichkeiten im Bußgeldverfahren

Neben der Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG gibt es auch noch weitere Möglichkeiten, das Bußgeldverfahren erfolgreich zu beenden.

3.1. Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses

Verfahrenshindernisse sind rechtliche Gründe, die verhindern, dass das Verfahren fortgeführt werden kann. Zu den typischen Verfahrenshindernissen zählen unter anderem:

  • Verjährung: Ordnungswidrigkeiten unterliegen der Verfolgungsverjährung. Wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist, darf das Verfahren nicht mehr weitergeführt werden. Die Verjährungsfrist für Ordnungswidrigkeiten ist je nach Art der Ordnungswidrigkeit unterschiedlich, beträgt jedoch in vielen Fällen drei Monate (§ 31 OWiG).
  • Fehlende Zuständigkeit: Wenn die zuständige Behörde oder das zuständige Gericht nicht ordnungsgemäß eingeschaltet wurde oder die Zuständigkeit falsch zugeordnet wurde, liegt ein Verfahrenshindernis vor.
  • Formfehler: Verfahrenshindernisse können auch durch gravierende Formfehler im Verfahrensablauf entstehen, etwa wenn wesentliche prozessuale Vorschriften nicht eingehalten wurden oder eine notwendige Anordnung fehlt. In der Praxis ist dies gelegentlich die unzureichende Bezeichnung des Tatorts im Bußgeldbescheid.

Stellt das Gericht oder die Behörde ein Verfahrenshindernis fest, wird das Verfahren eingestellt. Dies bedeutet, dass der Betroffene von allen Vorwürfen entlastet wird, ohne dass es zu einer Prüfung des Tatvorwurfs selbst kommt.

Kostenerstattung bei Verfahrenshindernissen
Die Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses führt in der Regel zur Kostenerstattung gemäß § 467 Abs. 1 StPO. Da die Verfahrensbeendigung nicht auf ein Fehlverhalten des Betroffenen, sondern auf rechtliche Gründe zurückzuführen ist, trägt die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Betroffenen. Der Betroffene erhält also in der Regel die Kosten für seinen Verteidiger sowie sonstige entstandene Kosten erstattet, da die Fortsetzung des Verfahrens aufgrund des Verfahrenshindernisses von vornherein nicht zulässig war.

3.2. Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts

Ein weiterer wichtiger Grund für die Einstellung des Bußgeldverfahrens ist das Fehlen eines hinreichenden Tatverdachts. Ein hinreichender Tatverdacht besteht dann, wenn nach den Ermittlungen eine Verurteilung des Betroffenen wahrscheinlich erscheint. Fehlt es an dieser Wahrscheinlichkeit, etwa weil ein Messfoto nicht zur ordnungsgemäßen Identifizierung des Betroffenen ausreicht, kann das Verfahren eingestellt werden. Dies kann sowohl durch die Verwaltungsbehörde als auch durch das Gericht geschehen.

Kostenerstattung bei Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts
Wird das Verfahren aufgrund mangelnden Tatverdachts eingestellt, hat der Betroffene ebenfalls in der Regel Anspruch auf Erstattung seiner notwendigen Auslagen. Dies ergibt sich aus § 467 Abs. 1 StPO. Da die Einstellung des Verfahrens darauf beruht, dass keine hinreichenden Beweise für die Tat vorliegen, wäre es unbillig, dem Betroffenen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Staatskasse übernimmt daher die Verteidigerkosten sowie etwaige weitere notwendige Auslagen.

Die Einstellung wegen mangelnden Tatverdachts ist somit nicht nur für den Betroffenen eine rechtliche Entlastung, sondern schützt ihn auch vor finanziellen Belastungen.