Im Ordnungswidrigkeitenverfahren – beispielsweise bei Bußgeldentscheidungen im Verkehrsrecht – besteht nach einer Verurteilung durch das Amtsgericht die Möglichkeit, Rechtsbeschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht (OLG) einzulegen. Das OLG kann wie folgt entscheiden:
1. Aufhebung des Urteils durch das OLG bei begründeter Rechtsbeschwerde
Hält das OLG die Rechtsbeschwerde für zulässig und begründet, wird das Urteil des Amtsgerichts gemäß § 79 Abs. 6 OWiG in Verbindung mit der Strafprozessordnung (StPO) aufgehoben.
In der Praxis ergeben sich zwei Handlungsmöglichkeiten für das Oberlandesgericht:
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Freispruch: Ist die Sach- und Rechtslage klar und lässt sich eine abschließende Bewertung auf Basis der Verfahrensakte treffen, spricht das OLG den Betroffenen frei.
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Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung: Kann das OLG keine abschließende Entscheidung treffen – etwa weil das Amtsgericht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt hat oder eine erneute Beweisaufnahme erforderlich ist – wird die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Diese Zurückverweisung dient der ordnungsgemäßen erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des OLG.
2. Verwerfung der Rechtsbeschwerde bei Unbegründetheit
Hält das OLG die Rechtsbeschwerde für nicht begründet, wird sie durch Beschluss verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO analog). Die Folge:
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Das Urteil des Amtsgerichts wird rechtskräftig.
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Die Entscheidung kann nicht mehr durch ordentliche Rechtsmittel angefochten werden.
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Ein Bußgeld, Punkte im Fahreignungsregister oder ein verhängtes Fahrverbot sind damit endgültig wirksam.
Für Betroffene ist dies der Abschluss des gerichtlichen Verfahrens.
3. Ausnahme: Vorlage an den Bundesgerichtshof bei uneinheitlicher Rechtsprechung
Eine besondere Konstellation liegt vor, wenn das OLG von der Entscheidungslinie eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen möchte. In diesem Fall ist das OLG verpflichtet, die Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof (BGH) zur Entscheidung vorzulegen (§ 121 Abs. 2 GVG – sogenannte Divergenzvorlage).
Ziel ist es, eine einheitliche Rechtsanwendung in vergleichbaren Fällen bundesweit sicherzustellen. Solche Vorlagen sind jedoch äußerst selten und betreffen meist grundsätzliche rechtliche Fragestellungen.