Die Rechtsbeschwerde ist das maßgebliche Rechtsmittel zur Überprüfung von gerichtlichen Entscheidungen in Ordnungswidrigkeitssachen. Doch bereits an der Einlegung der Rechtsbeschwerde scheitern viele Betroffene – oft aus rein formellen Gründen.
Was ist die Einlegung der Rechtsbeschwerde?
Die Einlegung der Rechtsbeschwerde ist der erste formale Schritt, um eine gerichtliche Entscheidung – meist ein amtsgerichtliches Urteil im Bußgeldverfahren – durch ein höheres Gericht überprüfen zu lassen. Die Vorschriften dazu finden sich in § 79 Abs. 3 OWiG in Verbindung mit §§ 341–350 StPO.
Durch die Einlegung erklärt der Betroffene (oder sein Verteidiger), dass er gegen das Urteil Rechtsbeschwerde einlegt. Diese Erklärung ist notwendig, damit das Verfahren in die nächste Instanz übergeht.
Frist und Form der Einlegung (§ 341 StPO)
Die Einlegung der Rechtsbeschwerde muss:
- innerhalb einer Woche nach der Verkündung des Urteils erfolgen,
- schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erklärt werden,
- von einem Verteidiger oder dem Betroffenen selbst abgegeben werden.
Wurde das Urteil nur schriftlich zugestellt (z. B. bei Abwesenheitsverhandlung), beginnt die Frist mit der Zustellung zu laufen.
Abgrenzung: Einlegung vs. Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde
Nicht jede Rechtsbeschwerde ist automatisch zulässig. Das Gesetz unterscheidet:
1. Zulassungsfreie Rechtsbeschwerde (§ 79 Abs. 1 OWiG):
Die Rechtsbeschwerde ist direkt zulässig, wenn:
- die Geldbuße mindestens 250 Euro beträgt oder
- ein Fahrverbot verhängt wurde.
In diesem Fall genügt die einfache Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 341 StPO).
2. Zulassungsrechtsbeschwerde (§ 80 OWiG):
Liegt die Geldbuße unter 250 Euro und wurde kein Fahrverbot verhängt, ist die Rechtsbeschwerde nur mit Zulassung möglich.
Dann ist innerhalb der Monatsfrist nach Urteilszustellung:
- ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zu stellen und
- dieser besonders zu begründen (§ 80 Abs. 1, 2 OWiG).
Mögliche Zulassungsgründe:
- Versagung rechtlichen Gehörs
- Klärung von grundsätzlichen Rechtsfragen
- Fortbildung des Rechts
Rechtsbeschwerdebegründung (§ 345 Abs. 1 und 2 StPO)
Neben der Einlegung ist für eine wirksame Rechtsbeschwerde auch die rechtzeitige Begründung erforderlich. Diese muss:
- innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils erfolgen,
- schriftlich durch einen Rechtsanwalt oder Verteidiger eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle diktiert werden,
- die Antragsformulierung enthalten (§ 344 Abs. 1 StPO),
- sowie mindestens eine zulässige Rüge (Sachrüge und/oder Verfahrensrüge) enthalten.
Der Antrag gem. § 344 Abs. 1 StPO
Im Rahmen der Begründung muss angegeben werden:
- inwieweit das Urteil angefochten wird (z. B. nur Rechtsfolgen oder auch der Schuldspruch),
- ob eine Aufhebung oder Änderung der Entscheidung beantragt wird.
Ohne diese Antragstellung ist die Begründung unvollständig – die Rechtsbeschwerde wäre unzulässig.
Sachrüge oder Verfahrensrüge?
Für eine wirksame inhaltliche Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht muss die Begründung eine zulässige Rüge enthalten:
Sachrüge:
- Einfacher zu erheben („Ich rüge die Verletzung sachlichen Rechts“)
- Das Rechtsbeschwerdegericht prüft dann alle materiellen Rechtsfehler
Verfahrensrüge:
- Komplexer – muss konkret und vollständig vorgetragen werden
- Voraussetzung für die Überprüfung von Verfahrensverstößen (z. B. Beweisantragsablehnung, rechtliches Gehör)
Tipp aus der Praxis: In den meisten Fällen empfiehlt es sich, zumindest die allgemeine Sachrüge zu erheben, um eine umfassende inhaltliche Prüfung zu ermöglichen.
Die formgerechte Einlegung der Rechtsbeschwerde ist zwingende Voraussetzung für die Überprüfung eines Urteils im Bußgeldverfahren. Doch damit allein ist es nicht getan: Wer mit der Rechtsbeschwerde Erfolg haben will, muss auch einen klaren Antrag nach § 344 Abs. 1 StPO stellen und mindestens eine wirksame Rüge formulieren.
Häufige Fragen zur Einlegung der Rechtsbeschwerde
Wann muss ich die Rechtsbeschwerde einlegen?
Innerhalb einer Woche nach Verkündung des Urteils.
Brauche ich einen Anwalt für die Einlegung?
Nein – aber für die Begründung, inklusive Rüge und Antrag, ist anwaltliche Vertretung sinnvoll. Die Begründung kann aber auch ohne Anwalt zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, dessen Urteil angefochten wird, diktiert werden.