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Anhörungsbogen im Bußgeldverfahren – Unterschied zwischen Anhörung als Betroffener und als Zeuge

Bild eines Blitzerfotos, das ein Fahrzeug mit unscharf erkennbarer Person zeigt.

Wer Post von der Bußgeldstelle erhält, findet darin häufig einen Anhörungsbogen. Doch nicht jeder, der ein solches Schreiben erhält, ist automatisch derjenige, dem eine Ordnungswidrigkeit zur Last gelegt wird. In der Praxis ist entscheidend, ob die Anhörung als Betroffener oder als Zeuge erfolgt – denn davon hängt ab, welche Rechte und Pflichten bestehen.

Was ist ein Anhörungsbogen?

Der Anhörungsbogen ist ein standardisiertes Schreiben, mit dem die Bußgeldbehörde ihrer Pflicht zur rechtlichen Anhörung nachkommt. Bevor ein Bußgeldbescheid erlassen wird, muss der Betroffene die Möglichkeit erhalten, sich zu dem Tatvorwurf zu äußern (§ 55 OWiG).

Doch nicht nur potenziellen Betroffenen wird ein solcher Bogen zugesendet. Auch Personen, die als Zeugen in Betracht kommen, können zur Stellungnahme aufgefordert werden.

➡️ Anhörung als Betroffener
➡️ Anhörung als Zeuge


1. Anhörung als Betroffener – was bedeutet das?

Erhalten Sie einen Anhörungsbogen mit dem Hinweis, dass Sie als Betroffener angehört werden, bedeutet das: Die Behörde geht davon aus, dass Sie die Ordnungswidrigkeit selbst begangen haben – beispielsweise als Fahrer eines Fahrzeugs bei einem Tempoverstoß oder Rotlichtverstoß.

Rechte und Pflichten bei Anhörung als Betroffener:

  • Keine Pflicht zur Selbstbelastung – Sie müssen sich nicht zur Sache äußern (Schweigerecht nach § 55 OWiG).

  • Pflicht zur Angabe persönlicher Daten – Die Personalien (Vor-, Familien- oder Geburtsnamen, Ort oder Tag der Geburt, Familienstand, Beruf, Wohnort, Wohnanschrift und  Staatsangehörigkeit)  müssen korrekt angegeben werden.

  • Möglichkeit zur Stellungnahme – Wer will, kann Angaben zur Tat machen oder entlastende Umstände mitteilen. Es ist im Regelfall sinnvoll, zunächst Akteneinsicht durch einen Verteidiger nehmen zu lassen.

Ein häufiger Irrtum: Schweigen wird nicht als Schuldeingeständnis gewertet.

Die Versendung eines Anhörungsbogens als Betroffener unterbricht die Verjährung, sofern Sie nicht schon vorher als Betroffener angehört wurden. Das bedeutet, dass die Verjährung ab diesem Zeitpunkt wieder von neuem beginnt. Dies ist wegen der im Regelfall kurzen Verjährungsfrist von drei Monaten von erheblicher praktischer Bedeutung.


2. Anhörung als Zeuge – worauf kommt es an?

Eine Anhörung als Zeuge erfolgt in der Regel, wenn die Bußgeldstelle noch nicht eindeutig weiß, wer der Fahrer war – etwa bei Blitzerfotos mit teilweise verdeckten Personen oder schlechter Bildqualität.

Merkmale der Zeugenanhörung:

  • Sie sind nicht selbst Beschuldigter, sondern sollen bei der Aufklärung helfen.

  • Als Zeuge besteht grundsätzlich Aussagepflicht (§ 46 OWiG i. V. m. § 161a StPO), bei jedoch einige Besonderheiten zu beachten sind (näheres hier: Anhörung als Zeuge).

  • Es gibt jedoch Ausnahmen: Angehörige des Betroffenen (z. B. Ehepartner, Kinder) haben ein Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 StPO). Es besteht auch keine Pflicht, sich selbst oder einen nahen Angehörigen zu belasten (§ 55 StPO).

Wichtig: Machen Sie als Zeuge falsche Angaben, kann das – je nach Lage des Falls – bußgeldrechtliche (§ 111 OWiG) und strafrechtliche (§ 164 StGB) Konsequenzen haben.

Im Gegensatz zur Anhörung als Betroffener unterbricht die Anhörung als Zeuge die Verjährung nicht.