Wer Post von der Bußgeldstelle erhält und darin zur Anhörung als Zeuge in einem Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren aufgefordert wird, ist oft verunsichert: Muss ich den Fahrer nennen? Was passiert, wenn ich nichts sage? Welche Pflichten habe ich überhaupt? In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rechte und Risiken mit einer Zeugenanhörung im Bußgeldverfahren verbunden sind, und warum vorschnelle Aussagen ernsthafte Konsequenzen haben können.
Warum wird man als Zeuge angehört?
In den meisten Fällen dient die Zeugenanhörung im Straßenverkehr dazu, den Fahrer eines Fahrzeugs zu ermitteln, mit dem eine Ordnungswidrigkeit – etwa eine Geschwindigkeitsüberschreitung – begangen wurde.
Hintergrund: Die Bußgeldbehörde verfügt meist nur über ein Blitzerfoto und die Halterdaten aus dem Fahrzeugregister. Um den tatsächlichen Fahrer zu identifizieren, wird der Halter als möglicher Zeuge kontaktiert.
Muss der Halter den Fahrer benennen?
Das kommt auf den Einzelfall an. Es besteht keine Pflicht, sich selbst oder nahe Angehörige zu belasten:
§ 52 StPO Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt
1. der Verlobte des Beschuldigten;
2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3. wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.
§ 55 Auskunftsverweigerungsrecht
Wer also zu dem vorgenannten Personenkreis gehört, braucht in dem Anhörungsbogen nur seine Personalien anzugeben und kann sich ansonsten auf sein Auskunft-/Zeugnisverweigerungsrecht berufen.
Wer nicht zu diesem Personenkreis gehört, ist grundsätzlich zur Aussage verpflichtet.
Wie ermittelt die Behörde den Fahrer?
Wenn der Halter den Zeugenfragebogen nicht zurückschickt oder keine Angaben macht, bedeutet das nicht automatisch, dass das Verfahren eingestellt wird. Die Behörde hat weitere Möglichkeiten:
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Sie fordert ein Lichtbild des Halters aus dem Melderegister an und vergleicht es mit dem Blitzerfoto.
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Sie kann Ermittlungsbeamte beauftragen, den Halter aufzusuchen.
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Im Umfeld des Halters wird nachgefragt, ob die abgebildete Person erkannt wird.
Ziel ist stets: die Identifizierung des tatsächlichen Fahrzeugführers.
Was passiert bei verweigerter Mitwirkung?
Es trifft nicht zu, dass die Nichtbeantwortung eines Anhörungsbogen mit Bußgeldern geahndet werden kann. Wer den Anhörungsbogen nicht zurücksendet, erhält üblicherweise eine Erinnerung. Parallel dazu wird die Behörde die oben genannten Maßnahmen ergreifen, um den Fahrer zu ermitteln. Der Zeuge kann auch zu einer persönlichen Vernehmung geladen werden. Zwangsmittel wie Vorführung oder Ordnungshaft dürfen jedoch nur durch einen Richter angeordnet werden (§ 46 Abs. 5 OWiG).
Die Bußgeldstelle darf nur den tatsächlichen Fahrer zur Verantwortung ziehen. Gelingt es ihr nicht, diesen innerhalb der Verjährungsfrist von drei Monaten zu ermitteln, muss das Verfahren grundsätzlich eingestellt werden – es sei denn, es handelt sich um schwerwiegende Verstöße wie Fahren unter Alkohol oder Drogen, bei denen längere Fristen gelten.
Wenn der Fahrer trotz aller Bemühungen nicht ermittelt werden kann, können dem Halter die bisherigen Verfahrenskosten auferlegt werden. Außerdem kann ihm die Führung eines Fahrtenbuchs für seine sämtlichen Fahrzeuge auferlegt werden (üblicherweise für die Dauer von sechs Monaten oder einem Jahr).
Achtung: Keine falschen Angaben machen!
Wichtig: Wer im Zeugenfragebogen eine andere Person als den tatsächlichen Fahrer nennt – etwa um eine Geldbuße oder Punkte zu vermeiden –, kann sich strafbar machen.
Eine Falschbenennung kann den Straftatbestand der falschen Verdächtigung gemäß § 164 StGB erfüllen und zu einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren führen.
Deshalb gilt: Keine voreiligen oder unüberlegten Angaben machen – vor allem nicht unter Druck.