In den meisten deutschen Bundesländern wird die Tätigkeit der Polizei und Ordnungsbehörden in der Geschwindigkeitsüberwachung durch Erlasse der zuständigen Ministerien geregelt. Diese werden meist oft als unkorrekt als „Richtlinien“ bezeichnet, richtiger wäre „Verwaltungsvorschrift“. Im einzelnen gelten folgende Vorschriften:
- Baden-Württemberg: Derzeit keine Vorschriften. Die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums für die Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei (VwV-VkSA) wurde zum 01.01.2014 außer Kraft gesetzt
- Bayern: Richtlinie für die polizeiliche Verkehrsüberwachung (VÜ-Richtlinie-VÜR) – Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 12. Mai 2006 Az.: I C 4-3618.2-31
- Brandenburg: Ministerium des Innern – Erlass IV/41.3-452-40 „Verkehrsüberwachung durch die Polizei“
- Bremen: Dienstanweisung der Polizei über das Verfahren bei Geschwindigkeitskontrollen und das Abstandsmeßverfahren vom 08.09.03.
- Hessen: Erlass „Verkehrsüberwachung durch örtliche Ordnungsbehörden und Polizeibehörden“ vom 05.02.15.
- Mecklenburg-Vorpommern: Erlass zur Geschwindigkeitsüberwachung im öffentlichen Straßenverkehr vom 22.12.1995 in der Fassung vom 01.03.2003.
- Niedersachsen: Richtlinien für die Überwachung des fließenden Straßenverkehrs durch Straßenverkehrsbehörden Gem. RdErl. d. MI u. d. MW v. 25. 11. 1994 – 21.2-01461/6 (Nds.MBl. Nr.44/1994 S.1555, PolNBl. 1995, S.32), geändert durch Gem.RdErl. v. 25.02.1998 (Nds.MBl. Nr.14/1998, S.531) und v. 7.10.2010 (Nds.MBl. Nr.40/2010 S.1016)
- Nordrhein-Westfalen: RdErl. d. Innenministeriums – 41 – 61.02.01 – 3 vom 19.10.2009 – „Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei“
- Rheinland-Pfalz: Richtlinie über polizeiliche Geschwindigkeitsüberwachung: Rundschreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 01. Februar 2003 (344/20 250) MinBl. 2003, S. 190 ; Richtlinie „Kommunale Geschwindigkeitsüberwachung“: Rundschreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 31. August 1999 (341/18 103-8.1) MinBl. 1999, S. 351 geändert durch: Rundschreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 02. Februar 2001 (18 103-8.1/341) MinBl. 2001, S. 181 Rundschreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 24. August 2004 (18 103-8.1/341) MinBl. 2004, S. 310
- Saarland: Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport über die Wahrnehmung der Verkehrsüberwachung durch Ortspolizeibehörden gemäß § 80 Abs. 4 Saarländisches Polizeigesetz vom 02.01.2012
- Sachsen: Verwaltungsvorschrift des sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Überwachung des Straßenverkehrs vom 01.04.1998 i.d.F. vom 20.08.2003
- Sachsen-Anhalt: Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 29.10.2012 – „Grundsätze und Verfahrensvorschriften für die Verkehrsüberwachung im fließenden Straßenverkehr durch Kommunen“
- Schleswig-Hostein: Erlass des Innenministeriums vom 09.11.1989 – „Richtlinie für die polizeiliche Geschwindigkeitsüberwachung“
- Thüringen: Erlass des Thüringer Innenministeriums vom 20.09.1991 – „Richtlinie für die polizeiliche Verkehrsüberwachung“
Die Vorschriften haben zwar keine unmittelbare Außenwirkung – d.h. der Betroffene eines Bußgeldverfahrens hat keinen unmittelbaren Anspruch auf ihre Einhaltung. Sie stellen jedoch den Maßstab für ein ordnungsgemäßes Vorgehen der Behörden dar. Hält eine Behörde die Vorgaben der einschlägigen Vorschrift nicht ein, so ist die Messung nicht ohne weiteres deswegen unverwertbar. Der Betroffene kann dennoch darauf vertrauen, dass die zuständigen Behörden sich nicht ohne sachliche Gründe über die Vorgaben der Vorschriften hinwegsetzen.
Ein Richtlinienverstoß kann inbesondere im Rahmen eines angestrebten Absehens vom Fahrverbot von Bedeutung sein.
Verstößt eine Behörde dagegen bewußt gegen eine geltende Richtlinie, kann dies im Einzelfall jedoch auch zu einer Einstellung des Verfahrens führen. So hat das Amtsgericht Gießen mit Beschluss vom 19.07.13 ein Verfahren eingestellt, weil die Bußgeldbehörde die amtlichen Vorgaben über die Auswahl der Meßstelle bewußt nicht beachtet hatte.
Rechtsprechung:
AG Gießen – Beschluss vom 19.07.13 – Zwar hat nicht jede unzulässige Beweiserhebung ein Beweisverwertungsverbot zur Folge, jedoch ist dies dann der Fall, wenn die Ordnungsbehörde willkürlich zu Lasten des Betroffenen gehandelt oder die Geschwindigkeitsmessung unter bewusster Missachtung der für sie geltenden Bestimmungen angeordnet hat