Die Prüfung der ordnungsgemäßen Eichung von Verkehrsmeßgeräten gehört zur Verteidigung in Bußgeldsachen. Es dürfen nur ordnungsgemäß geeichte Geräte als Grundlage für Bußgeldbescheide herangezogen werden. Die Eichung gewährleistet, dass diese Geräte genaue und verlässliche Messergebnisse liefern. Dies ist nicht nur aus technischer Sicht notwendig, sondern auch aus rechtlicher Perspektive unverzichtbar.
Fehlt die ordnungsgemäße Eichung eines Blitzers oder kann diese nicht ausreichend dokumentiert werden, eröffnen sich für Betroffene in einem Bußgeldverfahren verschiedene Verteidigungsmöglichkeiten.
Bedeutung der Eichung von Verkehrsmeßgeräten
Die Eichung ist ein gesetzlich vorgeschriebener Vorgang, bei dem geprüft wird, ob ein Messgerät den geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht. Bei Verkehrsmessgeräten bedeutet dies, dass die Geräte auf ihre Genauigkeit und Funktionsfähigkeit hin überprüft werden. Diese Anforderungen sind im Mess- und Eichgesetz (MessEG) sowie in der Mess- und Eichverordnung (MessEV) festgelegt.
In der Regel müssen Geschwindigkeitsmessgeräte jährlich geeicht werden. Diese Eichung wird von autorisierten Stellen, wie den Eichämtern, durchgeführt. Die Eichung ist daher ein Beleg dafür, dass das Gerät im Rahmen der gesetzlichen Toleranzen funktioniert und fehlerfrei misst. Die Eichvorschriften zielen darauf ab, die Rechtssicherheit von Geschwindigkeitsmessungen zu gewährleisten.
Warum ist die Eichung wichtig?
Die Eichung ist aus mehreren Gründen von entscheidender Bedeutung:
Messgenauigkeit: Blitzer messen die Geschwindigkeit von Fahrzeugen oft unter unterschiedlichen Bedingungen, wie etwa bei Regen, Schnee oder wechselnden Lichtverhältnissen. Die Eichung stellt sicher, dass das Gerät auch unter diesen Bedingungen genaue Messungen durchführt.
Rechtssicherheit: Artikel 103 Abs. 1 des Grundgesetzes garantiert das Recht auf rechtliches Gehör. Um diesem Grundsatz gerecht zu werden, müssen alle Messungen, die Grundlage für Bußgeldbescheide sind, korrekt und überprüfbar sein.
Verkehrssicherheit: Verkehrsmessgeräte sollen die Verkehrssicherheit erhöhen, indem sie Geschwindigkeitsüberschreitungen sanktionieren. Dies funktioniert jedoch nur, wenn die Geräte verlässlich arbeiten. Ungenauigkeiten durch fehlende oder fehlerhafte Eichungen könnten dazu führen, dass Verstöße falsch oder gar nicht erfasst werden, was die Verkehrssicherheit gefährdet.
Die Rolle der Eichung in Bußgeldverfahren
In einem Bußgeldverfahren, das auf einer Geschwindigkeitsmessung basiert, ist die Eichung des verwendeten Blitzers von zentraler Bedeutung. Liegt keine gültige Eichung vor oder bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Messung, kann dies weitreichende Konsequenzen für das Verfahren haben.
Folgen einer fehlenden oder fehlerhaften Eichung
Ist das Gerät nicht ordnungsgemäß geeicht oder ist die Eichung abgelaufen, ist das Messergebnis in der Regel nicht verwertbar. Nach § 37 MessEG dürfen nicht geeichte Geräte nicht für Messungen verwendet werden, die rechtlich relevant sind. Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Beschluss (Az. 3 RBs 256/10) klargestellt, dass Messungen, die mit einem nicht geeichten Gerät durchgeführt werden, nicht zur Grundlage eines Bußgeldbescheides gemacht werden können. Die fehlende Eichung kann somit zur Aufhebung des Bußgeldbescheides führen.
Die Rechtsprechung hat wiederholt betont, dass die Einhaltung der Eichvorschriften eine Voraussetzung dafür ist, dass die Ergebnisse von Geschwindigkeitsmessungen als Beweismittel in einem Bußgeldverfahren verwendet werden können. In einem Urteil des OLG Bamberg (Beschluss vom 24.10.2016 – 3 Ss OWi 1160/16) wurde beispielsweise entschieden, dass die Eichung eines Messgeräts zwingend vorliegen muss, um die Messung als Grundlage für einen Bußgeldbescheid zu verwenden. Auch das OLG Oldenburg hat im Beschluss vom 08.02.2016 (Az. 2 Ss OWi 45/16) festgestellt, dass die fehlende Eichung zu einem Verwertungsverbot führt.
Dokumentationspflicht der Behörden
Die Behörden sind verpflichtet, die ordnungsgemäße Eichung eines Meßgeräts nachzuweisen. Dies erfolgt in der Regel durch das Vorlegen des Eichscheins, der belegt, dass das Gerät zum Zeitpunkt der Messung ordnungsgemäß geeicht war. In einem Urteil des Amtsgerichts Dortmund (Az. 729 OWi-127 Js 607/13-41/14) wurde ein Bußgeldbescheid aufgehoben, weil die Behörde den Eichschein des verwendeten Blitzers nicht vorlegen konnte.
Verteidigungsmöglichkeiten für Betroffene
Betroffene eines Bußgeldverfahrens haben verschiedene Möglichkeiten, sich gegen einen Bußgeldbescheid zu verteidigen. Die Überprüfung der Eichung eines Blitzers kann hierbei ein zentraler Ansatzpunkt sein.
Überprüfung der Eichung
Eine der wichtigsten Verteidigungsmöglichkeiten besteht darin, die Eichung des Geräts zu überprüfen. Dazu haben Betroffene das Recht, Einsicht in die Verfahrensakte zu nehmen und den Eichschein des Geräts einzusehen. Wenn die Eichung abgelaufen ist oder gar nicht durchgeführt wurde, kann dies zur Aufhebung des Bußgeldbescheids führen. Die Rechtsprechung hat in solchen Fällen häufig entschieden, dass Messungen ohne gültige Eichung nicht verwertbar sind (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.01.2015 – 311 SsRs 83/14).
Überprüfung der Kalibrierung
Neben der Eichung spielt auch die Kalibrierung des Messgeräts eine wichtige Rolle. Selbst ein korrekt geeichter Blitzer muss regelmäßig kalibriert werden, um sicherzustellen, dass er präzise arbeitet. Wenn Zweifel an der Kalibrierung bestehen, können Betroffene die Kalibrierungsprotokolle anfordern und überprüfen lassen.
Überprüfung der Unversehrtheit der Eichmarken
Die von der Eichbehörde angebrachten Eichmarken dienen dazu nachzuweisen, dass das Gerät nach der Eichung nicht geöffnet wurde. Im Regelfall ist daher vor jeder Messung zu überprüfen, ob die Eichmarken unversehrt sind. Die Frage nach der Unversehrtheit der Eichmarken gehört daher zur Befragung der Meßpersonen im Rahmen der mündlichen Verhandlung über den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid. Kann nicht festgestellt werden, ob die Eichmarken überprüft wurden, kann dies zur Unverwertbarkeit der Messung führen.
Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des Amtsgerichts Aurich vom 14.10.2020 (Az. 6 OWi 210 Js 14352/20). In diesem Fall stellte sich heraus, dass der Messbeamte nur die an der Rückseite des Geräts befindlichen Eichmarken überprüft hatte. Da auch an der Vorderseite der Messeinheit Eichmarken vorhanden waren, die nicht kontrolliert wurden, sah das Gericht die Messung als nicht verwertbar an und sprach den Betroffenen frei.
Ein weiteres relevantes Urteil stammt vom Amtsgericht Stade (Urteil vom 23.09.2021, Az. 34 OWi 2530 JS 28725/20). Hier wurde die Messung ebenfalls als unverwertbar eingestuft, weil der Messbeamte nur die rückseitig sichtbaren Eichmarken kontrolliert hatte, nicht jedoch die, die nur nach Ausbau des Geräts zugänglich waren. Das Gericht entschied, dass ein ordnungsgemäßer Nachweis der Funktionsfähigkeit des Geräts nicht erbracht wurde.
Diese Urteile verdeutlichen, dass die vollständige Kontrolle der Eichmarken für die Verwertbarkeit einer Messung essenziell ist. Wenn diese Prüfung unterlassen wird, kann dies zur Unverwertbarkeit der Messung führen.