OLG Bamberg - Beschluss vom 19.06.2018

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Zum Inhalt der Entscheidung: Ist im Bußgeldbescheid die Schuldform nicht angegeben, ist von Fahrlässigkeit auszugehen. Will das Gericht den Betroffenen wegen Vorsatz verurteilen, muss es in der Verhandlung einen rechtlichen Hinweis erteilen.

Oberlandesgericht Bamberg

Beschluss vom 19.06.2018

3 Ss OWi 728/18

 

Tenor

I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2018 wird zugelassen.
II. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben.
III. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Das AG hat den Betr. wegen einer am 15.09.2017 als Kfz-Führer vorsätzlich begangenen Beförderung seines 8-jährigen Sohnes ohne jede Sicherung (§§ 21 Ia 1, 49 I Nr. 20 StVO i.V.m. lfd.Nr. 99.1 BKat) zu einer Geldbuße von 60 Euro verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragt, rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führte zur Zulassung der Rechtsbeschwerde und Aufhebung des Urteils.

 

Aus den Gründen:

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 I Nr. 2, II Nr. 1 OWiG).

1. Die Verfahrensrüge, das Gericht habe einen rechtlichen Hinweis dahingehend unterlassen, dass es möglicherweise von vorsätzlichem Verhalten des Betr. ausgehe, ist […] zulässig und auch begründet. Weder der Betr. noch sein Verteidiger waren auf diese Möglichkeit hingewiesen worden und hatten demgemäß insoweit keine Gelegenheit, ihr prozessuales Verhalten auf die neue Situation einzustellen. Dieses Vorgehen verletzt zugleich den Anspruch des Betr. auf rechtliches Gehör.

a) Der Umstand, dass im Bußgeldbescheid die Schuldform nicht angegeben war, hatte zur Folge, dass vom Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen war (OLG Bamberg, Beschluss vom 02.05.2017 – 2 Ss OWi 293/17 = DAR 2017, 383 m.w.N.), zumal sich die Zentrale Bußgeldstelle mit ihrer Rechtsfolgenentscheidung ersichtlich an dem für Fahrlässigkeitsdelikte (§ 1 II 2 BKatV) geltenden Regelsatz nach Nr. 99.1 BKat orientiert hatte.

b) Ein Hinweis dahingehend, dass die Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Tat erfolgen könne, ist ausweislich der Verfahrensakte und des Hauptverhandlungsprotokolls weder dem Betr. selbst noch dessen Verteidiger, insbesondere auch nicht in der Hauptverhandlung, erteilt worden.

2. Das Urteil beruht auch auf dem Rechtsfehler. Es ist nicht auszuschließen, dass der Betr. - wie er vorträgt - seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen hätte, wenn der gebotene Hinweis nach § 71 I OWiG i.V.m. § 265 I StPO erteilt worden wäre.

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 79 III 1 OWiG, § 353 StPO). Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das AG zurückverwiesen (§ 79 VI OWiG).